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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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verhandelt hatte, dann sicher waren. Ich mochte nicht darüber nachdenken, was das für die anderen bedeutete – , aber er hatte keineswegs zugesagt, uns innerhalb seiner Grenzen in Ruhe zu lassen.
    »Bleibst du für immer bei uns? Können wir jetzt nach Hause?«
    »Ich bleibe bei euch.« Über Jessicas Kopf hinweg beobachtete ich, wie Quentin Katie die letzten Meter geleitete.
    Katie war auf unserem Gang in angespanntes Schweigen verfallen und hatte sich von Quentin nicht nur führen, sondern auch stützen lassen. Der Bann, der ihre Sicht trübte, hielt nur begrenzter Belastung stand, und er würde länger halten, wenn sie sich vor dem verschloss, was wirklich vorging. Kluges Mädchen. Ich fragte mich, ob Quentin bewusst war, dass sie einen Schuh verloren hatte, und falls ja, ob ihm klar war, woran das lag: Ihre Füße wurden zusehends breiter und dunkler, die Verwandlung in Hufe war bereits weit fortgeschritten. Die Veränderungen gingen also weiter. Zwar langsam, aber unerbittlich.
    »Na, komm«, sagte ich und verschob Jessica an meine Seite. »Wir müssen wieder zu den anderen.«
    »Und dann gehen wir nach Hause?«, flüsterte sie.
    »Ja, Schätzchen. Dann gehen wir nach Hause.« Ich setzte mich in Bewegung und hielt auf die Stelle zu, wo wir die anderen Kinder gelassen hatten. Die Worte »nach Hause« schienen Jessica etwas von ihrem alten Selbstvertrauen zurückzugeben, denn nach ein paar Schritten ließ sie mich los, eilte voraus und verschwand zwischen den Bäumen.
    Raj und die anderen waren in unserer Abwesenheit höchst umtriebig gewesen. Fünf der älteren Kinder verzurrten Bündel aus eingesammeltem Reisig, um Helens Schlepptrage fertigzustellen, und hoch in den Bäumen waren Wachen postiert, von unten durch das Blattwerk nahezu unsichtbar. Ich lächelte schwach. »Wenn schnell gute Guerillataktik gefragt ist, kann man sich auf einen Cait Sidhe immer getrost verlassen«, bemerkte ich.
    »Was?«, fragte Raj, der urplötzlich auftauchte, wobei es nach Pfeffer und brennendem Papier roch.
    Quentin fuhr zusammen und brachte beinahe Katie zu Fall. Ich schüttelte nur den Kopf. Jahrelang von Tybalt gepiesackt zu werden hatte auch Vorteile: Wenn es um Cait Sidhe ging, war ich nicht mehr so leicht aus der Fassung zu bringen wie früher.
    »Ich meinte nur, dass du hier offenbar alles ziemlich gut geregelt hast.« Ich sah mich etwas eingehender um. Die meisten Kinder, die Raj nicht zur Wache eingeteilt oder mit dem Bau der Trage beschäftigt hatte, schliefen aneinandergekuschelt auf Kissen aus Blattwerk. Die paar, die wach waren, aber nichts zu tun hatten, saßen um Helen herum und lauschten gebannt. Ihren Handbewegungen nach zu schließen erzählte sie ihnen eine Geschichte, und für einen Augenblick beneidete ich sie beinahe. Die Fragen von Leben und Tod lasteten nicht auf ihren Schultern. Sie kümmerte sich um die Kleinen und überließ das Heldentum Raj – und mir. Wir Glückspilze.
    »Handeln ist leichter als Nichtstun«, sagte Raj und legte ein Ohr an. Dann wandte er sich um, betrachtete Quentin und Katie und runzelte die Stirn. »Ist das deine Freundin?«, fragte er.
    Quentin nickte. »Dies ist Katie.«
    »Habt ihr nicht gesagt, sie sei ein – «
    »Das reicht jetzt«, sagte ich schnell. Der Bann, mit dem ich Katie belegt hatte, verhinderte, dass sie merkte, wie ihr Körper sich verwandelte – angesichts dessen, was die Luidaeg mit mir angestellt hatte, eine ironische Pointe, die mir durchaus nicht entging – , aber er würde kaum standhalten, wenn jemand in Hörweite unverblümt ihre Menschlichkeit bezweifelte. »Raj, ist die Trage fertig?«
    »Fast«, sagte er und sah verwirrt aus.
    »Gut.« Andrew erhob sich aus der Gruppe um Helen, als er meine Stimme hörte, und kam herüber, um sich an meinen Pulloverzipfel zu hängen. Ich seufzte, richtete mich auf und legte meinen Arm um ihn. Ich musste wohl oder übel der Held sein, sie hatten keinen anderen zur Auswahl. »Quentin, Raj, lasst Katie bei mir und trommelt die anderen zusammen. Wir müssen weiter.«
    Helen sah auf und machte große Augen. »Aber wir können nicht weiter. Alle sind total erschöpft!«, protestierte sie.
    »Wenn wir nicht in die Gänge kommen, riskieren wir, eingefangen zu werden. Wenn jemand hier zurückbleiben will, meinetwegen, aber wir müssen jetzt los.« Das klang nicht freundlich, aber das war mir egal. Ich konnte nicht das Wohl aller aufs Spiel setzen, nur weil einige nicht weiterwollten. Es würde mich umbringen, Einzelne

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