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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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blinzelte und wusste einen kurzen Augenblick nicht, wieso sie nicht ihr gewohntes Bett unter sich fühlte. Der Umhang, in den sie sich gekauert hatte, war von Feuchtigkeit durchzogen. Vom Ufer und aus der Erde stieg wässrige Morgenkälte.
    Nill richtete sich auf. Die Kleider und Haare klebten ihr feucht am Körper. Das Feuer der letzten Nacht war niedergebrannt, nur noch ein paar Glut-stückchen glommen im Zwielicht. Halbwegs ordnete sie ihre Haare, dann schüttelte sie die Tannennadeln, Erdklumpen und Moosstückchen von ihrer Decke und legte sie gefaltet in den Quersack. Mit den Füßen trat sie die letzten Funken des Feuers aus, dann kletterte sie die Uferböschung runter und kniete sich ans kalte Wasser. In kleinen, silbrigen Wellen schwappte es über die Kieselsteine. Nill tauchte ihre Hände hinein, wusch sich das Gesicht und trank ein paar Schlucke. Dann kletterte sie in die Barke, löste das Seil von der Wurzel und steuerte mit dem Ruder in den offenen Fluss.
    Allmählich wurde es heller. Grau wob sich in die Dunkelheit und mit dem anbrechenden Tag stiegen die Nebel. Es schien, als hauchten die Rachen des Waldes einen seidigen Dunstschleier über den Fluss.
    Die Welt schlief noch, erst allmählich ein Glied nach dem anderen streckend – hier ein Astknacken, da ein leises Platschen.
    Während die Barke durch die Nebel glitt, lauschte
Nill dem Erwachen der Wälder. Das Hämmern eines Spechts hallte durch die Baumwipfel. Das Ächzen von jahrhundertealtem Holz hing wie ein Echo in der Ferne.
    Sie zog die Knie an den Körper und war erfüllt von der Schönheit der Farben – denn der Wald war nicht nur Grün. Er änderte ständig sein Gesicht, vor allem jetzt, da das Licht aus allen Winkeln zu krie-chen schien. Die Baumstämme, vor wenigen Augenblicken noch steingrau, wurden vom Nebel in ein milchiges Blau getaucht. Blau schimmerten auch das Laub, das Wasser, die Luft; bis sich die ersten Sonnenstrahlen durch die Dämmerung zogen und junges kräftiges Grün in die Welt malten. Die Nebelschwaden verdampften im Licht, dessen Fäden immer breiter wurden und sich bald wie Fächer durch das Unterholz spreizten.
    Nill aß und trank. Ihr wurde bewusst, dass das letzte menschliche Gesicht, das sie gesehen hatte, das der alten Celdwyn gewesen war. Womöglich würde sie für Tage, ja für Wochen nur noch die tiefen Wälder um sich haben. Sonderbarerweise fühlte sie sich dabei nicht alleine. Im Gegenteil, sie war sogar froh darüber.
    Das Brechen eines Astes hallte über den Fluss.
    Nill drehte sich um. Plötzlich funkelte ihr etwas Helles aus dem Unterholz entgegen. Ehe sie genauer hinsehen konnte, war das Licht verschwunden. Ihr Herz machte einen jähen Sprung. Nicht nur Wasser konnte so blitzen. Auch Metall.
Sie musste an die letzte Nacht denken, an das Rascheln im Uferschilf – war es vielleicht doch kein Tier gewesen? Ein erschreckender Gedanke pochte ihr im Hinterkopf: Sie wurde beobachtet. Sie wurde verfolgt.
    Nill duckte sich in die Barke und schielte zum Ufer hinüber. Wer lauerte da in der Finsternis der Wälder? Wusste jemand, dass sie das Messer bei sich hatte?
    Wie hatte sie so dumm sein können! Das Feuer letzte Nacht war schließlich nur schwerlich zu übersehen gewesen. Durch den ganzen Wald musste es geleuchtet haben und dann hatte sie auch noch den steinernen Dorn hervorgeholt!
    »Verfluchte Närrin!«, schalt sie sich selbst.
    Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie genau das wiederholte, was Agwin jetzt zu ihr gesagt hätte.
    Aber das spielte im Augenblick keine Rolle. Schließ-
    lich war es diesmal auch gerechtfertigt.
    Nach dem Blitzen im Unterholz machten sich Nills Beobachter nicht mehr bemerkbar. Als es Tag wurde, der Fluss sie durch immer neue Waldab-schnitte führte und sich mal schnell und wild, mal träge seinen Weg bahnte, entdeckte Nill nichts Auffälliges mehr. Bis zu den Mittagsstunden hatte sie trotzdem das Gefühl, von fremden Augen beobachtet zu werden; Blicke schienen ihr auf der Haut zu haften wie der kalte Film von Angstschweiß, den sie einfach nicht abstreifen konnte.
    Doch als die Stunden vergingen, begannen ihre Befürchtungen an Überzeugung zu verlieren. Die
Barke schwamm schnell mit der Strömung des Flusses; ein heimlicher Verfolger würde wahrscheinlich gar nicht mithalten können, noch dazu ohne Geräusche zu verursachen oder sich anderswie zu verraten.
    Womöglich hatte sie sich sogar das Aufblitzen eingebildet … Vielleicht war es nur ein Tautropfen gewesen, in dem

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