Obsession
an, ein
heftiger Niederschlag von einem tristen Himmel, der keinen Blick auf die Sonne zuließ. Es frustrierte ihn zwar, aber immerhin
konnte er sich damit trösten, dass auch Cole und Jacob kaum draußen sein würden.
Das schlechte Wetter war allerdings auch deshalb ärgerlich, weil er für Ende der Woche Außenaufnahmen geplant hatte. Eigentlich
hätte man sie im Sommer machen sollen, der Modedesigner war jedoch ein solcher Pfennigfuchser, dass sie jetzt auf die paar
sonnigen Tage warten mussten, die es im Herbst gab. Nachdem der Designer die Idee, ins Ausland zu gehen, abgewiesen hatte,
hatte er Ben auf Grundlage der Wettervorhersage für zwei Tage gebucht. Seit dem frühen Morgen hatten sich Ben, Zoe, die Maskenbildnerin
und zwei Models an einem verlassenen und windgepeitschten Strand vor die Autos gekauert und darauf gewartet, dass die Wolken
abzogen. Der Designer hatte die ganze Zeit gereizt seine Assistentin angeschnauzt, eine Zigarette nach der anderen geraucht
und war jedem auf die Nerven gefallen. Zum Mittag war die Sonne durchgekommen. Nachdem sie schnell alles aufgebaut hatten
und Ben die letzten Lichtbestimmungen vorgenommen hatte, platschten die ersten dicken Regentropfen vom Himmel.
Sie warteten den Guss eine weitere Stunde ab, bis Ben erklärte, dass er genug habe. Begleitet von den Schimpftiraden des Designers,
hatten sie alles wieder eingepackt, wobei ihnen das männliche Model geholfen hatte. Der Dressman hatte offensichtlich ein
Auge auf Zoe geworfen. Als Ben mit |191| den Füßen nach draußen im Wagen saß und den Sand von seinen Stiefeln klopfte, kam sie zu ihm.
«Brauchst du mich noch?», fragte sie übertrieben ungezwungen. «Daniel hat mich auf einen Drink eingeladen, deshalb wollte
ich mit ihm zurückfahren, wenn das okay ist.»
«Kein Problem.» Er zwinkerte ihr zu. «Bis morgen.»
Sie lächelte, errötete und ging hinüber zu dem alten schwarzen BMW des Dressmans. Ben sah, wie ihre schmalen Hüften wackelten,
als sie durch den weichen Sand stakste; sie war sich der beobachtenden Blicke genau bewusst. Allerdings nicht seiner. Die
einstudierte Lässigkeit galt dem gutaussehenden Kerl, der im Wagen auf sie wartete, und Ben war etwas befremdet, als er spürte,
dass es an seinem Ego kratzte. Es war eine Sache, eine Person abzuweisen, eine ganze andere aber, wenn man sah, wie schnell
sie sich davon erholte.
Das andere Model, eine junge Frau, war mit dem Designer hergekommen, doch Ben fühlte sich verpflichtet, ihr eine Mitfahrgelegenheit
anzubieten, um sie nicht der schlechten Laune des Mannes auszusetzen. Sie war ungefähr zwanzig Jahre alt, hatte kurze kastanienbraune
Locken und eine volle Unterlippe, was ihr je nach Blickwinkel entweder ein mürrisches oder ein sinnliches Äußeres verlieh.
«Tausend Dank», sagte sie, als sie losfuhren. «Ich dachte schon, ich müsste mir auf der ganzen Rückfahrt das Gejammer von
diesem Wichser anhören. Was dagegen, wenn ich rauche?»
Eigentlich hatte Ben etwas dagegen. Er mochte nicht einmal den abgestandenen Geruch seiner eigenen Zigaretten im Wagen, kam
sich aber immer zu spießig vor, es zuzugeben. Also erlaubte er es ihr. Sie zündete sich eine St. Moritz an und bot ihm auch
eine an, aber er lehnte ab. Sie lehnte ihren Kopf gegen den Sitz, als sie dankbar inhalierte. «Er mag es |192| nicht, dass Models rauchen, wenn sie seine ‹Kreationen› tragen», erzählte sie ihm und äffte den Ton des Designers nach. «Er
will nicht, dass sie wie ein Aschenbecher riechen, sagt er. Okay, er ist der Modeschöpfer, aber da hört es doch auf! Gott,
was für ein Angeber.»
Ben lächelte unverbindlich. Er hatte gelernt, sich nie auf Lästereien mit Leuten einzulassen, mit denen er arbeitete. Besonders
dann nicht, wenn es um denjenigen ging, der seine Honorare bezahlte. Die junge Frau zog wieder lustvoll an ihrer Zigarette
und schaute ihn dann von der Seite an.
«Eine Freundin von mir hat letztes Jahr mit dir gearbeitet», sagte sie. «Du hast Aufnahmen für einen
Vogue-
Artikel über junge britische Modeschöpfer gemacht. Sie war eins von den Models. Schwarz, groß, sieht irgendwie ägyptisch aus.»
Es dauerte eine Weile, bis Ben wusste, wovon sie sprach. Der Artikel hatte sich über mehrere Seiten des Magazins erstreckt,
an der Fotosession waren einige Models beteiligt gewesen. Es beunruhigte ihn, dass er sich an keines erinnern konnte. Obwohl
es erst ein Jahr her war, kam es ihm wie eine Ewigkeit
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