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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Sie drehte nicht am Lenkrad, sondern warf sich darauf, als müsste sie Schlangen bändigen und nicht einen Wagen steuern. Ein paar von den Kindern erholten sich so weit, dass sie es wie eine Achterbahnfahrt nehmen konnten, sie quietschten und jauchzten, wenn wir um die Kurven schlingerten und Stoppschilder überfuhren. Ich presste bloß beide Augen zu und wartete auf den unvermeidlichen Zusammenstoß.
    Nach Schattenhügel braucht man vom Wohnort der Luidaeg aus normalerweise mehr als dreißig Minuten, wenn die Strecke frei ist. Ich machte meine Augen nicht auf, bis ich fühlte, wie das Auto überraschend sanft zum Stillstand kam. Und auch da blinzelte ich erst mal nur vorsichtig, erwartete halb, feststellen zu müssen, das wir über einem Abgrund baumelten oder etwas Ähnliches. Stattdessen standen wir auf dem Paso Nogal Parkplatz, und zwar schön abseits aller anderen Wagen.
    May grinste und schaute selbstzufrieden drein. »Wie gewünscht: Schattenhügel.«
    »Herrlich«, sagte ich trocken, kletterte aus dem Wagen und zog den Sitz nach vorn, um die anderen rauszulassen. Quentin und Katie stiegen zuerst aus, der junge Daoine Sidhe stützte seine halb verkrüppelte Freundin mit geradezu schmerzlicher Umsicht. Sie stolperte bei den ersten Schritten, denn ihre Knie knickten in der falschen Richtung ein. Die Verwandlung schritt immer noch weiter voran. Das machte mir Angst. Große Angst.
    Ich trat hinzu und schob meinen Arm unter Katies, um sie aufrecht halten zu helfen. »Sieh nach den Kindern«, sagte ich schärfer zu May, als ich vorhatte. Es war nicht fair, es an ihr auszulassen. Aber das hat mich noch nie abgehalten. »Ich helfe Quentin, Katie reinzubringen.«
    »Das brauchst du nicht«, sagte Quentin. Er klang erschöpft. Schlimmer, er klang verzweifelt. Das konnte ich nicht hinnehmen. Nicht noch mehr Verluste, verdammt. Ich würde niemanden mehr aufgeben.
    »Will ich aber«, sagte ich. Katie lehnte sich schwer auf meinen Arm, ohne etwas von alledem mitzukriegen. Schließlich nickte Quentin, und mit ihr zwischen uns machten wir uns auf den Weg den Hügel hoch. Spike schloss sich uns an und hielt sich dicht neben meinen Füßen, als wir langsam auf die Bäume zuwanderten.

Kapitel 18
    D ie Tür in der Eiche schwang unter meiner Hand auf. Wir betraten die Empfangshalle, Katie baumelte zwischen uns wie eine zerbrochene Puppe. Luna und Sylvester standen gleich hinter der Tür, hatten offensichtlich auf uns gewartet. Irgendwer hatte uns wohl den Hügel hochkommen sehen. Sylvester klappte der Kiefer runter, als wir in sein Gesichtsfeld traten, mit offenem Mund starrte er mich völlig entgeistert an. Nicht so Luna. Sie sah kein bisschen überrascht aus.
    »Toby«, sagte sie nur mit einem traurigen Lächeln.
    »Euer Gnaden.« Ich war erst Quentin behilflich, Katie zu einem Stuhl zu führen, dann drehte ich mich um und ging wieder auf sie zu, die Hände hinter meinem Rücken gefaltet. Spike ließ sich zirpend zu meinen Füßen nieder. »Ich hab sie zurückgebracht.«
    »Das sehe ich«, sagte sie. »Was hat es dich gekostet?«
    »Genug.«
    Sylvester machte endlich den Mund wieder zu, schluckte schwer und sagte dann: »October? Was ist mit dir passiert?«
    Ich hob den Kopf und zwang mich, ihm direkt in die Augen zu sehen. »Das hat die Luidaeg gemacht, damit ich Blind Michaels Lande auf dem Kinderpfad betreten konnte.«
    »Die Luidaeg!« Zorn funkelte in seinen Augen. Ich wappnete mich und wartete darauf, dass er mich anbrüllte. Stattdessen wandte er sich an Luna. Seine Stimme bebte vor Wut, als er sagte: »Du hast sie zur Luidaeg geschickt.«
    »Das habe ich.« Sie begegnete seinem Blick mit kühler, unerschütterlicher Ruhe. »Du wusstest, dass ich das tun würde. Du wusstest, dass es die einzige Möglichkeit war.«
    »Du hättest doch – «
    »Nein.« Das Wort klang leise, aber bestimmt, und es lag eine absolute Endgültigkeit darin. »Hätte ich nicht.«
    »Das besprechen wir später«, sagte er und sah mich wieder an. »Bist du allein gegangen?«
    Ich brauchte einen Moment, um meine Stimme wiederzufinden, so verblüfft war ich von Sylvesters Zorn auf Luna. Schließlich erwiderte ich: »Ja.«
    »Ich bin ihr gefolgt«, meldete Quentin. Er stand immer noch bei Katie, die Hände auf ihren Schultern.
    Seine Worte schienen nicht zu Sylvester durchzudringen. Er schüttelte den Kopf, sein Zorn wich spürbarer Erschöpfung. »Ach, Toby, Toby, Toby. Du bist zur Luidaeg gegangen und dann Blind Michael allein entgegengetreten.«

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