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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Schluß damit, daß ihr mich ausschließt. Ich will wissen, was vorgeht! Ohne Ausnahme! Alles, was ihr wißt, will ich auch wissen. Nehmt es endlich zur Kenntnis, ich bin achtunddreißig Jahre alt.«
    »Letztes Jahr«, sagte Theo vorsichtig, »warst du nicht ansprechbar.«
    »Ihr habt es gar nicht versucht!« behauptete sie. »Du bist nicht hergekommen, um mir zu sagen, daß du von einem Wagner-Festival in Jerusalem träumst. Bist du völlig übergeschnappt?!« fragte sie plötzlich, als ob sie verstand, was sie da gesagt hatte. »Über so etwas hast du mit Vater gesprochen?! Nach der Sache mit Yehudi Menuhin und dem ganzen Drumherum?!«
    »Schon wieder Menuhin?!« bäumte Theo sich auf. »Niemand hat ihm die Hand gebrochen«, sagte er erschöpft. »Es ist nichts weiter als einer dieser Mythen derer, die mit Vorliebe ihre Loyalität zu Ideologien unter Beweis stellen.«
    »Ich habe euch gefragt, warum keiner Herzl Bescheid sagt?«
    »Du hast doch gehört, was wir dem Polizisten in der Nacht gesagt haben. Herzl ist nirgends aufzutreiben. Ich suche ihn schon seit zwei Monaten ...«, sagte Gabriel.
    »Was soll das heißen, er ist nirgends aufzutreiben?!« fuhr sie ihn an. »Ist er vom Erdboden verschluckt worden? Er kann doch nicht im Ausland sein. Er haßt es zu verreisen. Und er ist auch nicht tot, denn das hätten wir erfahren ... Es ist ausgeschlossen, daß er nach all diesen Jahren nichts von Vaters Tod erfährt und nicht an seinem Begräbnis teil nimmt. Ich sage euch noch einmal, es wird ein Begräbnis ge ben!«
    »Wenn du willst, daß ich Spiegel anrufe, um herauszufinden, ob wir legale Mittel haben ...« Es läutete an der Tür, und Gabriel wurde still.
    »Sind das schon die Journalisten?« erschrak Theo. »Überfallen uns jetzt die Paparazzi?«
    »Wie kommst du auf Journalisten?« winkte Gabriel ab. »Keiner weiß, daß wir hier sind. Das war doch der Grund, weshalb wir mitgekommen sind. Nita steht nicht im Rampenlicht wie du. Nicht mal wie ich.« Wieder läutete die Klingel.
    »Meinst du, sie wissen es schon?« fragte Theo mit unverändert erschrockenem Tonfall.
    »Was geht mich das an. Hierher kommen sie nicht. Und wenn doch, werden wir nicht mit ihnen reden. Sie können uns nicht dazu zwingen. Nicht einmal von dir erwartet man, daß du in solch einer Situation kooperierst und freundlich bist«, fügte Gabriel verbittert hinzu.
    Michael sah Nita an. Sie warf ihm einen flehenden Blick zurück. Er öffnete der Kinderfrau die Tür und schaute in ihr breites Gesicht, das unter dem Tuch strahlte, als sie sich verlegen umsah; zusammen mit ihr sah er das Bild, das sich im Zimmer bot. Nita saß in der Ecke des kleinen Sofas, Gabriel im Korbsessel. Auf dem schwarzen Satinband auf Theos Hosennaht, der in der Mitte des Zimmers stehengeblieben war, ruhte ein Sonnenstrahl. Michael ging mit der Kinderfrau ins Kinderzimmer und erzählte ihr, was vorge fallen war. Er sah die bestürzte Verwirrung, die sich auf ihre Züge legte, und ihre rauhen Finger, die sie unter das Tuch steckte. Er wartete, bis sie seufzte und sagte: »Die Ärmste, die Ärmste, die Ärmste.« Unbeteiligt sah er sie an, als sie sich über die Augen fuhr, von denen er wußte, daß sie gewöhnlich brannten und ihr zusetzten. Sie war eine einfache Frau, und ihr Gesicht leuchtete, wenn sie ein Baby auf dem Arm hielt. Auch jetzt, als sie sich über die Wiege beugte und die Kleine ansah, murmelten ihre Lippen undeutliche Silben, die ihn an die Segnungen und Beschwörungen seiner Großmutter erinnerten, und eine leichte Röte färbte erneut ihre Wangen. Sie stützte ihre Arme auf das Gitter von Idos Bettchen, und ihre goldenen Armreifen klirrten. Ido schlug die Augen auf. Er streckte die Arme aus, und sofort nahm sie ihn hoch, drückte ihn fest an ihre breite Brust, legte ihre Wange an seine, und ihr Gesicht strahlte erneut. Schließlich bat Michael sie, länger zu blei ben und Ido zu einem langen Spaziergang mitzunehmen. Sie nickte bereitwillig und murmelte: »Die Ärmste, der arme Kleine.«
    »Natürlich werden wir Ihnen beistehen«, sagte sie und legte Ido auf die Wickelkommode. »Und die Kleine? « fragte sie, als sie über Ido stand, der strampelte und sich umzudrehen versuchte. Ihre rote breite Handfläche lag auf Idos Bauch. »Was soll ich mit der Kleinen machen?«
    Das Telefon läutete ein paarmal. Nita rief nach Michael. »Stimmt es?« fragte Zila von der anderen Seite der Leitung. »Ich habe es in den Nachrichten gehört. Nita hat es bestätigt. Es

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