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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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forschendem Blick verbergen und den Kampf glücklich führen konnte, sie das durchaus nicht ihrer Kraft, wie in den Beziehungen zu Oblomow, sondern nur dem beharrlichen Schweigen von Stolz und seinem zurückhaltenden Benehmen verdankte. Doch in offenem Felde war der Vorteil nicht auf ihrer Seite, und darum wollte sie durch die Frage: »Wie kann ich es wissen?« einen Zoll Raum und eine Minute Zeit gewinnen, während der Feind seinen Plan deutlicher äußerte.
    »Sie wissen es nicht?« fragte er einfach. »Also gut, ich werde es sagen.«
    »Ach nein!« entschlüpfte es ihr plötzlich.
    Sie ergriff seine Hand und blickte ihn an, als bäte sie um Gnade.
    »Sehen Sie, ich habe es erraten, daß Sie es wissen!« sagte er. »Warum denn ›nein‹?« fügte er dann traurig hinzu.
    Sie schwieg.
    »Wenn Sie vorausgesehen haben, daß ich mich jemals aussprechen werde, haben Sie ja auch sicher gewußt, was Sie mir antworten werden?« fragte er.
    »Ich sah es voraus und habe mich gequält!« sagte sie, sich in den Sessel zurücklehnend, sich vom Licht abwendend und im Geiste die Dämmerung anrufend, ihr zu Hilfe zu kommen, damit er nicht den Kampf der Verlegenheit und der Traurigkeit auf ihrem Gesichte sah.
    »Gequält! Das ist ein furchtbares Wort«, sagte er fast flüsternd, »das erinnert an Dante: ›Laßt, die ihr eingeht, jede Hoffnung schwinden.‹ Dann habe ich nichts mehr zu sagen. Das ist alles! Ich danke Ihnen aber auch dafür«, fügte er mit einem tiefen Seufzer hinzu, »ich komme aus dem Chaos, aus dem Dunkel heraus und weiß wenigstens, was ich zu tun habe. Es gibt nur eine Rettung – schnell zu fliehen!«
    Er erhob sich.
    »Nein, um Gottes willen, nein!« begann sie ängstlich und flehentlich zu ihm stürzend und wieder seine Hand ergreifend, »haben Sie Erbarmen mit mir; was wird dann mit mir sein?«
    Er setzte sich und sie auch.
    »Aber ich liebe Sie, Oljga Sjergejewna«, sagte er fast barsch. »Sie haben gesehen, was mit mir in diesem halben Jahr vorgegangen ist! Was wollen Sie denn; vollen Triumph? Daß ich verkomme und wahnsinnig werde? Ich danke ergebenst!«
    Sie wechselte die Farbe.
    »Gehen Sie!« sagte sie voll Würde, unterdrücktem Schmerz und tiefer Traurigkeit, die sie nicht verbergen konnte.
    »Verzeihung, ich bin Ihnen gegenüber schuldig!« bat er sie. »Wir haben uns gezankt, bevor wir uns noch irgend etwas klar gemacht haben. Ich weiß, daß Sie das nicht wollen können, Sie können sich aber auch nicht in meine Lage versetzten, und darum erscheint Ihnen mein Wunsch, zu fliehen, seltsam. Der Mensch wird manchmal unbewußt zum Egoisten.«
    Sie änderte die Stellung auf dem Sessel, als ob sie unbequem säße, sagte aber nichts.
    »Nun, und wenn ich dableibe, was kommt dabei heraus?« fuhr er fort. »Sie werden mir natürlich Ihre Freundschaft anbieten, die ich aber ja auch ohnehin besitze. Wenn ich verreise, wird sie mir auch in einem Jahr und in zwei Jahren sicher sein. Die Freundschaft ist etwas sehr Schönes, Oljga Sjergejewna, wenn sie zwischen jungen Männern und Frauen Liebe heißt oder zwischen alten Leuten Erinnerung an Liebe ist. Aber Gott behüte uns davor, daß sie von der einen Seite Freundschaft und von der anderen Liebe sei. Ich weiß, daß Sie sich in meiner Gesellschaft nicht langweilen, was empfinde aber ich, wenn ich mit Ihnen zusammen bin?«
    »Ja, wenn es so ist, dann verreisen Sie in Gottes Namen!« flüsterte sie kaum hörbar.
    »Dableiben!« überlegte er sich laut. »Auf der Klinge eines Messers stehen, das ist eine schöne Freundschaft!«
    »Und geht es mir denn besser?« entgegnete sie unerwartet.
    »Ihnen?« fragte er lebhaft. »Sie ... Sie lieben ja nicht ...«
    »Ich weiß nicht, ich schwöre es, ich weiß nicht! Aber wenn Sie ... wenn mein gegenwärtiges Leben sich irgendwie verändert, was geschieht dann mit mir?« fügte sie traurig, fast flüsternd hinzu.
    »Wie soll ich das verstehen? Erklären Sie es mir, um Gottes willen!« sagte er, den Sessel an sie heranschiebend, durch ihre Worte und den innerlichen, wahrhaften Ton, in welchem sie gesprochen wurden, betroffen.
    Er bemühte sich, ihr Gesicht zu sehen. Sie schwieg. In ihr brannte der Wunsch, ihn zu beruhigen, das Wort »gequält« ungesagt zu machen oder es anders zu erklären, als er es aufgefaßt hatte; sie wußte aber selbst nicht, wie sie das beginnen sollte, sie fühlte nur dunkel, daß sie sich beide unter dem Druck eines verhängnisvollen Mißverständnisses in falscher Lage befanden, daß sie beide

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