Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
Vom Netzwerk:
gebeten: »Entschuldige einen Moment« und gehört, was Michael wollte, dann hatte er laut dessen Bitte wiederholt, seinen Paß herzubringen.
    »Ich weiß nicht, wofür«, hatte Michael ihn laut und trotzig sagen hören, sehr laut, damit es Michael nicht entging. »Sie wollen es so ... Du weißt es«, betonte er, »sie nicht. Warum sollten sie?« Es waren noch mehr Worte gefallen, der Name Irit war gefallen, bei der man darauf achten sollte, auf welche Weise sie davon erfuhr.
    »Wer ist Irit?« hatte Michael gefragt, als Isi Maschiach aufgelegt hatte und seine Hand über den Tasten schwebte, als plane er ein weiteres Gespräch. »Meine Tochter«, hatte Isi Maschiach gesagt und die Arme verschränkt, als demonstriere er die Geduld, mit der er tatenlos auf seine ExFrau und den Paß warten würde.
    Jetzt sah Michael unauffällig die kleine, schlanke Frau an, die zuerst ihn und dann Balilati fixierte. Sie hatte kleine Schlitzaugen, schräg und braun, in einem faltigen Rahmen mühsam geöffneter Lider, um die sich ein dünnes Netz von Falten drängte. Ihre Wangen waren mit feinen Falten und Sommersprossen übersät. Winzige Sommersprossen bedeck ten auch die kleine Nase. Alles an ihr war klein und zerfurcht. Nur die Mundgegend war faltenfrei. Ihre kurzen Haare, hellbraun mit grauen Strähnen, waren kraus. Ihre Hände, zerknittert und mit braungelblichen Pigmentflecken bedeckt, lagen auf der Metallplatte des Bürotisches. Und ihre kurzen, dünnen Finger mit flachen, farblosen Fingernägeln hämmerten darauf herum, als wäre die Tischplatte eine Tastatur.
    Als er noch neben Balilati in der Tür gestanden hatte, hatte er gesehen, wie sie langsam ihre Hand von Isis Hand zog und sie vorsichtig auf den Tisch legte. Dort begannen ihre Finger, der Fingernagel des Daumens war blau, als hätte er einen Schlag erhalten, zu trommeln, als Michael vor ihr Platz nahm. Sie zeigte auf einen kleinen, braunen Umschlag, der vor ihr lag. »Sein Paß, Sie haben darum gebeten«, sagte sie und sah beide mit offener Neugier an. Für einen Moment flackerte Kritik in den braunen Schlitzaugen auf. Ihre Hand rieb ihre Stirn, als wollte sie irgendeinen unsichtbaren Fleck entfernen.
    »Frau Maschiach«, sagte Balilati, und sie hörte auf, sich die Stirn zu reiben. »Wir müssen auch mit Ihnen reden.«
    »Natürlich müssen Sie das«, sagte sie mit einer jungen, klaren Stimme. »Ich habe es mir schon gedacht«, sagte sie wieder, diesmal zornig, und biß auf ihre Lippen. Dann lockerte sie den Mund: »Aber Sie werden mich entschuldigen müssen, wenn ich nicht konzentriert bin«, fügte sie hinzu und sah in Michaels Augen. »Denn Sie müssen wissen, daß ich in der Badewanne ausgerutscht bin und mir wehgetan habe. Ich habe schreckliche Kopfschmerzen, die schon in der Nacht eingesetzt haben.« Sie zeigte auf ihre Stirn. »Ich verstehe nicht, wieso ich keine Beule bekomme«, murmelte sie. »Und dann diese Nachricht über Gabi ...« Sie wurde still, legte ihre Handflächen auf den Tisch, sah Balilati an und wartete.
    Nur ein langer Seufzer von Isi war im Raum zu hören. Für ein paar Sekunden war es der einzige Laut. Sie schaute um sich, als warte sie. »Sie wollten mit mir reden?« sagte sie energisch und zugleich ungeduldig. Plötzlich klang ihre Stimme vertraut. Wie eine Stimme, die er vor nicht allzu lan ger Zeit in einem völlig anderen Zusammenhang gehört hatte. Das Gefühl wurde stärker, als sie jetzt ein langgezogenes, ungeduldiges »Ja« sagte. Balilati fing an. Er zog von einem der Metallregale einen Stapel Formulare. Michael kannte diese Technik und brachte sie häufig zum Einsatz. Balilati setzte sich langsam, zog einen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche und begann Einzelheiten über ihre Identität zu erfragen. Mit großer Geduld gab sie ihren Na men, ihre Anschrift und ihren Beruf an. Er hörte sie »Sozial arbeiterin« sagen, und in seinem Kopf begann es zu läu ten. Er hatte jetzt einen deutlichen Verdacht, woher er ihre Stimme kannte. Balilati fragte mit untypischer Förmlich keit, wie es seine Art war, wenn er unsicher wurde, nach ihrem Arbeitsplatz. Sie lächelte freundlich, als sie sagte: »Ich leite die Fürsorge beim Jugendamt.«
    Balilatis feiste und ruhige Hand lag auf dem gedruckten Formular. Das Zimmer drehte sich plötzlich. Balilati sah ihn nicht einmal aus den Augenwinkeln an. Daß er den Blickkontakt vermied, verriet ihn. Michael fand es schwer, sich zu konzentrieren und sich daran zu erinnern, was er selbst über die

Weitere Kostenlose Bücher