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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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schlafen.
Plötzlich verkrampften sich seine Finger. »Da ist sie«, murmelte er und reckte sich. Auch Aryjen nahm wieder die Haltung einer Königin an, als sich eine gebeugte Gestalt aus dem Grün der Wälder löste.
    Die Alte kam dafür, dass sie einen Wanderstab benötigte, erstaunlich geschickt voran. Nicht zu vergessen, dass sie ein Mensch war – und somit für die Elfen die Eleganz eines humpelnden Raben hatte.
    Tatsächlich hatte sie auch das Erscheinen eines Raben.
    Aryjen neigte kaum merklich den Kopf, als die Seherin vor ihnen ankam, während König Lorgios die Hände zusammenschloss und im Zeichen eines ehrerbietigen Grußes an die Stirn hob. Er hielt sehr viel von der Seherin des Hykadendorfes. Aryjen hingegen beobachtete die Alte mit dem runzligen Baumgesicht und der blau bemalten Glatze, auf der nur noch ein kleiner weißer Haarknoten saß, majestä-
    tisch.
    »Sei gegrüßt, Celdwyn, Seherin des Hykadendorfes Lhorga«, sagte König Lorgios.
    Die Alte lächelte versonnen und stützte sich auf ihren Wanderstab. »Sei gegrüßt, Lorgios, König der Freien Elfen. Königin Aryjen.« Celdwyn schlug die Augen nieder und blickte einen Moment später wieder zu Aryjen auf.
    Aryjens dunkles Haar war zu einem kunstvollen Kranz geflochten, der sich um ihre Stirn wand wie ein Diadem. Das Gesicht der Königin war nicht mehr das des jungen Mädchens, das Celdwyn noch so gut
in Erinnerung hatte. Zarte Falten umspielten nun die tiefen, hellen Augen, doch die Königin der Freien Elfen hatte ihre Schönheit behalten. Mit den Jahren schien sich die Feinheit ihrer Züge sogar noch aus-zuprägen.
    Auch König Lorgios war älter geworden. Man sah es den Schatten unter seinen Augen an. Doch sonst hatte er noch immer das knabenhafte Aussehen, das ihn von je her jünger erscheinen ließ als Aryjen.
    Celdwyn lächelte. Kaveh war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, während Kejael, der Ältere, die zarte Eleganz seiner Mutter geerbt hatte.
    »Wollen wir hinabgehen?«, fragte König Lorgios und trat zur Seite. Ein sanfter Hang lag vor ihnen und gab den Blick auf eine Lichtung frei, die von hohen, schmalen Buchen umschlossen war. Celdwyn wagte einen neugierigen Blick hinab und beobachtete, wie durch ein fließendes Handzeichen des Königs zwischen Schatten und Licht ein Dorf sichtbar wurde.
    Die Laubhütten und Baumhäuser traten aus dem Grün hervor wie Bilder auf einem Teppichmuster, in dem man zuvor nichts erkannt hatte.
    Celdwyn folgte dem Königspaar hinab ins Elfendorf. Kinder kamen ihnen entgegen und beobachteten, schüchtern auf ihren Haarsträhnen kauend, wie die drei durch das Dorf schritten. Runde Hütten wie Pilz-köpfe saßen hier und dort nebeneinander, doch das wahre Elfendorf erstreckte sich über die Baumkronen.
    Die Buchen wuchsen nach dem Willen – oder besser gesagt dem Zauber – der Elfen. So wunderte es
Celdwyn nicht, dass Lorgios und Aryjen sie einen Baum empor führten, dessen Stamm so breit war, dass drei Menschen darauf nebeneinander hätten stehen können, und der sich wie eine Spirale in die Hö-
    he schraubte. Wilder Efeu bewucherte das Holz, und ein Teppich aus Moos zog sich über die unebene Baumrinde, die wie eine Treppe nach oben führte.
    Der Baum war zu einer breiten Plattform gewachsen, die ringsum vom dichten Blätterwerk überdacht wurde. Stufen aus Ranken und lebendigen Zweigen führten weiter in die Baumkrone, wo Räume zu finden waren, geschützt durch Dächer und Wände aus Moos, Ästen und Laub. Es hieß, dass kein Regentropfen in die Elfenhäuser dringen konnte. Und Celdwyn glaubte es nun.
    Der Duft elfischen Räucherwerks empfing Celdwyn im großen Baumzimmer des Königs, sodass sie einen Moment stehen blieb, die Augen schloss und tief einatmete. Der Geruch hing so fein in der Luft wie Regenduft oder der Duft eines warmen Sommertages; aber er zerfiel, sobald man ihn zu riechen versuchte, so wie eine ferne Erinnerung, die man besser nur fühlt und nicht zu begreifen versucht. Oft hatte Celdwyn überlegt, dass der Duft wahrscheinlich nicht vom Räucherwerk kam, sondern in Wirklichkeit der Zauber der Elfenhaine war. Denn war nicht alles hier wie eine Illusion – oder, viel eher, etwas, das zwar da war, aber nicht wahrgenommen werden konnte?
    »Setz dich doch«, forderte Lorgios die Seherin auf.
Mit einem dankenden Nicken ließ Celdwyn sich auf den Fellen nieder, die auf dem glatten Holz ausgebreitet waren. Zwar gab es Stühle und Liegen, die mit Stoff und Tierhäuten bespannt waren,

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