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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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einem zum anderen. Er zog eine Rolle Smarties aus seiner Tasche und ging wieder auf den Jungen zu.
     «Ich habe dir Süßigkeiten mitgebracht, Jacob», sagte er und schüttelte die Rolle, ehe er sie auf den Tisch stellte. Jacobs
     Blick huschte dorthin. Nach einem Moment senkte er vorsichtig die Arme und nahm die Smarties.
    Während Jacob sich sichtlich entspannte, fiel auch die Anspannung von Ben ab. Der Junge drehte die Rolle in seiner Hand und
     wurde offenbar von der Bewegung und dem Geräusch der Schokodrops beruhigt.
    «Willst du nicht danke sagen?», fragte Ben.
    |61| «Lass ihn», sagte Keith schnell, fasste Ben am Arm und führte ihn hinaus in die Küche. Ben ließ die Tür offen, sodass er in
     das andere Zimmer schauen konnte.
    Keith wirkte noch immer bestürzt. «Was war denn das gerade?»
    «Wie gesagt, er ist in letzter Zeit ein bisschen gereizt.»
    «Ich meinte nicht Jacob.»
    Ben ging zum Kühlschrank. «Bier?»
    «Wenn du eins dahast.»
    Er reichte Keith eine Dose und ein Glas. Er selbst trank direkt aus der Dose.
    «Also, erzählst du es mir?», fragte Keith.
    Ben zog eine Schublade auf und nahm die Zeitungsausschnitte heraus. Er warf sie auf den Küchentisch. «Du musst nicht alle
     lesen. Der erste reicht.»
    Keith überflog sie schnell und machte dann ein verwirrtes Gesicht. «Tut mir leid, ich verstehe nicht.»
    «Es ist Jacob.»
    Die Worte taten weh, er spürte tatsächlich einen körperlichen Schmerz in der Kehle. Keith runzelte die Stirn. «Ich kann dir
     nicht folgen.»
    «Das Baby, das entführt wurde, das war Jacob. Sarah hat es getan.»
    Keith starrte ihn an und schaute dann wieder auf die Ausschnitte. Ben konnte sehen, wie er sich bemühte, seine Skepsis nicht
     zu zeigen. «Ben   ...»
    «Ich spinne nicht. Es ist mein Ernst.»
    Er berichtete ihm, was geschehen war, von der Entdeckung der Ausschnitte bis zum Besuch bei Jessica. Es jemandem zu erzählen
     half nicht so sehr, wie er gehofft hatte, sondern schien die Sache nur wirklicher zu machen. Als er fertig war, schaute Keith
     verstohlen durch die Tür zu Jacob.
    |62| «Mein Gott.»
    Ben lächelte schief. «Genau. Das habe ich auch gedacht.» Er zitterte, obwohl es im Haus warm war. Er leerte die Bierdose und
     setzte sich hin.
    «Hast du jemandem davon erzählt?», wollte Keith wissen.
    «Du bist der Erste.»
    «Also weiß sonst niemand davon? Du hast es deinem Vater gegenüber nicht erwähnt?»
    «Nein.» Bens Mutter war gestorben, als er auf der Universität war. Sein Vater hatte wieder geheiratet, und zwar eine zehn
     Jahre jüngere Frau, die klargestellt hatte, dass sie Ben als Konkurrenz um die Zuneigung ihres Ehemanns betrachtete. Selbst
     in ihrer Abwesenheit stand sie zwischen Vater und Sohn, wie eine unsichtbare Grenze, die mit der Zeit immer schwerer zu überwinden
     war. Zu Sarahs Beerdigung war sie nicht erschienen, und als Ben durch die betäubende Trauer jenes Tages die Entschuldigungen
     und Ausflüchte seines Vaters hörte, hatte er ihm leidgetan. Seit einem Jahr war es das erste Mal gewesen, dass sie sich sahen,
     und das erste Mal seit sechs Monaten, dass sie miteinander sprachen. Sein Vater war kein Mensch mehr, dem sich Ben anvertraute.
    «Was ist mit Sarahs Eltern?», fragte Keith. «Wissen sie es?»
    «Ich sagte doch, ich habe es niemandem erzählt.»
    «Das meinte ich nicht. Glaubst du, dass sie es die ganze Zeit wussten? Könnte Sarah es ihnen erzählt haben?»
    «Bestimmt nicht. Ich glaube, sie hat sich die Sache selbst nicht eingestanden. Auf jeden Fall nicht bewusst. Und wenn ihre
     Eltern jemals etwas vermutet hätten, dann hätte ich mit ziemlicher Sicherheit schon vorher etwas aufgeschnappt.»
    Keith zupfte abwesend an seiner Unterlippe. Ben konnte |63| sehen, wie er die Informationen aufnahm, im Geiste ordnete und bereits begann, sie wie ein juristisches Rätsel zu behandeln.
     «Hast du schon darüber nachgedacht, was du unternehmen willst?»
    «Ich habe an nichts anderes gedacht. Trotzdem habe ich nicht die geringste Ahnung.»
    Keiths Hand glättete unbewusst seine Krawatte. Jetzt war er wieder voll und ganz Anwalt. Ben hatte immer beneidet, mit welcher
     Ruhe er Probleme in Angriff nahm. «Ich glaube nicht, dass du sofort etwas entscheiden musst. In diesem Stadium ist es das
     Entscheidende, nicht voreilig loszuschlagen. Du musst dafür sorgen, dass jeder deiner Schritte das Beste für alle Beteiligten
     bedeutet. Hast du zum Beispiel in Erwägung gezogen, dass Jessica lügen könnte?»
    «Sie hat

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