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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Metall verursachten Narben schienen ihm sogar noch wehzutun, auch wenn er das natürlich niemals zugab. Doch Joana entging nicht, dass er ständig über die Stellen rieb, wenn er nachdachte oder unruhig war.
    Kaum bei Rut angekommen, wurde Joana mit Kaffee aus einer rissigen Tasse, der außerdem der Henkel fehlte, versorgt. Ein fleckiger Läufer verbarg die Stelle, an der gestern Blut in den Dielen versickert war. Die Möbel waren zur Seite gerückt, um Platz fürs Training zu schaffen. Sunna saß am anderen Ende des Raumes am Tisch, die nackten Zehen im Fell des darunter dösenden, übergewichtigen Hundes vergraben. Sie trank Coca Cola mit einem Strohhalm aus einer Zweiliterflasche und strickte.
    Ließ man die Tatsache außen vor, dass Sunna stumm war, hätte man annehmen können, sie wäre ein stinknormaler Teenager. Sie trug rebellische Kleidung, hatte die Augen dunkel geschminkt und ihr Haar schwarz gefärbt. Den Kaugummi kaute sie mit geöffnetem Mund und um ihren Hals baumelten die Knopfkopfhörer eines MP3-Players. Nun gut, hin und wieder trank sie Blut, aber weitere Unterschiede zu anderen Jugendlichen schien es nicht zu geben. Da wirkte es schon verwunderlich, dass sie strickte. Und wie sie strickte! Joana hätte es nicht erstaunt, wenn die Nadeln Funken geschlagen hätten. Sie wandte den Blick von der seltsamen Dämonin ab und konzentrierte sich auf Ruts Anweisungen.
    Schon nach den ersten Minuten stellte das Training sie auf eine harte Geduldsprobe, denn Rut war der Ansicht, Joana müsste zunächst lernen, ihre Gedanken zu reinigen, um sich aus absoluter Leere hinaus zielgenau auf den Befehl des Bannzaubers zu konzentrieren. Die Gedanken leer zu fegen war allerdings genauso machbar wie einen Liter Wasser in der hohlen Hand unterzubekommen. Vermutlich lag es daran, dass sie so eine grottenschlechte Clerica war. Ständig floss etwas durch die Finger ihres Geistes und so war es kein Wunder, dass sie gegen Mittag noch keinen Schritt weitergekommen war. Rut trug es mit Fassung und sprach nicht darüber. Sunna war so anständig, vorzugeben, sie hätte sich derart auf ihre Strickarbeit konzentriert, dass ihr Joanas Misserfolge entgangen waren.
    Nur Joana war und blieb bis in die letzte Faser frustriert.

    Als das Mobiltelefon summte, und den Anrufer als unbekannten Teilnehmer anzeigte, war Elias sofort klar, wer es war. Er sog tief Luft ein und ließ sie langsam wieder ausströmen. Eine atemlose, abgehetzt klingende Stimme konnte er nun nicht gebrauchen. Sein Anrufer – oder sollte er vielleicht sagen: seine Anruferin? – musste auch nicht wissen, dass er bis eben geschlafen hatte. Es war früher Abend und durch die Scheibe erkannte er das flackernde Licht der Neonbuchstaben, die unter seinem Fensterbrett das Wort ‚Hotel‘ bildeten. Beim Griff nach dem Telefon warf er eine halb leere Bierflasche auf dem Nachttisch um. Der Inhalt ergoss sich über das unbehandelte Pressholz und tropfte auf den versifften Teppich. Es störte ihn nicht.
    „Ja?“
    „Genau das möchte ich hören“, antwortete die weibliche Stimme.
    Er hörte sie schmunzeln und konnte einen leisen Fluch nicht unterdrücken, obwohl es keine Überraschung war, dass der Luzifer ihn anrief.
    „Hast du es dir überlegt, Engelchen?“
    „Hab ich eine Wahl?“
    „Nein.“
    Er setzte sich im Bett auf, stellte die Füße auf den bierdurchtränkten Boden und straffte den Rücken. „Ich habe …“, eine Bedingung, wollte er sagen, aber seine Zunge war feiger als sein Gehirn, „einen Wunsch.“
    Schweigen am anderen Ende der Leitung dröhnte in seinen Ohren. Sollte er dies als Zeichen verstehen, zu sprechen oder war es eine Abfuhr?
    „Da ist dieses Mädchen in Boston“, tastete er sich schließlich vor. „Du hast sie markiert. Ich möchte, dass du sie gehen lässt.“
    „Das lässt sich einrichten, wenn ich von dir bekomme, was ich will.“
    „Dann habe ich es mir soeben überlegt. Scheiße noch mal, was willst du wissen?“
    „Nur den Ort. Mehr nicht.“
    Elias sackte in sich zusammen, stützte die Ellbogen auf die gespreizten Knie und ließ den Kopf hängen. Die Antwort kam leise, als könnte die Lautstärke die Schwere des Verrats beeinflussen.
    „Island. Reykjavik. Doch er macht dort nur einen Zwischenstopp und wird in Kürze hierherkommen. Nach London.“
    „Sieh mal einer an“, antwortete sie sanft. „Das kommt mir sehr gelegen. Danke, Elias.“
    Sie legte auf, bevor er sich noch einmal nach Annie erkundigen konnte. Ebenso

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