Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
Ende.«
»Was ist mit dem Bericht über das Begräbnis von Kahane und die Gewalttätigkeit?«, rief der Korrespondent für Parteiangelegenheiten von seinem Platz am Tisch aus, schob sein Häkelkäppchen aus der Schädelmitte und musterte penibel einen kleinen Kamm, den er aus der hinteren Hosentasche gezogen hatte. »Ich seh nicht, wo das ist, unser Leben ist herrenloses Gut und niemand …«
»Schau gefälligst noch mal nach«, donnerte Chefez, »könnt ihr schon nicht mehr lesen? Sieh unter Punkt dreizehn nach, siehst du, dass da steht ›Glaubwürdigkeit und Politik‹? Steht es da? Schön, das beinhaltet Drohung gegen Fernsehen und Fotografieren berittener Polizei hinter dem Baum versteckt, wir haben heute früh darüber gesprochen, hast du’s nicht gehört?«
»Aber sag mir mal, wieso ist das, dass sich der Sicherheitsminister, Itzchak Mordechai, mit Offizieren zum Thema zweiter Schritt trifft, völlig draußen?«, fragte Zohar, der Militärberichterstatter, wütend, und schneuzte sich geräuschvoll seine spitze Nase. »Stunden hab ich damit verbracht und nicht mal …« Er knallte ein Bündel Papiere vor sich auf den Tisch und blickte sich um, aber kein Mensch gab ihm eine Antwort. »Man reagiert nicht mal mehr«, sagte er bitter, »ihr hättet dem wenigstens eine halbe Minute geben können, seit dem Morgengrauen erfrier ich im Tunnel und danach in der Überschwemmung im Süden, renne hinter … und niemand macht auch nur …«
»Was ist mit dem Minenunglück in Russland?«, rief eine aus einem der abgeteilten Büros und näherte sich dem Eingang, die Hände auf ihren großen Bauch gelegt. »Ist das noch relevant?« Niemand antwortete ihr. »Niva, Bergwerke in Russland, was soll ich damit machen?«
»Behalt’s mal, vielleicht für die Nachtausgabe«, erwiderte Niva zerstreut, während sie in den Papieren blätterte, die der Drucker ausgespuckt hatte.
»Und das Nazigold, was ist mit dem Gold der Nazis?«, fragte die Frau und trat zu Chefez. Aus der Nähe konnte man große braune Schwangerschaftsflecken auf ihrer Stirn sehen. »Für wann hast du das geplant?«
»Lass es fürs Wochenjournal, das wird am Freitag noch relevant sein«, versicherte Eres, »zum Nazigold braucht man eine Bildinfo, aber ohne Sound, hebt es auf.«
»Was aufheben, wie«, beschwerte sich die Frau, »bis Freitag krieg ich euch hier noch das Kind!«
»Lass es bei Raphael«, ordnete Chefez an, »alle Berichte in Sachen Auswärtiges sind ohnehin bei ihm, er ist dein Ersatzredakteur für Auslandsnachrichten, oder?«
»Raphael«, rief die schwangere Frau und sackte mit einem geräuschvollen Prusten auf einen Stuhl am Rand, »man braucht dich hier, komm mal her.«
Michael betrachtete den bebrillten jungen Mann mit dem klugen Blick, der im Alter seines Sohnes zu sein schien, dem Chefez nun auf die Schulter klopfte und sagte: »Hör zu, Raphael, es gibt zwei amerikanische Geschichten, bei denen ich mich freuen würde, wenn du das Voice-over dafür machen würdest – eine über die Schießerei in einem College in irgendeiner Kleinstadt dort, das ist die mit den zwei Halbwüchsigen, die in der Schule welche erschossen haben … wo war das genau?«
»In Colorado«, erwiderte Raphael mit netter Stimme und zog seine buschigen, über der Nasenwurzel zusammenhängenden Augenbrauen zusammen, »Littletown heißt die Stadt, das ist bei Denver, und die Schule heißt Columbine.«
»Genau das«, nickte Chefez, als sei er mit all diesen Einzelheiten vertraut, »und es gibt noch eine Geschichte, hab ich aus dem Internet, über einen neuen medizinischen Virus, der ›Monkey Fox‹ heißt, der uns zu vernichten droht, hast du davon auch gehört?«
Raphael bejahte und fügte hinzu: »Es gibt auch gar nicht so üble Bilder aus Australien über den Brand.«
»Nicht nötig heute«, wehrte Chefez ab, »Australien fehlt uns heute nicht mehr.« Er wandte sich an Eres: »Wie ich verstanden habe, gibt es heute keinen Wallstreet-Bericht, weil wir Fullstreet haben, willst du also, dass dir Raphael das Voice-over von der Schule in Colorado macht oder nicht?«
»Was ist mit diesem Virus?«, erkundigte sich Eres bei Raphael.
»Er kommt von Affen«, erwiderte der junge Mann und rückte seine Brille zurecht, »etwas, das sich von Affen auf Menschen überträgt, irgendeine Krankheit.«
»Wie wird er übertragen?«
»Durch Sex«, antwortete Raphael.
»Auch durch Sex?!«, rief Chefez und blickte Niva an, die an beide Ohren einen Telefonhörer geklemmt hielt und
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