Obsession (German Edition)
Kuschelsofa im Wintergarten. Nicht, dass ich auch nur einen Hauch einer Ahnung hätte, wie ich hier hingekommen bin.
Shahin scheint zumindest zu dösen, aber die Finger seiner rechten Hand streicheln instinktiv meine Stirn, was mich sofort wieder einlullt, aber nicht mehr schlafen lässt, sondern mir Kraft und Energie zurückgibt, die mir die versoffene Nacht geraubt hat. Ich weiß nur noch, dass Fabrice, Nora und ich den Rest den Rotweins, den ich vor einer ganzen Weile gekauft hatte, auf einmal vernichtet hatten. Irgendwann hat Nora sich ein Taxi genommen, und Fabrice ist gleich auf der anderen Couch liegen geblieben. Dann ist Shahin irgendwann gekommen, und wir sind ins Bett gegangen. Da war zwar noch was, aber ich kann mich absolut nicht mehr erinnern. Und an die wenigen Fetzen, die sich in meiner Erinnerung halten, komme ich auch nicht ... Blackout, Filmriss.
Mein Schädel pocht immer noch im Takt meines Herzschlags, und das Kratzen in meinem Hals lässt zumindest darauf schließen, dass ich viel zu viel geraucht und getrunken habe. Aber der Rest? Völlig im Dunkeln.
Apropos dunkel ... es ist schon fast wieder dunkel, als es an unserer Tür läutet. Shahin ist inzwischen wieder vollends eingeschlafen, und so erhebe ich mich, um nachzusehen, wer dort ist. Auf dem Weg zur Tür streife ich mir schnell meinen Trainingsanzug über und schaue auf den Bildschirm der Sprechanlage.
»Ja, bitte?«, frage ich.
»Polizei«, antwortet einer der beiden und hält seinen Dienstausweis vor die Kamera. Sieht aus, als handele es sich um die beiden knackigen Polizisten, mit denen ich bereits schon einmal Bekanntschaft geschlossen hatte. Natürlich lasse ich die beiden nach oben kommen.
»Wir möchten zu Shahin«, sagt mir der ältere von beiden, und ich bitte sie hinein.
»Shahin schläft noch, ich werde ihn wecken«, kündige ich an. Auf dem Weg zum Kuschelsofa greife ich schnell ein T-Shirt und seine Jogginghose aus dem Kleiderschrank, bevor ich ihn wecke. Als er die Augen öffnet, werfe ich ihm die Klamotten zu.
»Zieh dich an, die Polizei will dich sprechen«, rate ich ihm und mustere ihn besorgt. Er wird doch nichts angestellt haben, oder doch? Andererseits, er nimmt das Ganze so locker, dass mich sein Verhalten schon wieder beruhigt.
»Guten Morgen, Sven«, begrüßt Shahin den einen. »Schon gefrühstückt?«
Also, das muss ich jetzt nicht verstehen, oder? Außerdem, es ist draußen dunkel.
»Wir wollten nur mal nach dir sehen«, sagt der andere, jüngere von beiden. »Nachdem ich dich heute Mittag angerufen hatte, ging irgend so ein Typ ans Telefon und meinte, du würdest zurückrufen. Wir haben uns schlicht und einfach Sorgen gemacht.«
Fuck, jetzt fällt es mir wieder ein. »Stimmt, da hat einer angerufen vorhin«, gebe ich kleinlaut zu.
Shahin grinst. »Danke, Jungs, es geht mir gut. Aber wenn ihr gerade da seid – habt ihr ein Passbild dabei?«
Als die beiden verneinen, geht Shahin mit ihnen an den Computer in unserem Büro und macht Aufnahmen mit der Digitalkamera von beiden – und lässt mich völlig verwirrt im Wohnzimmer stehen. Was, zum Henker, haben die beiden mit Shahin zu tun? Und warum müssen sie nach ihm sehen? Was ist da gestern passiert, von dem ich nichts weiß? Überhaupt, was hat Shahin gestern bei seinen Ermittlungen in Erfahrung gebracht???
46
Brix
Ich fass es nicht ... Dass Shahin den beiden Polizisten Personal-, Eintritts- und Verzehrkarten fürs »Addiction« aushändigt, ist mir im Endeffekt egal. Aber wieso redet er mit denen so freundschaftlich? Ich kann mich erinnern, dass er von einem Dreier mit den beiden erzählt hat – aber ist das ein Grund, mit den beiden so umzugehen? Oder läuft da mehr? Nein, ich bin nicht eifersüchtig, aber ich möchte doch gerne wissen, was mein Freund treibt.
»Was ist denn eigentlich gestern bei deinen Ermittlungen rausgekommen?«, frage ich Shahin, als ich ihn in der Küche allein erwische.
»Hab ich dir doch schon gestern Abend erzählt«, erwidert er und scheint mit seinen Gedanken nicht so sehr bei der Sache zu sein, denn er verschüttet seinen Tee beim Eingießen.
»Shahin!« Ich packe ihn am Arm und halte ihn fest, nehme ihm die Tasse Tee aus der Hand und stelle sie unsanft auf die Spüle. Er erschrickt, sucht meinen Blick, und ich sehe seine Verunsicherung, Angst in seinen Augen. Das macht mich wütend, nicht auf ihn, sondern auf diejenigen, die ihm Angst eingejagt haben.
»Was ... ist ... passiert?«, frage ich ihn, jedes Wort
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