Obsession
damit sie sich darum kümmerte. Sie schaute ihn fragend an, ehe sie sich in Bewegung setzte.
Er hielt den Hörer an sein Ohr.
«Hallo?»
|288| «Hallo, Mr. Murray. Lange nicht gesehen.»
Die Wut stieg ohne Vorwarnung in ihm auf. Ihre Heftigkeit schwächte ihn wie ein Fieberanfall. «Was wollen Sie?»
«Nur ein bisschen plaudern, mehr nicht. Sind Sie noch da, Mr. Murray?»
Ben lagen so viele Beleidigungen und Anklagen auf der Zunge, dass er den Mund nicht mehr aufbekam. Wenn der Detektiv im gleichen
Raum wie er gewesen wäre, hätte sich Ben auf ihn gestürzt. «Ich habe nichts zu sagen.» Seine Stimme war belegt.
«Sie sind noch ein bisschen aufgebracht, merke ich. Sie hätten das, was passiert ist, nicht persönlich nehmen dürfen. Es war
nur eine geschäftliche Angelegenheit, mehr nicht. Ich habe Ihnen ja gesagt, ich bin in der Informationsbranche. Wenn eine
Person nicht kaufen will, bietet man seine Ware jemand anderem an.»
«Interessiert mich nicht. Sie sind Abschaum. Ein Stück Scheiße.»
Im Augenwinkel sah er, dass Zoe, das Model und die Stylistin zu ihm herüberstarrten. Er drehte ihnen den Rücken zu.
«Sie haben selbstverständlich ein Recht auf Ihre Meinung», sagte Quilley. «Doch bevor Sie sich zu sehr ereifern, komme ich
zur Sache. Da wir gerade beim Thema waren: Mir sind da ein paar Informationen in die Hände geraten, die Sie interessieren
könnten. Mehr noch, ich bin mir absolut sicher, dass sie Sie interessieren werden.»
Bens Neugier war stärker als sein Bedürfnis, den Hörer auf die Gabel zu knallen. «Über Jacob?»
«Indirekt, würde ich sagen. Oder vielleicht direkt, je nach Blickwinkel. Sagen wir, sie haben etwas mit der gegenwärtigen
Situation zu tun.»
|289| «Worum geht es?»
Er hörte Quilley kichern. «Ja, das ist die Frage, nicht wahr? Und die nächste Frage lautet: Wie dringend wollen Sie es herausfinden?»
«Warum sollte ich glauben, dass Sie etwas wissen?»
«Ich dachte, dass gerade Sie diese Frage nicht stellen müssen, Mr. Murray. Sie sollten doch aus persönlicher Erfahrung wissen, dass ich mich ziemlich gut auf Nachforschungen verstehe. Besonders
wenn ich der Meinung bin, dass es sich lohnt.»
«Und warum haben Sie die ganze Zeit damit gewartet?»
«Sagen wir, ich bin geschäftlich in eine gewisse Flaute geraten und habe deshalb beschlossen, mich um ein paar unerledigte
Dinge zu kümmern.»
«Mit anderen Worten, Sie haben keine Aufträge mehr.» Ben konnte seine Schadenfreude nicht unterdrücken. «Niemand empfiehlt
Sie mehr weiter, richtig?»
«Ich würde mir an Ihrer Stelle keine Sorgen darum machen, Mr. Murray. Tatsache ist, dass ich etwas zu verkaufen habe. Jetzt müssen wir nur noch feststellen, ob Sie es kaufen wollen.»
«Das kann ich erst sagen, wenn ich weiß, worum es sich handelt.»
«Wenn ich Ihnen das sage, würde ich mich selbst in eine ungünstige Lage bringen, oder? Sie werden mir leider vertrauen müssen.»
Das Bedauern des Detektivs klang genauso freundlich wie unaufrichtig.
Ben biss sich auf die Lippe. «Wie viel wollen Sie?»
«Nun, das ist Verhandlungssache, nicht wahr?»
«Noch habe ich nicht gesagt, dass ich interessiert bin. Ich weiß, was Cole treibt, wenn das alles ist, was Sie zu bieten haben.»
|290| Für einen Moment entstand eine Pause, dann war wieder ein heiteres Glucksen zu hören. «Wer hat behauptet, es hätte etwas mit
ihm zu tun? Aber ich sage Ihnen was», fuhr Quilley fort, während Ben seine Worte noch verdaute, «denken Sie ein oder zwei
Tage darüber nach. Fragen Sie sich, wie viel Ihr Stiefsohn Ihnen wert ist. Und wenn Sie sich entschieden haben, rufen Sie
mich an.»
Der Detektiv ließ Ben Zeit, das sacken zu lassen. «Aber ich gebe Ihnen einen Rat», sagte er dann. «Ich würde nicht zu lange
warten. War nett, mit Ihnen zu plaudern, Mr. Murray.»
Am Abend traf er sich mit Keith in einem Pub. Das Lokal war überfüllt mit Leuten, die nach Feierabend ein Glas trinken wollten.
Es gab keine Sitzplätze mehr, aber er fand eine freie Ecke zwischen Zigarettenautomat und Theke. Während er wartete, bestellte
er ein Bier. Keith war unpünktlich. Als er sich in den Pub drängte, waren sein Haar und die Schultern seines Mantels mit schmelzendem
Schnee besprenkelt. «Der erste Schneefall des Jahres, und es ist noch nicht mal Weihnachten», klagte er, während er die Flocken
mit der Hand wegfegte. Bei der Aussicht auf ein Weihnachten ohne Sarah und Jacob hatte Ben
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