Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone
verschwunden.
Und Nill stand allein mitten im Wald.
Die Stämme sammeln sich
Nachdenklich und unruhiger als sie gekommen war ging Nill zum Dorf der Elfen zurück. Woher wusste die Seherin von ihrer Rückkehr? Woher kannte sie den Namen, den König Lorgios ihr gerade erst gegeben hatte – Nijura? Nill wusste nicht, was sie von Celdwyn halten sollte. Sie seufzte. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Mensch sie verwirrte.
Vor ihr erschien das sanfte Tal. Doch – das Dorf der Elfen war verschwunden. Abrupt blieb Nill stehen.
»Oh nein«, murmelte sie. Der Illusionszauber hatte das Dorf unsichtbar gemacht. Angst überfiel Nill.
Mit weichen Knien lief sie den Hang hinab. Nichts.
Keine verwunschenen Bäume. Keine Hütten. Keine Elfen … Ihr Blick irrte verzweifelt über die Baumkronen, die gegenüber vom Tal im Wind rauschten.
Nill stieß einen überraschten Laut aus, als sie jemandem in die Arme lief. Plötzlich stand Kaveh vor ihr.
»Was machst du hier?«, fragte er und musste über ihren verwirrten Gesichtsausdruck lächeln. Verstört sah sie sich um – und plötzlich war alles wieder da, die spiralförmigen Buchen, die Hängebrücken, die Hütten, die heruntergebrannten Feuer der Dämonennacht.
»Ich – äh – ach …«, stammelte sie.
Kaveh lachte. »Ich glaube, ich sollte dir mal zeigen, wie man das Dorf herbeiruft. Sonst läufst du mich noch ganz über den Haufen!«
Sie schritten gemeinsam das letzte Stück des Hangs hinab und gingen langsam an den Feuerstellen vorbei, in denen noch die letzte Glut funkelte und ein paar kleine Flammen auf und ab hüpften. Überall im Gras saßen, lagen und standen Elfen und ein einsames Flöten zog sich durch die Luft.
»Und?«, sagte Kaveh. »Wie fühlst du dich mit deinem neuen Namen?«
Nill zuckte mit den Schultern. »Bis jetzt wurde er ja noch nicht benutzt«, log sie.
Kaveh blieb vor ihr stehen. »Nijura.« Er lächelte
zögerlich. »Jetzt bin ich der Erste, der dich offiziell so genannt hat. Nijú.«
Nill zog die Augenbrauen zusammen. »Was bedeutet das?«
»Na ja, wenn du schon einen neuen Namen hast, dann brauchst du doch auch einen Kosenamen«, murmelte er. »Und von Nijura kommt dann Nijú …«
»Nijú.« Sie lächelte. »Hoffentlich ist das nicht wieder irgendein Schimpfwort, es klingt fast wie Nill.«
»Ist es nicht!«, erwiderte Kaveh und bekam leicht gerötete Ohrenspitzen. »Ich meine – nein, also, Nijú, diese Endung ist so eine Form, wie man Wörter und Namen süßer macht, so wie …« Er suchte nach einem Vergleich. »…wie Blüm chen .« Er starrte sie eine Weile an, bis wohl auch ihm die Erkenntnis aufging, dass das Beispiel ziemlich albern geklungen hatte. »Verflucht«, murmelte er. »Du musst wirklich ganz dringend Elfisch lernen.«
Nill grinste. »Du musst es mir beibringen.«
Sie setzten sich wieder in Bewegung. Das Zirpen der Grillen war leiser geworden, nur noch ein feines Rasseln drang aus dem weichen, bläulichen Gras.
»Ich bringe dir dann unsere Sprache bei, wenn ich dir das Kämpfen beibringe. Was für eine Waffe willst du eigentlich? Ein Schwert zu führen ist schwer und man braucht viel Körperkraft. Aber Bogenschießen ist schwieriger, als es aussieht.«
»Ich glaube, ich weiß gar nicht, auf was ich mich da eingelassen habe.«
Kaveh schüttelte den Kopf. »Ach, was sagst du denn? Du lernst das alles schneller, als du denkst!
Versprochen.«
Nill schenkte ihm ein zweifelndes Lächeln und Kaveh verfiel eine Weile in Schweigen. Nachdenklich liefen sie nebeneinander her.
»Wir haben viel vor uns«, sagte er schließlich. »Es gibt so viele Völker und Stämme, zu denen wir Boten schicken müssen … Auch ich werde bald aufbrechen.«
»Zu wem?«, fragte Nill, die sich gar nicht erst wunderte, dass Kaveh gleich wieder losziehen wollte. Schließlich war er entschlossener, ihr Vorhaben umzusetzen, als irgendjemand sonst.
»Oh, ich weiß noch nicht. Man weiß nie, wen man in den Dunklen Wäldern trifft.«
»Ich komme mit.«
Er wandte ihr verwundert das Gesicht zu. Aber dann lächelte er. »Weißt du, das habe ich gehofft.«
In den nächsten Tagen gab es viel Aufregung im Dorf der Elfen. Wenn man an den Buchen und den runden Laubhütten vorbeikam, wenn man über die Hängebrücken schlenderte oder an den Abendfeuern entlanglief, hörte man von überall Gemurmel und Geflüster über die Aufrüstung zum Krieg. »Der Prinz«, raunte es überall. »Der Prinz hat König Lorgios überredet! Prinz Kaveh war in Korr
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