Occupy Economics
Missstand anprangert, muss als Betroffener nicht auch die Lösung liefern. Dafür wäre die Wissenschaft da, insbesondere die Wirtschaftswissenschaft. Und die versagt.
Fatal ist beispielsweise außerdem, dass im politischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Bereich von Wirtschaft immer nur dann gesprochen wird, wenn es sich um Fremdwirtschaft handelt. Dabei geht unter, dass es sich auch bei der Eigenwirtschaft um Wirtschaft handelt, egal ob arbeitsteilig oder nicht, wenn auch »nur« Hauswirtschaft, weil eben dort eine Unzahl von Gütern und Leistungen erbracht werden, die der Versorgung dienen. Da der Einzelne jedoch im Bereich der Hauswirtschaft oder Eigenwirtschaft arbeitet, ohne dass er seine Kosten berechnet, beziehungsweise ohne dass sich dort effektive Eigenkosten errechnen lassen, entzieht sich diese Ökonomie der ökonomischen Betrachtung. Es ist ähnlich wie bei der Berechnung der Kosten für den Naturverbrauch. Da gibt es immer wieder die Forderung, dass diese Kosten eingepreist werden müssen. Diese Forderung ist unsinnig, weil es sich um absolute Werte handelt, die verbraucht werden, und nicht um welche, die man mit Tagespreisen beziehungsweise Knappheitspreisen auf Märkten auch nur annähernd erfassen kann.
Die Schaffung eines verbesserten Index’ für Wohlstand kann deshalb nur in Realwerten oder geldunabhängigen, gewichteten Indizes erfolgen, nicht in pekuniären Größen. Ein solcher Ansatz ist unter den bisherigen Versuchen aber nicht zu entdecken. 14
3.6 Das Janusgesicht des Kaufmannes
Mit dieser Überschrift gemeint ist hier natürlich nicht nur der Einzelkaufmann, sondern auch der Betrieb oder das Unternehmen, das im Rahmen der Arbeitsteilung als Anbieter auf einem Markt tätig ist. Der gute Kaufmann ist ein Zahlenmensch. Er rechnet von morgens bis abends, denn sein zentrales Ziel ist die Geldmehrung. Morgens rechnet er, was er an Ware auf den Markt gebracht hat, abends zählt er das Geld in der Kasse. Es gibt keinen erfolgreichen Kaufmann, der nicht rechnet. Das klingt nicht besonders sympathisch, aber es spiegelt das wider, was auf dem Markt geschieht.
Der öffentliche Markt ist die Front, wo sich der Kaufmann bewähren muss, ist der Platz, an dem die Geldmehrung stattzufinden hat. Aber der Kaufmann hat eine zweite Bewährungsfront im Hinterland, also dort, von wo der Kaufmann seine Ware bezieht, wo er einkauft oder wo er produzieren lässt, sein soziales Umfeld, die Firma und ihre Umgebung. Der Kaufmann, der draußen an der Front viel verdient, hat es leichter, im privaten Hinterland freundlich und beliebt zu sein. Das kann Großzügigkeit gegenüber Mitarbeitern sein, aber auch Großzügigkeit gegenüber Lieferanten. Ich kenne nicht wenige Kaufleute, die am Markt gegenüber Dritten hart und unnachgiebig sind, und die sich nachher im Umgang mit ihrem sozialen Umfeld als spendabel, warmherzig und besorgt herausstellen, die nichts anderes als das Wohl ihrer Mitarbeiter im Kopf haben. Aber eine solche Großzügigkeit geht eben nur, wenn die Marge stimmt, wenn Manövriermasse da ist, wenn nicht die Sorge vor Verlusten die erste Triebkraft ist.
Der gute Unternehmer kennt die Kräfte, die er freisetzt, wenn er seine Mitarbeiter als seine Glieder sieht, die umso motivierter sind, je besser er sie behandelt und umsorgt. Das ist nur an der Front, auf dem Markt der Fall. Wenn man die politische oder wissenschaftliche Sicht auf den Markt fokussiert und man das Hinterland ignoriert, dann ist das so falsch wie die beschränkte Sicht durch die Brille des homo oeconomicus, bei der die anderen homines (ludens, prosperus, poverus et cetera) ignoriert werden.
3.7 Zusammenfassung
Die Wirtschaft besteht aus zwei Welten, einer großen Welt der Haus- und Betriebswirtschaft und sonstiger Organisationen (Kirchen, Universitäten, Institute, Verbände et cetera). Das sind die Bereiche, in denen die Produkte und Leistungen erstellt werden. Die zweite Welt ist die Welt der Märkte, auf denen die Leistungen und Produkte getauscht werden, also konkret angeboten und nachgefragt. Die gedankliche Trennung von Ökonomie und Katallaxie offenbart ihre Eigenheiten und erlaubt es, die Regeln, das Verhalten und die Charakteristika eindeutig zuzuordnen: Der Markt lebt vom Egoismus, der Betrieb von Egoismus und Altruismus, Egoismus nach außen unter Wahrnehmung der Rechte, die aus dem Eigentum fließen, Altruismus im Innern beim Zusammenwirken der Teile von Gemeinschaften. Gemeinschaften können sich auch mehrstufig
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