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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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eine Fackel und brachte diese nebst einer verkorkten Flasche zu ihrem Sohn.
    „Ich rufe die fünf Elemente an“, rief sie. „Das Feuer!“ Sie stieß ihm die brennende Fackel jäh vor die Brust. Ein unmenschlicher Schrei, der alle bisherigen in den Schatten stellte, zerschnitt die Luft. Auch Joana wollte schreien, doch sie brachte keinen Laut hervor. Der Mann warf sich bäuchlings zu Boden, doch die Frau trat ihm mit dem Fuß an die Schulter, sodass er auf den Rücken rollte. „Das Wasser!“ Sie kippte den Inhalt der Flasche über seine Brust und er zuckte, der Ohnmacht nah. „Die Erde!“ Ihre Finger gruben sich tief in den trockenen Boden und sie warf eine Handvoll davon auf seinen Körper. Dann hob sie die Arme gen Himmel. „Die Luft!“ Eine plötzliche Sturmböe jagte über die Klippe und riss am Haar des jungen Mannes. Er keuchte und warf seiner Mutter einen letzten, flehenden Blick aus tränennassen Augen zu. „Und den Geist, den ich gerufen! Erscheine!“
    Ein Schatten jagte über das Szenario hinweg, floh in alle Richtungen, wurde jedoch immer wieder zurückgestoßen. Die Hexe warf den Kopf in den Nacken, ihr Gesicht war vor Anstrengung zu einer Fratze verzerrt. „Ich beschwöre dich beim Namen Nybbas!“, schrie sie.
    Der Himmel verdunkelte sich jäh. Sturm tobte, so zornig wie hilflos.
    Der zuckende Schatten nahm direkt vor der Frau Gestalt an, bekam die windverwaschenen Konturen, die Joana kannte.
    „Du, den ich rufe“, rief die Hexe gegen den Wind an. „Gebiete über meine Träume. Vernichte meine Feinde und nähre dich an ihrer Qual. Errette meine Seele und führe sie in den ewigen Untergang. Greife nach der Frucht meiner Lenden, nimm sein Fleisch und sein Blut als mein Geschenk. Sein Name, mit deinem Blut auf den Leib geschrieben, wird dich bannen und zu dem meinen machen. Erhebe dich! Mein Sohn. Mein Geliebter. Mein Dämon!“
    Der Schatten warf sich auf den Körper und drang in ihn ein. Der Mann drückte den Rücken durch, krümmte sich wieder zusammen und schrie gellend auf. Sein Körper zuckte und warf sich in obskuren Bewegungen herum. Ein Veitstanz. Der einsame Kampf schien sich Ewigkeiten hinzuziehen, ehe der Mann schließlich nach einem letzten Aufbäumen wie tot liegen blieb, das Gesicht in die blutgetränkte Erde gedrückt. Der Sturm ebbte ab, eine unwirkliche Ruhe hüllte alles ein. Die Welt schien den Atem anzuhalten.
    Vorsichtig trat die Hexe näher, stieß den reglosen Körper mit dem nackten Fuß an. Abrupt warf er sich herum und rutschte mit lautem, unregelmäßigem Keuchen rückwärts. Er bewegte sich unbeholfen, konnte den Körper, in dem er war, kaum kontrollieren. Die Handfesseln schnitten tief in seine Gelenke. Sein dreckverschmiertes Gesicht war von Angst und Unverständnis gezeichnet. Er stöhnte heftig, presste die Fäuste gegen die große, verdreckte Brandwunde auf der Brust und jaulte auf, die Augen entsetzt auf die versengte Haut gerichtet.
    „Was - ist - das?“, stieß er hervor.
    Joana zog es sämtliche Eingeweide zusammen. Der Mann sah aus wie zuvor, doch nun war er jemand anders. Es war der, den sie als Nicholas kannte, wenngleich in einem ihr fremden Körper. Ihn so zu sehen, entfachte einen noch viel größeren Hass auf die Hexe, als sie ihn ohnehin schon entwickelt hatte.
    „Das kennst du nicht?“, schnurrte diese lächelnd. „Man nennt es Schmerzen, mein Liebster. Du wirst sie überstehen, sie werden vergehen.“ Sie kniete bei ihm nieder, legte ihre Hand an sein verzerrtes Gesicht. „Willkommen bei den Kindern Gottes auf unserer Erde. Hier weht ein rauer Wind. Deshalb bist du hier. Zu meinem Schutz, für meine Rache und zu meinem Vergnügen.“
    Er schüttelte den Kopf und wich ein weiteres Stück zurück. Die Hexe setzte sich ungerührt auf seinen Schoß und hob erneut das Messer. Er sah sie voller Unverständnis an. Ein erschreckter Schmerzenslaut entfuhr ihm, als sie die Klinge in einer fließenden Bewegung quer über seine Brust zog. Blut quoll hervor. Es war nun viel dunkler, fast schwarz. Sie tauchte ihren Finger hinein und malte mit aller Sorgfalt fünf geschwungenen Buchstaben auf seine Haut. LORIS.
    Seine Augen wurden starr. Sie beugte sich vor und berührte sein Ohr mit den Lippen. „Nun wirst du mir gehorchen, ist es nicht so?“
    „Ja“, hauchte er mit erstickter Stimme.
    Sie lächelte ihn an. Mit einer Hand glitt sie über seine Brust, streichelte die Haut, die sie zuvor verletzt hatte. Er biss die Zähne zusammen und erwiderte ihren

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