Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)
nahm den Fuß vom Gaspedal. »Ich war wohl ein bisschen abgelenkt.«
»Bist du sicher, dass du nachher allein bis Winter Harbor durchfahren willst? Wir könnten Riley anrufen. Bestimmt würde er uns entgegenkommen und dich auch mitnehmen.«
»Ich schaffe das schon. Großes Ehrenwort.«
Sie tätschelte mein Knie, und wir fuhren schweigend weiter. Dabei konzentrierte ich mich auf die Straßenschilder und versuchte nicht darauf zu achten, dass mein Herz mit jedem Kilometer schneller schlug. Bestimmt hätte Paige mich vorgewarnt, wenn Riley ihr erzählt hätte, dass Simon auch zu unserem Treffpunkt in Portland kommen wollte. Aber was war, wenn er in letzter Minute seine Meinung geändert hatte und doch eine persönliche Aussprache wollte? Wie sollte ich darauf reagieren? Zumal ich mir eigentlich nichts mehr wünschte, als alles zurückzunehmen, was ich gesagt hatte?
Mir blieb wenig Zeit, über diese Fragen nachzugrübeln, geschweige denn eine Antwort zu finden, da die Strecke zu unserem Treffpunkt mit Riley kürzer war, als ich gedacht hatte. Schon bald hatte ich die Abfahrt Portland erreicht und bog auf den fast leeren Parkplatz einer Gaststätte ein. Riley hockte auf der Motorhaube seines Jeeps und sprang winkend herunter, als er uns sah.
»Findest du das eigentlich okay?«, fragte Paige mich unsicher.
»Was denn?«
In ihrem Blick lag plötzlich ein Hauch von Trauer. »Ich meine, dass ich Zeit mit einem anderen Jungen verbringe. Auch wenn wir nur Freunde sind.« Sie schluckte. »Bin ich treulos und ein schlechter Mensch, weil ich mich darauf freue, Riley zu treffen?«
Sobald ich den Wagen geparkt hatte, beugte ich mich zu ihr und nahm sie in die Arme. »Natürlich bist du kein schlechter Mensch.«
Ich hielt sie immer noch gedrückt, als Riley an die Scheibe klopfte.
»Hallo, meine Süße«, begrüßte er Paige, als sie die Tür öffnete. Er beugte sich vor, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und warf mir ein noch flüchtigeres Lächeln zu, immerhin hatte ich gerade seinem besten Freund den Laufpass gegeben. »Vanessa.«
»Hi«, sagte ich.
Er schaute zu Boden, und Paige sah mich stirnrunzelnd an. Ich starrte an beiden vorbei und war gleichzeitig erleichtert und enttäuscht, dass niemand sonst aus dem Jeep stieg.
»Habt eine schöne Fahrt!«, wünschte ich mit künstlicher Fröhlichkeit. »Paige, wir sehen uns dann heute Abend in Winter Harbor.«
Ihre Miene wurde besorgt, aber sie nahm ihr Gepäck und stieg aus. »Bemüh dich, nicht schneller als der Schall zu fahren, okay?«
»Versprochen.«
Ich schaute ihnen nach, als sie über den Parkplatz gingen. Er griff beiläufig nach ihrer Hand, und sie versteifte sich und warf mir einen unsicheren Blick über die Schulter zu. Ich winkte zum Abschied, damit sie sich wieder umdrehte. Dann fuhr ich so schnell wie möglich los, um die unangenehme Situation nicht in die Länge zu ziehen.
Es war schließlich nicht ihre Schuld, dass Simon mich hasste, sondern ganz allein meine.
Das Thermometer des uralten Volvo zeigte sechzehn Grad an, was bedeutete, dass es draußen in Wirklichkeit noch zehn Grad kälter war, aber trotzdem kurbelte ich das Fenster herunter und stellte die Lüftung an. Je länger ich fuhr, desto heißer wurde mir, bis mir der Schweiß den Nacken hinunterlief und meine Kleidung am Körper klebte. Trotzdem hielt ich nicht an, um mir neue Wasserflaschen zu kaufen. Wenn ich erst einmal die Straße nach Winter Harbor verließ, würde ich nämlich schnurstracks wenden und Richtung Westen zum Bates College fahren.
Normalerweise hätte die Strecke drei Stunden gedauert, aber ich brauchte nur zwei. Mit Höchstgeschwindigkeit bretterte ich am Ortsschild von Winter Harbor vorbei, das die Form eines Segelbootes hatte, brauste die Hauptstraße entlang und wurde erst langsamer, als ich den Parkplatz von Bettys Fischerhaus vor mir sah.
Kaum hatte ich den Wagen abgestellt, griff ich nach meinem Handy. Mir wurde das Herz schwer, als ich feststellte, dass noch immer keine neue Nachricht gekommen war.
Bestimmt hasst Du mich jetzt. Dazu hast Du jeden Grund.
Sobald ich die Worte getippt hatte, löschte ich sie auch schon wieder.
Tut mir leid, dass ich mich nicht früher gemeldet habe.
Auch diese Nachricht fiel der Löschtaste zum Opfer. Ich starrte auf das leere Display. Nach unserem letzten Gespräch – das damit geendet hatte, dass ich aus der Kaffeebohne gerannt war, während Simon völlig erschlagen am Tisch gesessen hatte – war es kein Wunder,
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