Ocean Rose. Erwartung (German Edition)
er, so dass sein warmer Atem meine Lippen berührte. »Was immer heute Abend passiert, vorher sollst du wissen, dass … Ich möchte, dass du weißt, wie ich –«
»Sorry«, sagte ich, wich zurück und griff nach dem Handy in meiner Jeanstasche. Ich war froh, dass ich den Klingelton trotz meines hämmernden Herzschlags gehört hatte. Tatsächlich war ich so dankbar, unterbrochen worden zu sein,bevor Simon etwas Unwiderrufliches sagen konnte, dass ich nicht auf die Anrufernummer schaute, bevor ich mich meldete.
»Vanessa? Oh, Gott sei Dank.«
»Dad. Hallo.« Ich schloss die Augen, als ich seine Stimme hörte. Wir hatten nicht mehr miteinander gesprochen, seit ich ihn in Rainas Scrapbook mit Charlotte gesehen hatte.
»Ist bei euch alles okay? Deine Mutter hat sich Sorgen um dich gemacht, und das letzte Mal am Telefon hat sie gar nicht wie sie selbst geklungen. Was dazu führt, dass ich mir jetzt Sorgen um euch beide mache.«
»Alles bestens«, erklärte ich und hoffte, dass man meiner Stimme die Verwirrung und Enttäuschung nicht anhörte. »Wir sind beide noch in der Eingewöhnungsphase … aber uns geht es gut.«
Er zögerte. »Tut mir leid, dass ich mich nicht intensiver um dich gekümmert habe. Das wäre wohl besser gewesen, aber ich wollte dir Freiraum geben und dir Zeit lassen, bis die ersten Wunden verheilt sind.«
»Ja, danke«, sagte ich und drehte mich von Simon weg. Es war so dunkel, dass er vermutlich nicht sehen konnte, wie meine Wangen vor Verlegenheit brannten, aber auf jeden Fall wollte ich besorgte Fragen vermeiden. »Ich stecke hier gerade mitten in etwas drin. Können wir später reden?«
»Natürlich. Klar. Dazu haben wir morgen genug Zeit. Ich komme mit dem Zug und bin gerade rechtzeitig zum Mittagessen da.«
Ich versuchte mir vorzustellen, wie die Welt morgen Mittag aussehen würde. Wo würde ich sein, und welche Wendung hätte mein Leben genommen? Es überstieg meine Vorstellungskraft. »Klingt prima. Gute Reise.«
»Oh, und Vanessa?«, sagte er hastig. »Ich habe dich lieb. Vergiss das nicht.«
Ich blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten, und hätte gerne das Gleiche gesagt. »Bis bald.«
Auf vieles war ich vorbereitet gewesen, wenn ich das erste Mal mit Big Papa sprach, auf Schmerz, Verwirrung und sogar Zorn, aber ich hatte nicht erwartet, dass ein stärkeres Gefühl die anderen überlagern würde: Trauer.
»Wir sollten los«, schlug Simon sanft vor, als ich das Gespräch beendet hatte.
Ich nickte, nahm seine Hand und hielt sie ganz fest, während wir uns im Zickzack durch die Gruppen von Familien und Kindern bewegten. Irgendwann würde ich loslassen müssen, aber noch war ich nicht dazu bereit.
Einfach nur in seiner Nähe zu sein beruhigte mich, und ich konnte mich bald wieder auf unsere Aufgabe konzentrieren. Als wir das Fischerhaus erreichten, waren Louis und der größte Teil der Bedienung damit beschäftigt, Suppe und Sandwiches an eine lange Schlange von Kunden auszugeben. Sie bemerkten nicht, dass Simon und ich hinter ihrem Stand entlangspazierten und durch die Hintertür des Restaurants schlüpften.
Wir entdeckten Paige im großen Saal, wo sie auf einem Stuhl mit Fensterblick saß. Sie hatte uns den Rücken zugekehrt, und erst als ich neben ihr stand, stellte ich fest, dass sie die Augen geschlossen hatte.
»Paige?«, fragte ich leise.
Sie riss die Augen auf und fuhr auf dem Stuhl empor, wobei sie mit beiden Händen ihren Bauch umklammerte. »Vanessa. Was tust du denn hier?«
Ich versuchte, mir meine Besorgnis nicht anmerken zu lassen. Selbst in dem dämmrigen Licht konnte ich sehen, dass ihre Augen weißfleckig waren, ihre Haut vor Schweiß glänzte und ihre Hände zitterten. In der Badewanne hatte sie zwar nicht gesund ausgesehen, aber dennoch atemberaubendschön. Jetzt, nur zwei Tage später, schien sie kaum genug Energie zu haben, um wach zu bleiben und nicht ohnmächtig vom Stuhl zu fallen.
»Ich habe schon eine Weile nichts von dir gehört«, erwiderte ich, »und wollte nachschauen, ob alles okay ist.«
»Ja, ich weiß. Tut mir leid«, sagte sie und warf einen Blick über die Schulter zur Eingangstür. »Die letzten Tage waren ziemlich heftig.«
Ich schaute Simon an, und er nickte mir zu. Nachdem ich seine Hand losgelassen hatte, setzte ich mich auf den leeren Stuhl neben Paige. »Wie fühlst du dich?«
Sie lehnte sich zurück und schenkte mir ein schwaches Lächeln. »Grässlich.«
Ich zögerte einen Moment, denn die nächste Frage wollte ich am
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