Obsession (German Edition)
rüber. Ich kann das nicht, stelle ich fest, das wird mir zu eng. Auch, wenn Fabrice mich »nur« anhimmelt ... mit Gefühlen kann ich einfach nicht umgehen. Ich bin irritiert, und das lässt mich – wieder einmal – fortlaufen. Ich flüchte aus der Küche, ich war ja eh fertig mit Frühstücken. Shahin folgt mir mit seinen Blicken. Und die sagen ›Angsthase‹.
Eigentlich habe ich nicht vor, zu lauschen, aber die erste Frage, die Fabrice stellt, macht mich neugierig. Also setze ich mich nebenan auf das Sofa.
»Sag mal, wie lange seid ihr eigentlich schon zusammen, du und Brix?« Aber Shahin antwortet auf diese Frage nicht. Er sagt nur schlicht: »Fabrice, ich mag dich wirklich. Aber Brix ist MEIN Mann.« Wumm, das hat gesessen. Ich kann fast durch die Wand hören, wie Fabrice schluckt, beziehungsweise sehen, dass er rot wird.
»Ich wollte ... ich wollte ihn dir nicht ausspannen«, stammelt Fabrice.
Aha.
»Ich dachte nur, ich meine ...« Doch Shahin unterbricht ihn: »Ich möchte das einfach von Anfang an klarstellen.«
Fabrice steht offenbar auf.
»Bleib hier.« Shahins Stimme ist wieder beruhigend, besänftigend, und Fabrice setzt sich wieder.
»Fabrice, ... es war echt schön die letzten Tage. Und es hat auch Brix gefallen, aber mehr als Sex wirst du von ihm nicht bekommen. Auch nicht, wenn du ihm schöne Augen machst. Okay?«
Fabrice räuspert sich. »Okay.« Ups, das war aber eine schnelle Kapitulation. Fabrice klingt zwar etwas verkniffen, aber nicht wirklich verärgert. »Kann ... ich meine, darf ich denn trotzdem noch hierbleiben?«, fragt er schüchtern.
»Du sollst sogar. – Los, jetzt komm schon her, und mach nicht so ein verschrecktes Gesicht!«
Ich stehe auf und werfe einen Blick in die Küche. Bin ich vielleicht neugierig? – Nope, nur interessiert. Shahin hat Fabrice auf seinen Schoß gezogen und haucht ihm einen Kuss auf die Wange. Und wie
ich Shahin so sehe, wird mir klar, dass ich ihn liebe. Ihn, und niemanden anderes.
32
Brix
Es klingelt an der Tür. Wer ... oh. Stimmt ja, fast hätte ich es vergessen. Es ist kurz nach halb zehn, und das dürfte Nora sein. Shahin hat sich wieder hingelegt, er sah auch ziemlich zerknittert aus, muss ich zu seiner Ehrenrettung sagen.
Nora kommt die Treppe rauf, in dem schwarzen Fleece-Mantel, den ich ja schon kenne von ihr. Ihre Haare sind in ihrem Nacken zusammengebunden, und sie trägt eine rote Brille auf der Nase. Außer ihrer riesigen Handtasche hat sie einen Korb dabei, der oben mit einem Tuch abgedeckt ist. Um ihren Hals hat sie ... uhm... eine ganze Menge Ketten hängen, deren Anhänger über ihrem Dekolleté baumeln. Das ausgewaschene »Running-Wild«-T-Shirt, das sie diesmal über einer Bluejeans trägt, erinnert mich an alles – nur nicht an eine Hexe.
Zum Glück schläft Shahin. Seine Reaktion auf Nora würde mich zwar interessieren ... aber die Hauptsache ist erst einmal, dass nächtliche Besuche dieser Art unterbleiben. Und wenn Nora das hinkriegt ... wäre echt ’ne tolle Sache. Außerdem hat sie ein Faible für gute Musik, was etwas ist, das Shahin nicht hat. Zumindest hört er nie welche ... oder selten, außer im Auto oder im »Addiction«.
Dennoch wird die ganze Sache ziemlich strange, als Nora beginnt, Mehl, Sand und Salz zu vermischen und auf unserem Boden irgendwelche Zeichen damit zusammensetzt, indem sie das Zeug auf den Boden streut. Dann nimmt sie Milch, Honig und Öl, rührt das um und zeichnet damit auf Papier merkwürdige Symbole. Zuguterletzt zeichnet sie mit einem Bleistift irgendwelche Mikrosymbole in jede Ecke an unseren Wänden. Dann lässt sie sich erschöpft auf Shahins Kuschelsofa fallen.
»Erledigt«, grinst sie und wischt sich ihren imaginären Schweiß von der Stirn. »Wenn du einen Staubsauger hast, könnten wir sogar hier aufräumen«, bietet sie mir an. Ich hole das Teil, und wir entfernen die Kreise und Symbole auf unserem Wohnzimmerboden und aus dem Wintergarten. Die Zeichnungen auf den Papieren rollt sie sorgfältig zusammen und schiebt sie zu den seltsamen Steinen und Säckchen in ihren Korb, die mir eben erst auffallen.
»Reserve«, grinst sie, als sie meinen Blick bemerkt. Dann saugt sie noch einmal durch den Flur, schaut sich prüfend um und nickt bestätigend. »Alles in Ordnung.« Sie sieht richtig zufrieden aus, stelle ich fest.
Und offensichtlich komme ich auch noch zu einer Begutachtung Noras durch Shahin, denn der ist wohl gerade wach geworden, wenn ich die
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