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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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Schläfrigkeit selbst auf seinem Gesichte. Sie fragte ihn nicht nur darüber aus, was er getan hatte, sondern auch darüber, was er tun würde. Er gab sich einen noch heftigeren Ruck, wenn er bemerkte, daß seine Müdigkeit auch sie ermüdete und sie nachlässig und kalt machte. Dann kam über ihn ein Fieber des Lebens, der Kräfte, der Tätigkeit, der Schatten verschwand wieder und die Sympathie entströmte ihm wieder wie eine starke, kalte Quelle. Doch alle diese Sorgen hatten vorläufig den magischen Kreis der Liebe noch nicht verlassen; seine Tätigkeit war eine passive; er schlief nicht, las, dachte manchmal ans Fertigstellen des Planes, ging und fuhr viel. Die fernere Richtung, der Kern des Lebens – die Arbeit existierte vorläufig nur in seinen Vorsätzen.
    »Was für ein Leben, was für eine Tätigkeit fordert Andrej noch?« sprach Oblomow, die Augen nach dem Essen weit aufreißend, um nicht einzuschlafen. »Ist denn das kein Leben? Ist denn die Liebe kein Dienst? Er sollte es einmal versuchen! Jeden Tag zehn Werst zu Fuß zurückzulegen! Gestern habe ich in der Stadt in einem schlechten Gasthof übernachtet, habe in den Kleidern geschlafen, habe nur die Stiefel ausgezogen und war ohne Sachar, und das alles dank ihrer Aufträge!«
    Am qualvollsten war es für ihn, wenn Oljga ihm irgendeine fachwissenschaftliche Frage vorlegte und ihm, wie einem Professor, eine sie befriedigende Auskunft abforderte; und sie tat es häufig, nicht aus Pedanterie, sondern einfach, weil sie wissen wollte, wie sich die Sache verhielt. Sie vergaß sogar oft die Ziele, die sie in bezug auf Oblomow im Auge hatte, und ließ sich von dem Gegenstande selbst hinreißen. »Warum lehrt man uns das nicht?« sagte sie nachdenklich und ärgerlich, während sie manchmal gierig den Bruchstücken eines Gespräches über ein Thema lauschte, das man für Frauen als unnötig zu betrachten gewohnt war. Eines Tages trat sie an ihn mit einer Frage bezüglich der Doppelsterne heran; er beging die Unvorsichtigkeit, sich auf Herschel zu berufen, wurde in die Stadt geschickt, mußte das Buch lesen und ihr so lange daraus erzählen, bis sie befriedigt war. Ein anderes Mal war er unvorsichtig genug, in einem Gespräche mit dem Baron ein paar Worte über die Schulen in der Malerei fallen zu lassen – jetzt hatte er wieder Arbeit für eine Woche; er mußte lesen und erzählen; dann fuhren sie noch in die Bildergalerie, und dort mußte er das Gesehene durch das Gelesene bestätigen. Wenn er irgend etwas aufs Geratewohl sagte, merkte sie es sofort und gab erst recht keine Ruhe. Dann mußte er eine Woche lang in die Geschäfte fahren und Stiche von den besten Bildern suchen. Der arme Oblomow wiederholte das, was er einst gelernt hatte, oder er stürzte in die Bücherläden, um neue Quellen aufzustöbern, und manchmal schlief er eine ganze Nacht nicht, wühlte in den Büchern herum und las, um am nächsten Morgen wie zufällig die gestrige Frage mit den Kenntnissen, die er aus dem Archiv seines Gedächtnisses hervorgesucht hatte, zu beantworten. Sie legte diese Fragen nicht mit weiblicher Zerstreutheit und nicht nach der Eingebung einer augenblicklichen Laune, das eine oder andere zu wissen, sondern energisch und ungeduldig vor, und wenn Oblomow schwieg, strafte sie ihn mit einem langen, prüfenden Blick. Wie erzitterte er bei diesem Blick!
    »Warum sagen Sie nichts, warum schweigen Sie?« fragte sie. »Man könnte meinen, daß Sie sich langweilen.«
    »Ach!« sagte er, wie aus einer Ohnmacht erwachend, »wie liebe ich Sie!«
    »Wirklich? Und wenn ich nicht gefragt hätte, würde es gar nicht danach aussehen.«
    »Ja, fühlen Sie denn wirklich nicht, was in mir vorgeht?« begann er. »Wissen Sie, es fällt mir sogar schwer, zu sprechen. Da hier – legen Sie Ihre Hand hierher – stört mich etwas, es ist, als ob hier etwas liegt, das schwer wie ein Stein ist, wie es bei tiefem Unglück geschieht. Ist es nicht seltsam, daß im Leiden und im Glück sich im Organismus derselbe Prozeß abspielt: Es ist so schwer, zu atmen, daß es fast schmerzt, und man möchte weinen! Wenn ich weinen könnte, würden mich die Tränen ebenso wie im Unglück erleichtern ...«
    Sie blickte ihn schweigend an, wie um seine Worte zu kontrollieren und damit, was auf seinem Gesichte stand, zu vergleichen, und dann lächelte sie; die Prüfung hatte sie befriedigt. Und ihr Gesicht atmete Glück aus, aber ein so friedliches, daß es unmöglich schien, es durch irgend etwas zu stören. Man

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