Occupy Economics
» Ideen und Realisierungen sozialer Wirtschaftspolitik « wurde erstmals unter diesem Titel veröffentlicht in der Zeitschrift Die Neue Ordnung , 1. Juni 2012.
3 Politisch beruht die Soziale Marktwirtschaft auf dem Prinzip der Subsidiarität, d. h. staatliche Einmischung nur, wenn eine private Regelung nicht möglich ist. Genaueres in: Florian Josef Hoffmann, Soziale Marktwirtschaft – neu definiert , WSI-Mitteilungen 10/2011, S. 556-558. Gesellschaftlich beruht sie auf dem Prinzip der Personalität.
4 Rudolf Diesel: Solidarismus. Natürliche wirtschaftliche Erlösung des Menschen , München/Berlin,1903.
5 Maßgeblichen Einfluss in der politischen Diskussion hatten die Ideen des Mainzer Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler.
6 §1 und §19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
7 Adam Smith, Wealth of Nations, Book I, Chapter X, Part II: Inequalities occasioned by the policies of Europe: »People of the same trade seldom meet together, even for merriment and diversion, but the conversation ends in a conspiracy against the public, or in some contrivance to raise prices.«
2. Theorie und Praxis (occupy economics)
W enn man sich ansieht, was heutzutage alles an Katastrophen und Problemen geboten wird, auf die es keine Antworten gibt, so kann man nur von einem geistigen Vakuum sprechen. Sätze wie »Krisen sind unausweichlich« oder »Der nächste Crash kommt bestimmt« sind keine befriedigenden Antworten – und schon gar nicht auf die globalen Krisen, die ökologische Krise, das dramatische Artensterben, die permanente Finanzkrise, die Überschuldung wichtiger Industriestaaten – also der reichsten Länder –, oder die katastrophalen Geburtenraten. In der Tat haben die Nobelpreisträger schon im Jahr 2008 festgestellt, dass die Ökonomik versagt hat und man sich auf die Suche nach einer neuen Lehre begeben sollte. Der Nobelpreisträger Stiglitz hatte im Sommer 2011 in Lindau für das Treffen der Nobelpreisträger der Ökonomik eine neue Theorie angekündigt. Herausgekommen ist dabei nichts, was das Licht der Öffentlichkeit erblickt hätte. Dennoch sind Hoffnungsschimmer sichtbar. Im April 2012 versammelte der bekannte Milliardär und Spekulant George Soros die Größen der Ökonomie in Berlin. Seine Gründung INET (Institute for New Economic Thinking) organisierte dieses viel beachtete Treffen zur Finanzkrise und allgemeinen Themen, das ausführlich in der Presse kommentiert wurde. »Einstürzende Altbauten« kommentierte Uwe Jean Heuser von der ZEIT 8 , kritisierte die »Gralshüter«, sieht aber Hoffnung für ein aufkeimendes neues Denken in den Universitäten. Das Handelsblatt 9 widmet der Veranstaltung eine Doppelseite und zitiert den Nobelpreisträger Joseph Stiglitz mit dem Satz: »Der Zweck einer Wirtschaft ist es nicht, das Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen, sondern den Wohlstand möglichst vieler Menschen zu steigern.« Dennis Snower, der neue Chef des Kieler IfW, äußert: »Unsere Grundannahme, dass Menschen stets egoistisch und rational agieren, ist faktisch falsch und schadet unserem Fach sehr.« Man kann erkennen, dass sich etwas bewegt, aber es werden keine Antworten gegeben, sondern nur alte Antworten infrage gestellt.
Was ich hier nun anbieten möchte, ist der konkrete Ansatz für ein neues Denken in der Wirtschaftstheorie. Es geht weniger um eine neue Theorie, als um eine neue Grundlage für die Korrektur von Theorien, einen neuen Denkansatz. Mir geht es um ein Aufräumen bei den Prämissen, um die richtige Differenzierung, um den Ausgangspunkt aller Überlegungen. Von da aus kann man dann Lösungen finden. Unsere jetzigen Theorien stochern in einem Wust von Vermutungen, Modelltheorien, Animositäten und Datenkonglomeraten herum. Hinterher präsentiert die Wissenschaft immer eine Erklärung, hat immer eine Lösung. Vorher liegen ab und an ein paar Propheten richtig, und zwar auch deshalb, weil sie durchaus etwas von der Sache verstehen. Um es deutlich zu sagen: Unsere Ökonomen sind weiß Gott nicht dumm, aber was häufig fehlt, ist der Bezug zur Realität, der realistische Blick auf die Dinge. Das beste Beispiel ist die berühmte »unsichtbare Hand« von Adam Smith, die doch ganz klar besagt, dass er nicht weiß, was in der Wirtschaft, in den wirtschaftenden Betrieben und den Märkten vorgeht. Man könnte die »unsichtbare Hand« auch als Blackbox bezeichnen – keine Ahnung, was drinnen vorgeht. Und deshalb hat wohl niemand einen realistischen geistigen Werkzeugkasten, in den
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