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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Zorn, und er saß wieder machtlos und trübsinnig
     im Wagen.
    Grübelnd starrte er auf das Tor des Schrottplatzes.
    Das Grummeln seines Magens rüttelte ihn auf. Steif und unbehaglich streckte er sich. Das Grummeln ertönte noch einmal. Ihm
     wurde klar, dass er Hunger hatte, und plötzlich fiel ihm bei dieser Erkenntnis siedend heiß etwas anderes ein.
    O Gott, dachte er, die Aufnahmen.
    Er schaute auf seine Uhr, fluchte und griff nach dem Handy. Als er es zerbrochen auf dem Beifahrersitz liegen sah, dachte
     er, dass er es nicht besser verdient hatte. Er versuchte es trotzdem. Tot. Er warf es weg und startete hastig den Motor. «Scheiße,
     Scheiße, Scheiße!»
    Als er auf die Straße jagte, setzte hinter ihm ein wütendes Hupkonzert ein. Er ignorierte es, raste den Weg zurück, den er
     gekommen war, und betete um eine Telefonzelle. Aber überall waren nur Felder und Zäune. Er gelangte an die Kreuzung, wo er
     Coles Wagen gesehen hatte, beschloss, nach |256| Tunford zu fahren, um ein Telefon zu finden, überlegte es sich in letzter Minute anders und bog mit quietschenden Reifen ab.
     Der Wagen vibrierte, als er auf der Überholspur die Autobahn entlangbretterte. Er kam gut voran, bis er nach London kam, wo
     der Verkehr zäh wurde wie Morast. Als er das Atelier erreichte, gab es keinen freien Parkplatz, und er musste ewig durch die
     Seitenstraßen kurven, bis er endlich einen fand.
    Er lief zurück und stampfte die Treppen hinauf. Schweißgebadet und atemlos stürzte er durch die Tür, eine Entschuldigung bereits
     auf den Lippen. Zoe schaute von einem Magazin auf.
    Sonst war niemand da.
    Er blieb keuchend auf der Türschwelle stehen. «Wo sind sie?»
    Zoe widmete sich wieder ihrem Magazin und blätterte müßig durch die Seiten. «Weg.»
    «Weg? Wohin?»
    «Haben sie nicht gesagt. Aber ich nehme an, es gibt auch noch andere Fotografen.»
    «Mist.» Er sackte gegen die Tür. «Konntest du ihnen nicht sagen, dass sie warten sollen?»
    Sie schleuderte das Magazin weg und sprang auf. «Was glaubst du, was ich getan habe, verdammte Scheiße? Es ist halb drei,
     Ben! Wo zum Teufel bist du gewesen?»
    Er schloss die Tür. «Ich wurde aufgehalten.»
    «Aufgehalten? Das ist ja super! Du wirst aufgehalten, während ich Ausreden erfinden muss und am Telefon von diesem dämlichen
     Fotoredakteur angeschnauzt werde – der dir übrigens die Zeit der Models berechnen will. Ich stehe wie ein Vollidiot da, weil
     ich keine Ahnung habe, wo du bist! Du warst nicht zu Hause, und auf deinem Handy konnte ich |257| dich auch nicht erreichen! Was hätte ich denn tun sollen, hä?»
    Seine Kehle schmerzte. Er wischte sich den Schweiß von den Lippen. «Ich weiß, tut mir leid.»
    «Ja, mir auch, Ben.» Sie hob ihre Hand und ließ sie wieder fallen, als hätte sie vergessen, was sie noch sagen wollte. «Was
     ist eigentlich in letzter Zeit mit dir los? Das ist ja keine Ausnahme heute. Ich habe das Gefühl, nur noch Entschuldigungen
     und Ausreden für dich erfinden zu müssen. Du kommst zu spät, du vergisst alles Mögliche. Du bist nicht mal bei der Sache,
     wenn du Aufnahmen machst! Dich scheint mit einem Mal alles einen Scheiß zu interessieren!»
    «Hör zu, ich weiß, dass ich die Sache vermasselt habe, ich habe mich entschuldigt, also vergessen wir es.»
    «Nein, das werden wir nicht!», brauste sie auf. «Ich habe seit Wochen darüber hinweggesehen. Aber jetzt habe ich die Schnauze
     voll!»
    «Na dann such dir doch einen anderen Job, niemand hält dich auf!»
    Ihr Gesicht wurde weiß. Sie starrte ihn an und holte dann ihre Jacke.
    «Tut mir leid», sagte Ben. Sie ignorierte ihn und nahm ihre Tasche vom Sofa. «Ich habe es nicht so gemeint, okay?»
    Sie ging an ihm vorbei zur Tür.
    «Zoe   ...» Er legte eine Hand auf ihren Arm. Sie schüttelte sie ab, ohne ihn anzuschauen. «Ich bitte dich, komm schon   ...» Er streckte wieder seine Hand nach ihr aus.
    «Fass mich nicht an, du Arschloch!»
    Ihre Lippen waren zusammengepresst und zitterten. Er sah, dass ihre Augen feucht waren. «Es tut mir leid», wiederholte er.
     «Ich hätte das nicht sagen dürfen.»
    |258| «Nein, das hättest du nicht, verdammte Scheiße.»
    «Kann ich jetzt von der Tür weg, oder willst du immer noch gehen?»
    Sie trat zurück in den Raum, ließ ihre Tasche auf das Sofa fallen und blieb mürrisch wartend vor ihm stehen. Ben strich sich
     das Haar aus der Stirn, das schon wieder ziemlich lang geworden war, nachdem er es hatte abschneiden lassen.

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