Obsession
nicht gelogen.»
«Ich behaupte nicht, dass sie tatsächlich gelogen hat, ich sage nur, dass es eine Möglichkeit ist, die du nicht übersehen
darfst. Denn was hast du im Grunde in der Hand? Ein paar alte Zeitungsausschnitte und die Geschichte von einer Person, die
– sagen wir es ohne Umschweife – nicht gerade darauf aus ist, dir einen Gefallen zu tun. Kannst du dir hundertprozentig sicher
sein, dass sie das nicht alles nur erfunden hat, um dir Probleme zu machen?»
Nichts hätte Ben lieber geglaubt. Doch so verlockend diese Möglichkeit auch war, er konnte es sich beim besten Willen nicht
vorstellen. «Sie hätte nie eine Geschichte erfunden, die Sarah derart belastet.»
«Bist du dir da sicher? Vielleicht rechnet sie nicht damit, dass du es weitererzählst. Und du hast selbst gesagt, dass Sarah
sie mehr oder weniger aus den Augen verloren hat. Möglicherweise hast du ihr eine Gelegenheit geboten, es euch beiden heimzuzahlen.»
|64| «Ich verstehe, was du meinst, aber ich kann mir wirklich nicht ...»
Keith hob seine Hand. «Denk einen Moment darüber nach. Welche Bestätigung hast du dafür, dass ihre Geschichte wahr ist?»
«Keine, aber ...»
«Richtig, keine. Hast du überprüft, was die Zeitungen später über diese Sache geschrieben haben?»
Unsicher geworden, schüttelte Ben den Kopf.
«Es könnte also gut sein, dass der kleine Steven Cole nach einer oder zwei Wochen gesund und wohlbehalten wieder aufgetaucht
ist. Und Sarah hat die Ausschnitte vielleicht einfach nur in eine Kassette gesteckt und dann völlig vergessen. Der Punkt ist:
Du weißt es nicht. Wenn du dich jetzt an die Polizei oder irgendwelche Ämter wendest, könntest du dir völlig grundlos eine
Menge Scherereien machen. Und Jacob genauso, vergiss das nicht. Alles nur aufgrund ein paar vager Vermutungen und einer Geschichte,
die dir eine Person erzählt hat, die dich abgrundtief hasst.»
Ben rieb seine Augen. Er hatte zwar nicht mehr Hoffnung gewonnen, er wusste aber, dass an Keiths Bedenken etwas dran war.
«Ich schätze, du hast recht.»
«Na schön. Vor allem müssen wir jetzt also herausfinden, ob das Baby der Coles jemals wiederaufgetaucht ist. Und ob die Eltern
noch am Leben sind.» Er schaute Ben aufmerksam an. «Wenn sie nicht mehr am Leben sind, solltest du noch einmal darüber nachdenken,
was du tust. Egal, ob ihr Baby gefunden wurde oder nicht.»
Er wusste, worauf Keith hinauswollte. Er wusste allerdings nicht, wie er dazu stand. «Wie kann ich es herausfinden?»
«Es bedeutet eine Menge Schnüffelei.» Keith zog beim |65| Nachdenken Luft durch seine Zähne und gab ein leises Pfeifgeräusch von sich. «Wahrscheinlich ist es am besten, jemanden zu
engagieren, der das für dich erledigt. Das wird zwar etwas kosten, aber es wäre schneller und würde weniger Probleme machen.»
«Kennst du jemanden?»
«Nicht persönlich, aber ich könnte mich umhören. In der Kanzlei engagieren wir manchmal Privatdetektive.» Er lächelte dünn.
«Du kannst dir nicht vorstellen, in welche Schwierigkeiten Musiker sich bringen können.»
Nicht nur Musiker, dachte Ben. «Wann kannst du Bescheid geben?»
«Wahrscheinlich schon morgen.» Keith wirkte beunruhigt. «Hör zu, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber
je nachdem, was der Detektiv herausfindet, solltest du vielleicht schon mal darüber nachdenken, einen Anwalt zu konsultieren,
der auf Familienrecht spezialisiert ist. Mein Gebiet ist die Unterhaltungsbranche. Ich habe keine Ahnung, wie die Sorgerechtssituation
aussieht, wenn ... tja, wenn es zum Schlimmsten kommt.»
Ben nickte. Keith schaute an ihm vorbei. «Ich gehe mal davon aus, du willst, dass Jacob bei dir bleibt.»
Ben starrte auf seine Bierdose. «Warten wir ab, was der Detektiv herausfindet.»
Als er Jacob am nächsten Morgen zur Schule fuhr, schien der Verkehr noch dichter zu sein als sonst. Vielleicht war er auch
zu ungeduldig. Nur stockend kamen sie inmitten der Fahrzeugkolonnen voran, die sich an den Kreuzungen in ein heilloses Durcheinander
verkeilten. Obwohl es noch früh am Morgen war und man die Sonne durch den violetten Smog kaum sehen konnte, war es bereits
unerträglich heiß.
|66| Er unternahm keinen Versuch, mit Jacob zu reden. Selbst als er ihn am Abend zuvor gebadet und zu Bett gebracht hatte, hatte
er kaum mit ihm gesprochen. Der Anblick des Jungen löste ein Gefühlschaos in ihm aus, das er unmöglich überwinden konnte.
Er
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