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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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dass er sich vollkommen auf die dämonische Macht konzentrierte, die seinen Weg wies. Auch er konnte sie ansatzweise spüren.
    Lillian schien das alles mit einer seltsamen Unruhe zu erfüllen. Zwar sagte sie kein Wort mehr und verhielt sich unauffällig und still, wie so oft, doch Nicholas spürte ihre Besorgnis, als wäre sie menschlicher Art.
    „Hast du etwas vorhergesehen?“, fragte er sie leise.
    Sie schüttelte den Kopf. Es war nur der Hauch einer Bewegung, der ihr das Haar ums Kinn schwingen ließ. „Nein, aber ich spüre seit unserem Aufbruch, dass eine Vision sich mir nähert. Ich werde bald etwas sehen, was bedeutsam ist. Doch noch ist es nicht sicher … noch nicht entschieden.“
    Er klopfte mit den Fingerknöcheln auf ihren Helm. „Jede Jahrmarkt-Wahrsagerin traut sich mehr Treffsicherheit zu.“
    „Die ignorieren auch, dass die Zukunft eine Straße ist, die aus Millionen von Steinen gepflastert wird. Und jeder Stein kann frei entscheiden, auf einen ganz anderen Weg zu führen.“ Sie lächelte und trat ein paar Kiesel weg, sodass sie vor die Höhlenwand schlugen, abprallten und nach kurzem Kullern irgendwo liegen blieben. „Was sich mir zeigen will, liegt am Ende eines Weges, der noch nicht vollendet ist.“
    Der Gang veränderte sich, wurde niedriger und schmaler. Holzbalken sorgten für die Sicherheit des Stollens. Der Sinter an den Wänden schimmerte nicht mehr, sondern war blind von Dreck und Erde. Ihre Schritte schmatzten auf dem modrigen Untergrund. Dieser Gang war bis vor Kurzem zugeschüttet gewesen. Er führte durch einen schmalen, felsigen Spalt in eine kleine Grotte.
    Alexander lächelte zufrieden, sodass seine Zähne im schwachen Schein der Lampen aufleuchteten. „Hier ist er.“ Ehrfürchtig kniete er an einem Felsen nieder. „Darunter liegt er verborgen. Ich habe den Stein noch nicht entfernen lassen, weil nicht auszuschließen war, dass das Gefäß dadurch beschädigt wird. Aber jetzt ist es soweit.“
    Mac Jerrems runzelte die Stirn. „Der Brocken wiegt sicher fünfhundert Pfund. Sie wollen doch nicht ohne die Arbeiter …“
    Nicholas trat vor und krempelte sich demonstrativ die Ärmel hoch. „Das mache ich schon.“
    Dem Geologen traten die Augen aus den Höhlen, als Nicholas seinen Körper fallen ließ und zu Schatten wurde. Im nächsten Augenblick materialisierte er sich. Alexanders Hand schloss sich um Mac Jerrems Unterarm, um ihn von einer Flucht abzuhalten, zu der der Mann längst keinen Mut mehr gehabt hätte, denn er war starr vor Schock.
    Der Nybbas roch verzweifelte Angst im Schweiß des Mannes. Dicht gefolgt vom beißenden Gestank von Urin. Das lebendige Fleisch lockte den Dämon dennoch. Die Anwesenheit des Gebannten aber war ebenso stark in der Luft zu schmecken, so wandte er seinen hungrigen Blick von dem um sein Leben wimmernden Menschen ab und stieß den Felsbrocken beiseite, der das Grab beschwerte. Lillian trat heran, griff in das Loch und zog eine Urne hervor. Längst hatte der Nybbas das menschliche Opfer wieder fokussiert. So verlockend war sein Fleisch, sein Blut und das panisch schlagende Herz, wie Sirenengesang.
    Der Mann öffnete immer wieder den Mund, doch kein Schrei verließ seine Kehle. In seinen Augen stand jene Art von Angst, die einem Menschen auf ewig den Verstand zu rauben vermochte. Doch den würde er auch nicht mehr benötigen.
    Lillian öffnete die Urne. Wie zur Antwort darauf begann die Erde zu beben, zu grollen und zu wüten. Ein Schatten wuchs aus dem Gefäß und riss alle Blicke auf sich. Er besaß menschliche Gestalt und Größe und war verhüllt von Beduinengewändern, die sein Gesicht verdeckten und nur große, sanfte Augen zeigten. Auf dem Kopf trug er eine Krone, die selbst in seinem Ätherkörper golden schimmerte. Trotz seiner geringen Größe füllte seine Präsenz die Höhle aus und schien jede andere Macht vertreiben zu wollen. Arabische Worte, leise ausgesprochen wie Beschwörungen, durchdrangen die Stille, ätzten sich tief in die Erde, den Stein und jeden Körper.
    Der Paymon.
    Eine Andeutung von Furcht schoss durch den Körper des Nybbas, nicht viel mehr als eine vage Ahnung von bevorstehenden Problemen. Großen Problemen, viel gewichtiger als ein möglicher Kampf. Seine Muskeln verkrampften sich unwillkürlich und er floh in seinen menschlichen Körper, ehe der Paymon diesen nehmen würde. Dass Alexander und Lillian leise auf den befreiten Dämon einsprachen und ihm den winselnden Geologen darboten, bekam Nicholas nur

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