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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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bitte.« Sie verließ das Zimmer und rief: »Schimek! Schimek!« Durch die Tür mit dem Fliegengitter konnte Michael sehen, wie Schimek hinter den Sträuchern hervorkam, und er hörte, wie Guta etwas vom Abendessen sagte. »Also drei Joghurt und sechs Eier?« fragte Schimek. Guta nickte und kam ins Zimmer zurück.
    »Es ist sowohl gefühllos als auch unverantwortlich, ihn wegzubringen, ohne vorher mit uns zu reden«, sagte sie. »Man muß auch an Fanja denken und aufpassen, daß sie sich nicht aufregt. Ihre Gesundheit ist ...« Sie schwieg, und ihr Gesicht verdüsterte sich.
    »Wie lange sind Sie beide schon hier im Kibbuz?« fragte Michael.
    »Vierzig Jahre«, antwortete Guta, stand auf und ging zur Spüle. Sie füllte den Wasserkessel noch einmal mit frischem Wasser und hantierte mit Tassen herum. »Sie trinken doch Kaffee, ja?«
    Michael murmelte eine höfliche Zustimmung. »Sie sind also nach dem Krieg gekommen«, stellte er fest, und Guta stieß einen zustimmenden Seufzer aus.
    »Warum ausgerechnet hierher?« fragte Michael.
    Sie goß das kochende Wasser in Glastassen, legte Spitzen deckchen auf den Tisch und stellte die Kaffeetassen, Milch und Zucker darauf. Erst dann setzte sie sich wieder. Sie nahm den Zigarettenstummel aus dem Mundwinkel und sagte: »Was für eine Frage. Wir wußten nicht, wohin wir sollten. Es war wegen Srulke, daß wir hierher gekommen sind. Srulke ist der Chawer, der vor einem Monat gestorben ist.«
    »Was hatte er damit zu tun?«
    Guta betrachtete ihn forschend. »Wie alt sind Sie?« fragte sie.
    »Vierundvierzig«, antwortete Michael. Er wußte genau, wann eine direkte Antwort nötig war.
    »Dann können Sie es wirklich nicht wissen, besonders weil in der Stadt solche Sachen nicht in der Schule unterrichtet werden. Dort gibt es den ›Tag der Schoah‹, und damit hat es sich. Hier achten wir darauf, daß die Kinder genau wissen, was passiert ist, und welche Rolle Kibbuzmitglieder im Unabhängigkeitskrieg gespielt haben, in der Jüdischen Brigade und bei der Rettungsorganisation, der Bricha .«
    »Die Bricha?« fragte Michael.
    Guta musterte ihn mit zur Seite geneigtem Kopf. Sie fuhr sich mit der braunen Hand durch die kurzgeschnittenen, grauen Haare. »Für Sie hört sich das an wie aus einer Abenteuergeschichte, Sie haben noch nie davon gehört, nicht wahr?« Und nachdem sie sich eine neue Zigarette angesteckt hatte, fragte sie: »Was sind Sie? Sozialarbeiter?«
    Michael bestätigte diese Annahme mit einer vagen Bewegung.
    »Nun, dann sollten Sie so etwas eigentlich wissen«, sagte Guta mit einer Stimme, bei der er sich wie ein kleiner Junge fühlte, der getadelt wird.
    »Was war die Bricha?« fragte er schließlich direkt.
    »Erstens können Sie Bücher darüber lesen, wenn es Sie wirklich interessiert. Hier zum Beispiel ist ein Buch von Avidov.« Sie stand auf, trat mit einem großen Schritt zum Bücherregal, zog einen Band heraus und sagte: »Er war einer der Organisatoren. Die Bricha wurde gemeinsam von der Jewish Agency und dem Joint Distribution Committee geführt. Die gesamte jüdische Bevölkerung Palästinas nahm daran teil, obwohl wir hinterher erfahren haben, daß es zu Kämpfen zwischen den verschiedenen Gruppierungen gekommen ist.«
    »Weshalb?«
    »Die Organisation hat Flüchtlinge ins Land gebracht«, sagte Guta ungeduldig. »Und wie immer ging es nicht nur darum, was für die Flüchtlinge gut war, sondern auch um Macht. Menschen!« sagte sie verächtlich und blies den Rauch ihrer Zigarette zur Seite. »Statt zu arbeiten, wie es notwendig ist, machen sie sich gegenseitig verrückt. Wenn jeder seine Arbeit ordentlich machen würde, sähe die Welt anders aus.«
    »Die Bricha war also eine Gemeinschaftsorganisation von verschiedenen Verbänden«, sagte Michael, um sich die Sache klarer zu machen. »Und Sie sind mit der Bricha ins Land gekommen?«
    Guta ignorierte seine Frage. »Es gab Autoritätskonflikte, Machtkämpfe. Eitan Avidov, Avidovs Sohn, wurde in einem Streit zwischen der Irgun* und der Hagana*, bei dem es um Aktivitäten der Bricha in Italien ging, getötet.«
    »Getötet? Deswegen?« fragte Michael erschrocken.
    Guta gab keine Antwort, und Michael dachte an Juwal, der in den Gassen Bethlehems herumlief, wo die Intifada herrschte.
    »Wir«, sagte Guta plötzlich mit einer anderen Stimme, versunken in eine Welt, zu der er keinen Zugang hatte, »wir waren in Italien, in Mailand, in einem Flüchtlingszentrum, und auch dort sind wir zwischen die Stühle gefallen. Das

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