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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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gute Idee. Überhaupt nicht. Halt dich da raus, ich habe keine Lust, dass du diesen Psychos in die Hände fällst.“
    Sie stritt also mit ihrer Mutter. Interessant. Nicholas beschloss, das Gespräch zu verkürzen, indem er sich einen Stuhl heranzog, sich falsch herum draufsetzte, die Arme über der Lehne verschränkt, und Joana mit seinem Blick durchbohrte. Das funktionierte immer, sie konnte nicht telefonieren, wenn er sie anstierte. Wie erwartet brach sie das Gespräch rasch ab und war nicht einmal böse über die Störung.
    „Sie hat den Verstand verloren“, erklärte sie, und sprach so akzentuiert, als redete sie zu einem kleinen Kind. „Meine Mutter hat eine abtrünnige Clerica ausfindig gemacht, die mich ausbilden will. Mama badet immer zu heiß, musst du wissen, dabei scheint ihr Gehirn eingelaufen zu sein.“
    Sie vergrub das Gesicht in den Händen, raufte dann ihre Haare und begann zu erzählen. Mary Sievers war nach Joanas Flucht unter falschem Namen nach Berlin gezogen, um weder Dämonen noch Clerica die Möglichkeit zu bieten, sie zu bedrohen, und damit Joana unter Druck zu setzen. Dort hatte sie eine alte Bekannte ihres verstorbenen Mannes getroffen und diese wiederum hatte Kontakt zu einer weiteren Bekannten hergestellt. Rut Jensdóttir war Isländerin, hatte in Deutschland studiert und war dort zur Clerica ausgebildet worden. Nach einigen Jahren war es zwischen ihr und einer Dämonin zu einer Freundschaft gekommen, und nachdem sie verhindert hatte, dass man diese Dämonin bannte, verstieß man sie. Letztlich war sie mit ihrer Freundin geflohen.
    „Meine Mutter hat sie in Island ausfindig gemacht.“ Joana warf Nicholas einen bösen Blick zu, als wäre es seine Schuld. Sie teilte ihr Haar im Nacken und kämmte es unstet mit den Fingern. „Sie hat ihr unsere Ge-schichtein Ansätzen erzählt. Außerdem besteht da wohl noch eine Art alte Schuld. Mein Vater hat dieser Rut Jensdóttir wohl mal das Leben gerettet. Zumindest hat sie behauptet, dass sie mir möglicherweise beibringen kann, was ich wissen muss, wenn ich zu ihr nach Island reise.“ Sie stieß ein abfälliges Zischen aus und wischte ihr Haar nervös wieder nach hinten.
    „Wow.“ Nicholas musste sich das durch den Kopf gehen lassen. Es würde sein Leben wahrhaft einfacher machen, wenn Joana die Möglichkeit hätte, sich effektiv gegen Dämonen zu verteidigen. Weiterhin wäre sie aus der Schusslinie, während er sich um das Problem in England kümmern könnte. In erster Linie aber würde all dies ihr eigenes Leben sicherer machen. „Und warum behagt dir die Sache nicht?“
    Ihre Augen wurden schmal. „Warum sie mir nicht behagt? Nicholas, ich will mit diesem Verein wirklich nichts mehr zu tun haben.“
    „Diese Isländerin offenbar auch nicht. Wo liegt dein Problem, Jo?“
    Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, unterließ es aber und blickte zu Boden. Als sie wieder sprach, war ihre Stimme leise geworden. „Mein Leben lang hat meine Mutter mich belogen. Um mich zu schützen, das glaube ich ihr gern. Aber sie hat nichts daraus gelernt. Selbst jetzt mischt sie sich in meine Belange ein. Ungefragt. Ist es so schwer zu verstehen, dass ich ein normales Leben führen will?“
    „Das ist so leicht zu verstehen, wie es unmöglich ist.“ Zumindest solange sie dieses Leben an seiner Seite verbringen wollte, aber das sprach er nicht aus. „Das geht nicht mehr, Süße. Und das weißt du selbst. Ich will nicht, dass du schutzlos bleibst. Ich will, dass du jedem Dämon, der dir zu nahe kommt, den Arsch aufreißt, ehe er auch nur ‚Buh!‘ sagen kann. Du musst dorthin und lernen.“
    Sie schob die Unterlippe vor. Es sollte wohl trotzig wirken, aber auf ihn hatte es eher eine verlockende Wirkung.
    „Ich wollte diesen Hokuspokus nie.“
    „Auch nicht, wenn er dein Leben retten kann?“
    „Es soll gar nicht so weit kommen, dass es nötig wird.“ Sie zögerte, sah ihn lange an. „Ist das ein naiver Wunsch?“
    „Mehr als naiv. Fast schon dumm würde ich sagen.“ Und das war noch untertrieben.
    Sie nickte stumm. An der Art, wie sie die Schultern straffte, erkannte er, dass sie ihm recht gab, wenn auch ungern. Sie seufzte. „Soll ich unseren Flug buchen?“
    „Nur deinen Flug.“
    „Du kommst nicht mit?“
    „Nein.“
    Sie schnappte nach Luft, schlug heftig die Zähne zusammen. „Das ist nicht dein Ernst.“ Dann verwandelte sich der ungläubige Ausdruck in ihrem Gesicht in ein Lächeln. Ein boshaftes Lächeln. Dabei sehr, sehr

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