Ocean Rose. Erwartung (German Edition)
was ich Paige fragen wollte, wobei ich mich immer unsicherer fühlte, je näher wir dem Restaurant kamen. Sich dieses Gespräch vorzustellen, solange ich mich sicher in der Küche der Carmichaels befand, war eine Sache. Eine ganz andere war, es nun tatsächlich durchzuziehen, und zwar in Reichweite von Zara.
»Wow«, sagte ich, als wir in die Hauptstraße einbogen. Fast hätte ich sie nicht wiedererkannt – die Bürgersteige waren zu leer für diesen sonnigen Tag, und gelbe, über die Straße gespannte Banner warben für das Erste Lighthouse-Wellness-Resort-Lichterfest.
»Was meinen sie mit das Erste?«, fragte ich. »Meine Familie und ich sind bisher jedes Jahr zum Lichterfest gegangen.«
»Aber jetzt wird es zum ersten Mal vom Lighthouse gesponsert«, erklärte Caleb seufzend. »In der Zeitung war heute Morgen ein Artikel darüber. Laut dem Herald wird das Festival dieses Jahr Tausende von Gästen aus ganz New England anziehen und verspricht, ein echtes Top-Event zu werden, weil es eine perfekte Mischung aus alten Traditionen und neuen, aufregenden Jahrmarktbuden, Fahrgeschäften und Aktivitäten bietet.«
»Es soll in einer Woche stattfinden«, sagte Simon leise, als wir unter den Bannern hindurchfuhren.
Obwohl er nichts weiter hinzufügte, war mir klar, was er dachte. In einer Woche konnte eine Menge passieren. Wenn weitere Tote angespült wurden und Urlauberfamilien scharenweise in Sicherheit flohen, war an dem Tag, wenn die ersten Lichter entzündet wurden, vielleicht niemand mehr übrig.
»Stell den Wagen hier vorn auf den Besucherparkplatz«, sagte ich, als wir uns dem Restaurant näherten und das Meerjungfrauen-Logo über der Tür immer größer wurde. »Hinten parkt das Personal.«
Simon folgte meiner Anweisung, wurde vor der Einfahrt langsamer und kurbelte sein Fenster herunter.
»Haben Sie reserviert?«
»Hallo, Garrett.« Ich beugte mich über die Gangschaltung zum Fahrerfenster.
»Vanessa.« Er ließ das Klemmbrett sinken und lächelte mich an. »Hi. Du hast gestern ein echt tolles Konzert verpasst. Bist du zum Arbeiten hier?«
»Ich will mir nur schnell meinen Gehaltsscheck holen. Ist es okay, dass wir hier solange parken?«
Bei dem »wir« wurde sein Lächeln angestrengter. Er schaute auf das Klemmbrett und dann hinter sich auf den Parkplatz. »Ja, wird schon gehen.«
»Danke. Du bist der Beste.«
»Ach, ganz nebenbei …« Er beugte sich herunter, um mich durch Simons offenes Fenster anzusehen, gerade als dieser losfahren wollte. »Heute Abend gehen ein paar von meinen Freunden zu einer Party. Willst du mitkommen? Wir könnten zuerst etwas essen.«
Ich versuchte zu lächeln, und Simon starrte zu Boden. »Klingt toll, aber heute passt es leider nicht so richtig.«
Sein Blick landete auf Simon, und er richtete sich wieder auf. »Schon klar. Vielleicht ein andermal.«
Wir parkten auf einem freien Platz ganz hinten, entfernt von den Fenstern des Hauptsaals. Ich drehte mich zu Simon um und wusste nicht recht, ob ich Garretts Einladung erklären sollte oder ob es ihm egal war.
»Okay«, sagte er, bevor ich mich entscheiden konnte. »Tu, was du dir in den Kopf gesetzt hast, aber bleib nicht zu lange. Und sieh zu, dass du rauskommst, sowie du ein komisches Gefühl hast.«
»Mach ich«, gab ich zur Antwort. »Versprochen.«
Caleb schob seinen Arm zwischen den Sitzen nach vorne. »Aerosmith«, sagte er und hielt ihm einen tragbaren CD-Player entgegen. »Altmodisch, aber effektiv.«
Ich stieg aus und hastete über den Parkplatz. Dabei versuchte ich mir zu überlegen, was genau ich von Paige wissen wollte: ob Zara vom gestrigen Tag erzählt hatte, ob sie sich seltsam benahm und ob Paige etwas über ihren aktuellen Schwarm wusste. Aber in meinem Kopf drehte sich alles, so dass ich mich kaum konzentrieren konnte. Wenig hilfreich war auch, dass ich ausgerechnet Zara als Erstes sah. Sie stand in der Nähe des Empfangstresens und nahm die Bestellung eines jungen Paares auf. Dabei redete und lachte sie, als sei nichts Ungewöhnliches passiert und als habe sie nicht erst gestern versucht, ihr nächstes Männeropfer per Gehirnwäsche zu verführen. Der übliche Kopfschmerz setzte ein, sowie ich sie sah, aber diesmal drehte sich mir gleichzeitig der Magen um.
Ich duckte mich hinter den Tresen, bis sie sich abwandte und sich um den nächsten Tisch kümmerte, dann schaute ich mich suchend im Saal um. Keine Paige. Ich schnappte mir einen Stapel Speisekarten und schirmte damit mein Gesicht ab,
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