Occupy Economics
ist sein Lohn, wie ein Preis der Lohn für den Sportler ist. Das existenzielle Problem hat der Nachfrager normalerweise nicht. Er entscheidet im Rahmen seines Budgets, das heißt, ein geschickter Einkauf erhöht die ihm zur Verfügung stehende Gütermenge – zulasten der Kaufleute, weil die die erhöhte Leistung bei gleichen Einnahmen zu erbringen haben.
Diese Betrachtungen des Marktgeschehens zeigen jedenfalls schon mal eines: Wenn die normale neoklassische Wirtschaftstheorie bei der Beschreibung des Marktes von einem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage spricht, dann ist das zwar nicht falsch, aber es spiegelt einen Grad an Abstraktion wider, der das eigentliche Marktgeschehen in keiner Weise abbildet. Im Gegensatz dazu hat die vorstehende Beschreibung des realen Marktgeschehens einen Abstraktionsgrad, der im Hinblick auf das tatsächliche Marktgeschehen hinnehmbar ist. Trotzdem ist es erforderlich, das Marktgeschehen noch tiefer zu beleuchten, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen und Zusammenhänge zu erkennen.
3.2 Der Tausch
Kern und Ziel des Marktgeschehens ist der Kaufvorgang. Der normale Kaufvorgang ist – wie bereits mehrfach erwähnt – ein Tausch, der Tausch einer Ware gegen Geld, beziehungsweise auf der anderen Seite der Tausch des Geldes gegen Ware. Dieser Tausch- beziehungsweise Kaufvorgang ist etwas, das unser Recht in besonders schöner Art und Weise beschreibt: Es ist ein Vorgang, der auf Gegenseitigkeit beruht – und zwar sogar in doppelter Weise auf beiden Seiten auf Gegenseitigkeit beruht: Auf dem Markt stehen sich stets zwei Tauschpartner gegenüber, der Kaufmann (der auf dem Markt ein Verkauf-Mann ist) und der Kunde, also der Käufer. Wenn sie sich einig sind über einen Tauschvorgang, dann denken beide: »Ich gebe, damit du gibst!« Der Käufer denkt, »Ich gebe dir mein Geld, damit du mir deine Ware gibst!«, der Verkäufer denkt, »Ich gebe dir meine Ware, damit du mir dein Geld gibst« (lateinisch: »do ut des«, übersetzt: »Ich gebe, damit du gibst«).
Das Besondere an diesem Vorgang ist, dass beides immer mit dem identischen Wert verknüpft ist. Dazu ein Beispiel: Ein Kaufmann zeichnet eine Hose mit einem Preis von 100 Euro aus. Das ist der Wert, mit dem er seine Ware einschätzt. Hinter der Wertschätzung des Kaufmanns stecken natürlich immer die Kosten, steckt immer die Höhe seiner Aufwendungen. Das heißt, der Kaufmann achtet darauf, dass der Wert auch Wertschöpfung beinhaltet. Aber darauf kommt es bei dieser Überlegung nicht an, sondern das Entscheidende ist, dass der Kunde in seinem Kopf die Ware mit exakt demselben Wert, dem Tauschwert, taxiert. Beide stehen sich gegenüber und einigen sich auf den Wert 100 Euro für den Tausch. Die Hose ist 100 Euro wert, das Geld, die 100 Euro, ist es ohnehin. Die Juristen nennen die Bedingung der Gegenseitigkeit »Synallagma«.
Das Synallagma bedeutet die absolute Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung beim Kauf. Allein das bedeutet schon sehr viel! Denn das Synallagma als wunderbare Beschreibung bedeutet, dass der Markt keine soziale Veranstaltung ist, sondern eine sachlich-wertfreie. Der Tauschvorgang findet immer zwischen zwei Leuten statt, die zwei Mal das absolut identische Tauschobjekt bewegen. Das Geld hat erst der Käufer, dann der Verkäufer, die Ware hat erst der Verkäufer, dann der Käufer. Der Tausch erfolgt ohne Ansehen der Person, dem Verkäufer ist der Käufer im Geschäft normalerweise gleichgültig. Er sieht nur das Geld, der Käufer die begehrte Ware. Der Tauschvorgang auf dem Markt spiegelt das Gegenteil von sozialer Kompetenz wider. Er ist so blind wie die Justitia selbst. Der Markt ist letztlich ein »nützlicher Idiot«, so nützlich wie beispielsweise ein Computer, aus dem man auch nur herausholen kann, was man hineintut.
3.3 Die Arbeitsteilung
Wenn der Tausch der Vorgang ist, der sich auf dem Markt abspielt, dann ist die Arbeitsteilung der Zweck des Marktes. Wenn sich ländliche Dorfbewohner oder die Bewohner einer Region alle auf unterschiedliche Produkte spezialisieren (Eier, Weizen, Milch, Schweine, Gemüse et cetera), dann veranstalten sie eben einmal pro Woche einen Tag, an dem in einem völligen Durcheinander viele Tauschvorgänge stattfinden, bis jeder von allem etwas im Keller oder im Kühlschrank hat.
Die Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer reduziert sich dabei auf den reinen Tauschvorgang, wobei heute kein Naturaltausch mehr stattfindet, sondern das Tauschmedium üblicherweise
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