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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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du darauf?“, fragte er schwach.
    „Vielleicht kannst du das nicht erkennen. Vermutlich willst du das gar nicht erkennen. Du verleugnest es. Aber meine Sicht auf die Dinge ist anders. Ich sehe, dass sie einen Engel erschaffen hat, der Dinge erkennt, für die andere blind bleiben, so sehr sie auch hinsehen.“
    Elias war versucht, seine Hand zu heben und den Mittelfinger auszustrecken, um auf den Spott zu reagieren, wie er es immer tat. Nur, dass eines hier und heute anders war. Da war kein Spott. Sie meinte es ernst. Es machte ihn beinahe wütend, wie schnell diese Frau das Ruder herumgerissen hatte und nun über ihn sprach, obwohl er sie eigentlich nur ärgern wollte. „Bullshit“, brummte er, den Blick im Buch versteckt. „Vielleicht solltet ihr besser doch nicht reden. Da sind Dinge, die du nicht wissen willst, Joana Sievers, Clerica-Kind.“
    Sie ignorierte seine plötzliche Abwehrhaltung und fuhr ungerührt mit sanfter Stimme fort. „Schade ist nur, dass ich nie begreife, auf welcher Seite dieser Engel steht.“
    „Immer auf der richtigen“, antwortete er und schämte sich fast, denn es war die Wahrheit.
    „Ach so.“ Joana betrachtete ihre wackelnden Zehen unter den geringelten Strümpfen. „Nenn mich naiv, aber manchmal wünschte ich mir, jemand wie du wäre auf meiner Seite.“
    Ihre Worte bewegten etwas in ihm, doch bevor er darauf eingehen konnte, fokussierte sich seine ganze Aufmerksamkeit plötzlich auf das Buch in seinen Händen. Irgendetwas war ihm beim Durchblättern ins Auge gesprungen, aber er hatte an dem Eindruck nicht festhalten können.
    Joana war sein angestrengter Gesichtsausdruck offenbar nicht entgangen. „Was ist?“
    „Gleich“, meinte er und blätterte die Seiten erneut hastig mit dem Daumen durch. Und dann verharrte er regungslos. Adrenalin schoss ihm durchs Mark in den Kopf. „Aber hallo. Schau dir das an!“

    Tomte wartete hinter einer Gruppe kleinerer Vulkankegel in der Nähe des Baus auf Hellas Zeichen. Angestrengt lauschend konzentrierte er sich auf jeden Laut, der die Nacht durchdrang. Da war es endlich, Hellasheiseres Kläffen, gefolgt von einem Heulen. Ihr Zeichen und ihr Schwur. Sobald Demjan erst geschlagen war und er die Rudelführung übernehmen würde, sollte sie Tomtes Gefährtin sein. Bereits heute rief sie ihn als solche, was sein Herz erwärmte. Bald …
    Mit dem Signal gab sie ihm zu erkennen, dass sie bereit war, und so viele Artgenossen wie möglich in Sicherheit gebracht hatte. In erster Linie Kinder, was ein Leichtes für sie war, da ihre Schwester die Schule leitete. Er küsste sie in Gedanken, dann überprüfte er seine Waffen. Nicholas hatte ihm Joanas Pistole überlassen, außerdem ein Messer. Tomte war ungeübt in der Handhabung, denn normalerweise kämpfte ein Skröggandi als Fuchs. In diesem Fall wäre das ein Fehler, denn in Fuchsgestalt besaß Demjan absolute Macht über ihn. Die Schwierigkeit würde darin bestehen, trotz der Hitze des Gefechts einen kühlen Kopf zu bewahren, die Instinkte zurückzudrängen und nicht versehentlich den Fuchsleib anzunehmen.
    Ein letztes Mal atmete Tomte tief durch und warf einen Blick auf die Uhr. Das Timing stimmte. Nun lag alles an ihm. Er startete das Quad und fuhr zum Bau.

    „Was meinst du?“ Joana starrte so konzentriert auf die Seiten, dass die Buchstaben vor ihren Augen zu flackern begannen. Sie verstand nicht, was Elias Besonderes aufgefallen war. Es war eine normale, in Leinen gebundene Dämonen-Enzyklopädie, vermutlich aus den Sechzigern.
    Elias blätterte zwischen zwei Seiten hin und her und warf ihr zwischendurch ungeduldige Blicke zu, als könnte er nicht glauben, dass sie nicht erkannte, worauf er hinaus wollte.
    „Die Seitenzahl“, sagte er scharf.
    Dann sah Joana es auch. „Auf die 276 folgt die 279. Da fehlt ein Blatt. Aber was ist daran außergewöhnlich?“
    Elias sprang auf, war mit einem Satz am Bücherregel und zog eine weitere Enzyklopädie hervor, diesmal ein breites Buch mit verkratztem Papierumschlag.
    „Mir ist es nur unterbewusst ins Auge gefallen, ich habe zuerst nicht drauf geachtet“, murmelte er und ging das Buch rasch durch. „Aber als ich in dem zweiten Buch die fehlende Seite entdeckte, fiel es mir wieder ein.“ Er knallte das Buch auf den Tisch. Joana trat heran und legte das andere dazu. „In diesem Buch fehlt auch eine Seite. Ganz sauber herausgetrennt, sodass es nicht auffällt.“ Elias riss zwei Stücke Papier aus einer herumliegenden Zeitschrift heraus und

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