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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Landung an, materialisierte sich noch in der Luft und musste den Aufprall auf der kargen Wiese abfedern, indem er tief in die Knie ging. Die Hände auf den Boden gestützt, zog er die Luft zwischen den Zähnen ein und schmeckte sie auf der Zunge. Nun erkannte er den Geruch.
    Der Ilyan war hier. Und zwar in dämonischer Gestalt.
    Seine Sensoren hatten auf seinen Freund immer feiner angesprochen als auf andere Dämonen, vielleicht weil er bei seiner Beschwörung im Hinterzimmer einer Kirche dabei gewesen war. Doch seitdem sie vor einiger Zeit kurzzeitig die Körper getauscht hatten, um ihre Feinde in die Irre zu führen, schien er ihm noch verbundener, wenn auch nur in wahrer Gestalt.
    Dass er in Island war, hatten sie nicht abgesprochen. Sie hatten sich in England treffen wollen, wo der Luzifer den Nybbas erwarten sollte. Dass der Ilyan trotzdem hier war, konnte zweierlei bedeuten. Der Luzifer jagte bereits. Oder der Ilyan spielte ein falsches Spiel.
    Dreck noch mal! Pest gegen Cholera. Die Entscheidung, zu Joana zurückzukehren, hatte nichts Überlegtes. Es waren reine Intuition sowie der instinktive Drang, sie zu schützen, was ihn umkehren ließ.
    Die Kerze war erloschen, doch die Fenster waren in dieser Nacht nicht von Schnee bedeckt, daher war es nicht vollständig finster. Der Nybbas fuhr in den vertrauen Körper, gab sich wenige Sekunden, um gierig nach Atem zu ringen und das Herz wieder Blut und Leben durch die erkalteten Adern pumpen zu lassen. Peripher nahm er die provozierende Stille im Raum wahr, während er nach dem Lichtschalter tastete. Keine Atemzüge, keine Gefühle, außer seinen eigenen. Er stieß die Lampe unbeholfen an, sie schwankte und wäre fast vom Nachttisch gefallen, bevor er den Schalter fand und gedämpftes Licht den Raum erhellte.
    Joana war fort. Nicholas sprang auf. Das schwammige Gefühl in den Knien ignorierend, zog er sich an und eilte mit wenigen Schritten zur Tür. Der Schlüssel steckte, doch die Tür war nicht mehr abgeschlossen. Er ging den leeren Gang entlang in Richtung der großen Halle. Sicher war sie aufgewacht, wollte nicht neben seinem leeren Körper schlafen und hatte sich stattdessen Gesellschaft gesucht. Doch ein Teil von ihm wusste, dass es das nicht war. Sie war in Gefahr, er glaubte, es im leichten Kribbeln seiner Handflächen zu spüren. Aus einer Richtung drangen Schritte und Gelächter. Geräusche, die wie Geister ungreifbar durch die labyrinthartigen Gänge schwebten, ohne zu verraten, woher sie kamen. Nicholas verabscheute diese Bergfestung mit ihren Hunderten, ohne ein System in den Stein gegrabenen Tunneln.
    Als er die Halle erreichte, fluchte er, sodass das Echo nachhallte. Hier war niemand mehr. Nur halb leere Gläser, umgeworfene Flaschen und das ein oder andere in der Hektik der Lust vergessene Kleidungsstück erinnerten noch an die Feier. Er machte sich auf den Rückweg, warf einen Blick ins Zimmer, um zu sehen, ob Joana inzwischen zurückgekommen war. Nichts. Also entschloss er sich, in die andere Richtung zu gehen. Nach einigen Kurven und einer tiefer führenden Schräge gelangte er an eine Tür, die angelehnt war und einen Streifen helles Licht in den düsteren Gang entließ.
    Er lugte hinein. Und erstarrte. Er hatte Joana gefunden.
    Sie lag auf einem breiten Bett. Für den Moment wandte sie ihm den Rücken zu, war jedoch im Begriff, sich unter einem leisen Stöhnen umzudrehen. Das kaum vernehmliche Geräusch ließ Magensäure seine Kehle hochkriechen. Ihr Nachthemd – das kurze, mit den Spaghettiträgern – war hochgerutscht und verbarg nicht, dass sie keinen Slip trug. In der Drehung zog sie die Decke mit, sodass deren Kante wie eine Schlange über ihren Körper und zwischen ihre Beine glitt. Mit geöffneten Lippen legte sie den Kopf in den Nacken, streckte den Rücken durch, schloss die Hände in den Laken zu Fäusten.
    Ein atemraubender Anblick, der Hitze in Nicholas’ Unterleib und eisige Kälte in seinen Kopf jagte. Denn es war nicht sein Bett, in dem sie sich lustvoll aalte. Es war nicht er, auf den sie wartete.
    Sie wartete auf Demjan Choskeih.
    Ein plötzliches Geräusch musste aus seiner Kehle hervorgebrochen sein, denn Joana schlug die Augen auf. Sie blinzelte und noch bevor sie ihn erkannt haben konnte, spürte er schwelende Schuldgefühle von ihr ausgehen.
    „Schön“, hörte er sich höhnen. „Du hast den Anstand, mich mit einem schlechten Gewissen zu betrügen.“
    Ihr Kopf ruckte herum, sie starrte ihn an, dann an sich herab.

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