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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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geben, sie zu finden. Blind Michael muss fair spielen.«
    »Warum?« Quentin runzelte die Stirn. »Wer sollte ihn zwingen?«
    »Die Regeln. Es ist ein Kinderspiel, und die sind immer fair – sonst würde der Sieg nicht zählen.« Ich drehte die Kerze wieder. »Es muss einen Weg geben.«
    »Oh.« Er seufzte. »Ich hasse dich nicht wirklich.«
    »Ich weiß.« Grübelnd starrte ich in die Kerze. Das Spiel war fair. Das Spiel musste fair sein. »Warte mal.«
    »Was?«
    Ich schüttelte den Kopf und hielt die Kerze hoch. Die Luidaeg hatte mein Blut benutzt, um sie zu erschaffen, und sie sang für mich. Mehr und mehr hatte ich herausgefunden, dass der größte Teil meiner Kraft in meinem Blut lag – es musste einen Weg geben, das zu nutzen. Alles in Blind Michaels Landen schien auf abseitiger, kindlicher Logik zu beruhen, auf Knittelversen und Abzählreimen. Wenn die Verse bestimmten, dass ich hin und zurück mit der Kerze Licht kam, dann kam ich das auch, solange es die richtige Kerze war. Das war der einzige Hinweis, den ich hatte. Ich konnte genauso gut versuchen, ihm zu folgen.
    »Wie viele Meilen nach Babylon? Der Kinder Spur wir verloren«, begann ich zu singen und ignorierte Quentins spöttischen Blick. »Könn’ wir hin und zurück mit der Kerze Licht? … « Ich blieb hängen und fluchte innerlich. Stegreifgedichte waren nicht gerade meine Stärke.
    »Und entkommen ungeschoren?«, vervollständigte Quentin den Reim und legte seine Hand auf meine. Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu, da wechselte die Flamme unvermittelt vom Blau zu einem heißen Bernsteingold.
    Das war nicht die einzige Veränderung. Rinnsale aus Wachs liefen an den Seiten herab und riffelten die bisher völlig glatte Oberfläche. Es war kein echtes Blut zu sehen, und doch spürte ich das prickelnde Brennen von Blutmagie um mich herum. »Das ist unser Stichwort«, sagte ich und stand auf. »Komm mit.«
    »Wo gehen wir hin?«
    »Wenn das klappt, zu den Kindern.« Und wenn nicht , fügte ich im Stillen hinzu, direkt ins Verderben.
    Die Flamme wurde heller, als wir von Ruine zu Ruine rannten. Wir mussten schneller sein als das schmelzende Wachs und etwaige unsichtbare Verfolger. Die Flamme schrumpfte, wann immer wir falsch abbogen, sie führte uns und verbrauchte eine erschreckende Menge Wachs dabei. Wir rannten, bis ich nicht mehr weiterkonnte. Ich wollte gerade das Tempo drosseln, als die Flamme auf einmal flackerte und wieder blau wurde. Ich blieb abrupt stehen, aber Quentin bremste nicht ganz so schnell und rannte mich fast über den Haufen. »Hey!«, protestierte ich. »Denk dran, du bist größer als ich!«
    »Entschuldige«, sagte er und richtete sich auf. »Warum bleibst du stehen?«
    »Ich glaube, wir sind da.« Ich wies auf die nächste Tür. Sie war aus rohem Holz, hing in einem grob zusammengehauenen Rahmen, und die Mauer drum herum schien in einem besseren Zustand als die der meisten Gemäuer. Das Wachs schmolz nicht mehr weiter. Ich nahm das als gutes Zeichen.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Wir brechen ein. Hier, halt das.« Ich gab ihm die Kerze und drehte mich um, um die Tür zu untersuchen. Spaßeshalber versuchte ich die Klinke. Es war abgeschlossen. Ich hatte nichts anderes erwartet. Ich zog mein Messer und schob es ins Schlüsselloch, bis es nach einigem Drehen nicht tiefer hineinging.
    »Was machst du da?«, fragte Quentin.
    »Wart’s ab.« Devin hat mir viele Dinge beigebracht, darunter auch das Öffnen verschlossener Türen. Er nannte mich einen seiner besten Schüler. Ich rüttelte noch ein wenig am Messer, bis ich es da hatte, wo ich es haben wollte, dann schlug ich mit dem Handballen gegen den Griff. Das Schloss gab nach, und die Tür ließ sich leicht aufstoßen.
    Quentin starrte mich offenen Mundes an. Ich stand auf, schob das Messer wieder in meinen Gürtel und nahm die Kerze zurück. »Eine der vielen Fähigkeiten, die man in einer gründlich vergeudeten Jugend lernt«, sagte ich und trat ein.
    Der Raum war dunkel, quadratisch und voll mit raschelnden Geräuschen und kleinen zusammengekauerten Schemen, die aussahen, als versuchten sie in die Wände zu kriechen. Ich hielt die Kerze hoch, um mehr zu erkennen. Aus dem Hintergrund des Raumes fragte eine zaghafte Stimme: »Toby? Bist du das?«
    Oh, Maeve sei Dank, wir waren am richtigen Ort. »Raj?«, rief ich leise zurück. »Komm her, Kleiner. Ich bin’s.«
    Die Schatten raschelten wieder und wurden zu Kindern. Sie klammerten sich aneinander, sichtlich verängstigt, und

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