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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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sah er noch immer die winzigen Gestalten von Cole und Jacob.
    Cole hielt das Motorenteil über Jacobs Kopf.
    Als Ben die Anspannung erkannte und sah, wie das Gewicht in Coles Händen schwankte, wurde die Schokolade in seinem Mund zu
     einem dicken Klumpen. Er beugte sich zur Kamera vor und fummelte mit kalten und steifen Fingern daran herum. «O bitte, bitte,
     bitte», murmelte er, ohne sich darüber im Klaren zu sein, ob er um Jacobs Sicherheit flehte oder um ausreichend Zeit, damit
     er das Geschehen fotografieren konnte.
    Der Garten fegte verschwommen am Sucher vorbei, dann kamen Cole und Jacob ins Blickfeld. Während das Motorenteil langsam und
     wacklig nach oben gestemmt wurde, stellte er hastig die Schärfe und eine neue Belichtungszeit ein. Der Filter war noch vor
     dem Objektiv, aber daran konnte er jetzt nichts ändern. Als die Sehnen an Coles Hals hervortraten und sich sein Mund zu einer
     stummen Grimasse öffnete, schaltete Ben den Kameramotor ein, drückte auf den Auslöser und betete, dass noch genug Film übrig
     war.
    Eine Sekunde bevor Cole sich zur Seite drehte und das Gewicht fallen ließ, begann die Kamera zu surren. Das Metallteil krachte
     neben Jacob zu Boden, und im gleichen Augenblick war der Film zu Ende und wurde automatisch zurückgespult.
    Wie viel habe ich? Genug?
Er wusste es nicht. Schnell schraubte er den Filter vom Objektiv, wechselte den Film und verschoss die Hälfte davon, während
     Cole noch vornübergebeugt |267| nach Atem rang. Ben achtete darauf, dass auf jedem Bild das Metallteil zu sehen war, das sich neben Jacob in den Boden gegraben
     hatte.
    Cole richtete sich auf und hinkte davon. Ben ließ sich zurücksacken. Er merkte, dass er noch einen Klumpen halbgekauter Schokolade
     im Mund hatte, und spuckte ihn aus. Der Rest des Snickers-Riegels war aus der Folie gefallen und lag neben seinen Füßen. Er
     schaute auf den Filmbehälter in seiner Hand und schüttelte ihn prüfend, um sich zu beruhigen.
    Mein Gott.
    Um ein Haar hätte er es verpasst. Die ganze Zeit, Woche für Woche, hatte er darauf gewartet, und als es schließlich geschah,
     hätte er es beinahe nicht mitgekriegt. Nur weil er damit beschäftigt gewesen war, einer Frau beim Umziehen zuzuschauen.
    Du erbärmliches Arschloch.
Über den Rand der Kamera hinweg sah er den nun wieder geschrumpften Cole in den Schuppen gehen. Wenn er hinauskommen würde,
     wusste Ben, würde er zu Jacob gehen und einen weiteren Monolog zum Besten geben. Hinter dem Küchenfenster bewegte sich etwas,
     wahrscheinlich war es Sandra Cole, die was auch immer tat. Obwohl er sich dafür verachtete, war Bens Neugier sofort wieder
     angestachelt. Fast zwanghaft fühlte er sich dazu genötigt, erneut durch den Sucher zu schielen, um indirekt an ihrem Leben
     teilzuhaben. Doch stattdessen schraubte er das Objektiv von der Kamera.
    Er packte alles ein, stand dann auf und klappte den Stuhl zusammen. Er schaute sich noch einmal um, damit er auch ja nichts
     vergaß. Sein Schlupfwinkel mit dem plattgedrückten Gras zwischen den Bäumen war ihm mittlerweile so vertraut wie sein Zuhause.
    |268| Aber er würde nicht wieder zurückkehren.
    Der Kaffee und die Aufregung drückten auf seine Blase. Er ließ seine Taschen bei den Eichen stehen und entfernte sich ein
     paar Meter, um zu pinkeln. Sein Urin dampfte wie eine gelbe Säure auf dem verwelkten Gras. Er hatte gerade die letzten Tropfen
     abgeschüttelt und wollte seine Hose zumachen, als ein bellendes Geschöpf aus dem Unterholz hinter ihm heranpreschte.
    Für einen Augenblick dachte er, es wäre Coles Bullterrier, aber der Hund war kleiner und weiß, ein Jack-Russell-Mischling.
     Als er in sicherem Abstand stehenblieb und hysterisch zu kläffen und zu knurren begann, sank Ben erleichtert gegen einen Baum.
    «Bess! Hierher!»
    Durch die Bäume kamen zwei Männer auf ihn zu. Ich habe nicht aufgepasst, dachte er, und seine Erleichterung verpuffte. Da
     achte ich einmal nicht darauf, ob jemand im Wald ist   ... Der Hund hatte aufgehört zu bellen und trottete leise knurrend davon. «Tut mir leid», sagte der Mann, der gerufen hatte.
     Er gab dem noch immer knurrenden Hund einen Stups mit dem Fuß. «Aus!»
    Ben unterdrückte den Drang, hinüber zu seiner Kameraausrüstung zu schauen, die halb versteckt zwischen den Eichen lag. Darunter
     der Film von Cole und Jacob. Er rang sich ein Lächeln ab. «Schon gut. Ich habe mich nur zu Tode erschreckt.»
    «Sie ist ein kleiner Giftzwerg», räumte der Mann

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