Obsession
er beinahe durchgedreht. Er
wartete zehn Minuten und versuchte es erneut, doch genauso vergeblich. Während des Nachmittags rief er immer wieder an, wurde
aber jedes Mal von der aufgezeichneten Stimme der Sekretärin begrüßt, die ihn bat, Name und Nummer zu hinterlassen. Er legte
auf, ohne etwas zu sagen. Als er auch am frühen Abend noch niemanden erreicht hatte, akzeptierte er, dass er bis zum nächsten
Morgen würde warten müssen.
Doch auch dann hörte er nur die Stimme auf dem Anrufbeantworter.
Dieses Mal hinterließ er eine Nachricht und forderte Quilley barsch auf, sich bei ihm zu melden. Danach fühlte er sich eine
Weile besser, denn nun lag es an dem Detektiv.
Aber Quilley meldete sich nicht.
Ben wartete einen weiteren Tag, ehe er wieder anrief. Erst versuchte er es von zu Hause, dann vom Atelier, wo er mit Zoe Fotoaufnahmen
vorbereitete. Er hatte sich mittlerweile |294| derart daran gewöhnt, das Band zu hören, dass er völlig überrascht war, als jemand heranging.
Die Sekretärin klang noch schroffer, als er sie in Erinnerung hatte. «Er ist nicht hier», schnauzte sie, als er nach dem Detektiv
fragte.
«Wann kommt er zurück?»
«Keine Ahnung.»
«Kann ich ihn heute noch erreichen oder erst morgen?»
«Wie gesagt, keine Ahnung.»
Er versuchte sich zu beherrschen. «Gibt es irgendeine andere Nummer, unter der ich ihn erreichen kann?»
Sie lachte bitter auf. «Dann müssen Sie schon im Krankenhaus anrufen.»
«Er ist im Krankenhaus?» Es beruhigte ihn ein wenig, dass hinter der Abwesenheit des Detektivs keine finsteren Motive steckten.
«Was ist los mit ihm?»
«Er wurde zusammengeschlagen.»
Die Unruhe war wieder da. «Wer war es?»
«Woher soll ich das wissen?»
«Wann ist es passiert?»
«Keine Ahnung, vor ein paar Tagen», blaffte sie. «Hören Sie, ich bin nicht die richtige Ansprechpartnerin. Ich arbeite nicht
mehr für ihn. Er schuldet mir zwei Monatsgehälter, und ich wette, die kann ich nach dieser Sache völlig vergessen. Ich bin
nur hergekommen, um meine Sachen abzuholen. Ich weiß nicht einmal, warum ich überhaupt ans Telefon gegangen bin.»
Er spürte, dass sie auflegen wollte. «Sagen Sie mir wenigstens, in welchem Krankenhaus er ist.»
Sie seufzte gereizt auf, gab ihm aber den Namen, ehe sie das Gespräch beendete. Ben legte langsam den Hörer auf. Wahrscheinlich
gab es unzählige Leute, die Quilley gerne |295| eins auswischen würden, sagte er sich. Es musste nicht unbedingt etwas bedeuten. Er könnte sogar überfallen worden sein.
Aber Ben glaubte nicht daran.
Die Aufnahmen sollten in ein paar Stunden beginnen. Er versprach Zoe, frühzeitig zurück zu sein, und fuhr zum Krankenhaus.
Es dauerte eine Weile, bis er Quilleys Zimmer gefunden hatte. Er hatte sich eine Geschichte zurechtgelegt, damit man ihn zu
ihm lassen würde, aber es war den ganzen Tag Besuchszeit. Niemand hielt ihn auf, als er hineinging.
Das Bett des Detektivs war halb mit gestreiften Vorhängen vom Rest des Zimmers abgetrennt. Er schien Ben nicht zu bemerken.
Er lag flach auf dem Rücken und trug ein gebügeltes blaues Krankenhausnachthemd. An einem Chromständer neben seinem Bett hing
ein Tropf, dessen Schlauch in seinem Arm steckte. Sein Gesicht war so dunkel geschwollen, dass es aussah, als wäre er verbrannt
worden. Über seiner Nase war ein Verband geklebt, ein weiterer bedeckte ein Ohr. Das Haar darum war abrasiert worden. Seine
hohlen Wangen und sein Doppelkinn waren wie bei einem alten Mann mit silbrigen Stoppeln übersät.
Er starrte an die Decke. Als Ben ans Bett trat, schaute er ihn kurz an und sofort wieder weg. Er schien ihn weder zu erkennen
noch interessiert zu sein.
«Ihre Sekretärin hat mir gesagt, wo Sie sind», sagte Ben.
Quilley antwortete nicht.
«Ich bin’s, Ben Murray», fügte Ben vorsichtshalber hinzu.
«Ich weiß, wer Sie sind.»
Die Stimme war ein schwaches Krächzen. Quilleys Blick blieb auf die Decke gerichtet.
«Sie hat mir erzählt, dass Sie zusammengeschlagen worden sind.» Ben hielt inne. «Wer war es?»
|296| Nichts.
«War es Cole?»
Die Augen des Detektivs hatten vielleicht etwas geflackert, aber das war alles.
«Er war es, richtig?»
«Lassen Sie mich in Ruhe.»
Ein paar seiner Vorderzähne fehlten, fiel Ben auf. Er setzte sich auf die Lehne des Stuhls. «Haben Sie es der Polizei gemeldet?»
Keine Antwort. «Sie haben ihm erzählt, dass Sie etwas herausgefunden haben, nicht wahr? Haben Sie ihm gesagt, dass Sie
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