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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Krankenschwester (ein Polizist sei schon dort, hatte sie behauptet. Wir müssen an all unsere Kranken denken und nicht nur an Ihre Interessen), erlaubte man ihm, mit Herzl zu sprechen.
    Wieder saß er sehr nah bei jemandem, der unter schwerem Einfluß von Medikamenten stand und dessen Augen geschlossen waren und der sich weigerte zu kooperieren. Nachdem er mit allgemeinen Fragen nicht weiterkam, beschloß er, die Richtung zu ändern und ohne Umschweife die Hauptsache anzusprechen. Er berührte den knochigen Arm, und Herzl beeilte sich, die Augen zu öffnen. Bevor es ihm gelang, die Hand zurückzuziehen, fragte Michael: »Wer hat diese Noten gebracht?« Herzl riß seinen zahnlosen Mund auf, befühlte die weißen Haarbüschel, die von der Kopfhaut abstanden, und seine Augen hatten etwas sehr Klares. Er sah sich um, stellte fest, daß keiner außer ihnen im Zimmer war, setzte sich auf das Bett und sah Michael an. »Haben Sie eine Zigarette?« fragte er unvermittelt, und Michael beeilte sich, ihm eine Zigarette anzubieten, beugte sich vor und zündete sie an, zündete sich auch eine an, atmete den Rauch ein und fragte erneut: »Wer hat die Noten gebracht?«
    »Sie sind von der Polizei, nicht wahr?« stellte Herzl, fest. »Ich bin von der Polizei«, stimmte Michael zu. »Und wer hat die Noten gebracht?«
    »Sie wissen nicht einmal, was diese Noten sind«, murmelte Herzl mißtrauisch und abfällig.
    »Sie werden es mir sagen«, sagte Michael freundlich und reichte ihm einen kleinen Plastikbecher, um die Asche darin abzustreifen.
    »Man darf hier nicht rauchen«, beklagte sich Herzl, und im gleichen Atemzug fügte er eilig hinzu: »Felix wollte sie für Gabi. Er sagte, Gabi hat sie verdient. Damit wird er die Anerkennung bekommen, die ihm gebührt.«
    »Hat er sie aus den Niederlanden mitgebracht?«
    Herzl schüttelte den Kopf. »Nicht Felix hat sie gebracht, ich, ich habe sie gebracht. Felix konnte nicht fahren wegen Nita. Sie war gerade niedergekommen. Er ist erst später selber hingefahren. Um die Authentizität zu bestätigen. Aber als das erste Telefonat kam, bin ich losgefahren. Felix hat mich hingeschickt. Nur mich. Felix und ich«, Herzl kreuzte die Finger, »so waren wir. Ich habe ihn verstanden. Später hat er einen Fehler gemacht.« Herzl schüttelte staunend den Kopf. »Er hat so einen großen Fehler gemacht.«
    Eine ganze Weile lauschte Michael dem verworrenen Gespräch, dem Abdriften von der Hauptsache, den detailgenauen Beschreibungen, den Assoziationen und den Sprüngen in die Vergangenheit, bis er genau den Anlaß des Streites verstand. (»Ich habe ihm gesagt, warum Gabi und nicht Theo? Warum erzählst du es nicht Theo? Er hat es genauso verdient. Er war sehr zornig. Und wie zornig er war, denn ich habe ihm gesagt, wenn er es Gabi sagt, sage ich es vorher Theo. Aber ich war auch sehr böse. Am Ende wollte ich nicht mehr mit ihm sprechen. Deswegen haben wir das Geschäft geschlossen. Und später – später war er tot«, be merkte er beinahe verwundert.) Herzls Redeschwall ent hielt auch eine sehr ausführliche Beschreibung der Stadt Delft, der großen Kirche und des Kindheitsfreundes von Felix, eines Antiquars, sowie Ausführungen zu der antiken Kirchenorgel, die dieser auf Anweisung von Felix kaufte, der sie restaurieren wollte. Herzl erzählte, wie der Händler die Orgel auseinandergenommen hatte, von der doppelten Holzschicht, den Noten.
    »In der Orgel? Waren die Noten in der Orgel?« fragte Michael sachlich und hielt seine zitternde Hand fest.
    »Er begriff sofort, daß das eine Sache für einen Experten war. Man sieht es am Papier, das mit einer Schnur gebun den ist. Man sieht es auf der Stelle. Aber was es war – das wußte er nicht. Er kennt sich nur mit den Möbeln aus«, erklärte Herzl. »Darum hat er Felix angerufen. Felix konnte nicht fahren. Wir wußten auch nicht, wie sehr, wie sehr ...«
    »Wie heißt der Holländer?«
    »Namen nenne ich nicht«, bestimmte Herzt. »Sie ge hören nicht zur Familie«, erklärte er freundlich. »Keine Namen.«
    »Wußte Nita davon?«
    »Nita haben wir nichts erzählt? Wozu?«
    »Sie haben Gabi umgebracht, damit diese Noten Theo gehören«, versuchte es Michael in der großen Hoffnung, daß der Satz Herzt erschütterte und ihn dazu verleitete, noch weitere Details preiszugeben.
    Herzt sah ihn erstaunt an, als wäre er der Verrückte. »Ich?« rief er erstaunt. Er sah ihn beinahe mitleidig an und wiederholte: »Ich? Warum denn das? Ich bin nicht für das Töten.

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