Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
Vom Netzwerk:
Unsere Verbundenheit ging über Gesichter hinaus und reichte bis tief in die Knochen.
    Wie viele von euch hat er wohl schon rumgekriegt? , fragte ich mich und schämte mich sofort dafür. Der Vorderzimmerdienst war am härtesten. Man musste wachsam bleiben, ohne aufmerksam zu wirken, und ganz gleich, wie lange man herumsaß, man durfte es nicht wagen einzuschlafen. Ich hatte das gehasst. Man verkörperte eine sichtbare Herausforderung für jeden, der Devin wegen einer echten oder mutmaßlichen Sünde zur Rede stellen wollte, aber man konnte sich weder weigern, noch durfte man gehen, sobald man aufgefordert worden war zu bleiben.
    Diese neuen Jugendlichen hätten ohne Weiteres diejenigen sein können, an die ich mich erinnerte. Die einzige Veränderung bestand in einer Aktualisierung der Mode. Sie alle waren Wechselbälger, und niemand trug auch nur die grundlegendste menschliche Tarnung. Dafür gab es einen durchdachten Grund: Sie zu sehen, sobald man eintrat, legte einem nahe, dass man im Heim so auftrat, wie man war. Die Ränder meines Trugbanns juckten bei dem Gedanken wie ein Mantel, der nicht recht passte. Dennoch würde ich ihn noch nicht ablegen. Nicht, bevor ich Devin gesehen hätte.
    Vier Teenager waren zu sehen, was bedeutete, dass mindestens drei weitere in der Nähe sein mussten, die ich nicht sah. Ein Junge und ein Mädchen, einander zu ähnlich, um etwas anderes als Geschwister zu sein, saßen in der Nähe der Jukebox. Ihre äußerst spitzen Ohren und das glänzende goldene Haar kennzeichnete sie als Sprösslinge der Tylwyth Teg. Ein Mädchen, halb Candela mit hellgrünen Augen, lehnte an der Wand neben der Tür und jonglierte mit trüben Lichtkugeln, und ein Junge mit Igelstacheln statt Haaren kauerte in der Ecke. Von seinen Lippen baumelte eine Nelkenzigarette.
    Alle vier hatten sich mir zugewandt, als ich eintrat, und beobachteten mich, eine neugierige Bande von verlorenen Kindern, die eine in ihr Territorium eingedrungene Erwachsene musterten. Ich mochte früher mal eine von ihnen gewesen sein, doch sie kannten mich nicht. Ausnahmsweise fühlte ich mich durch diesen Beweis meines Entkommens nicht viel besser.
    »Hübsches Kleid«, meinte die Candela. Ein Kichern brach ringsum im Zimmer aus. Ich verharrte und wartete, bis es erstarb.
    Wie ich Devins Kinder kannte, waren sie alle bewaffnet und bereit, beim ersten Anzeichen von Ärger auf mich loszugehen. Das war in Ordnung. Ich war zwar nicht ins Heim gekommen, um einen Kampf anzuzetteln, aber eine kleine Auseinandersetzung würde mich schneller zu Devin bringen. Dem Protokoll zufolge sollte ich mich höflich verhalten: mich vorstellen, freundlich sein, erdulden, was sie mir an Unfug zumuteten, und fragen, ob ich Devin vor dem Ende der Nacht sehen könnte. Vielleicht würden sie es mir sogar gewähren, wenn ich nett genug wäre. Aber ich war müde, und Evening war tot. Ich hatte weder die Zeit noch die Geduld, Nettigkeiten vorzutäuschen.
    Der Bruder des Wechselbalggeschwisterpaars sah wie der Älteste im Raum aus, wenn auch nur um höchstens ein oder zwei Jahre. Somit stellte er meinen Ansprechpartner dar. Ich ging auf die Jugendlichen zu, die mich weiter ansahen. Ihre Mienen verrieten keinerlei Neugier, wer ich war oder was ich hier wollte. Man durfte nie als Erster Interesse an etwas zeigen; Schwächen solcher Art konnten tödlich sein.
    »Ich muss zu Devin«, sagte ich. Aus der Nähe erkannte ich, dass ihre Augen das grelle Neongrün von Granny-Smith-Äpfeln besaßen. Faerie geizt nicht mit den Farben, die es verwendet.
    Der Bruder blinzelte. Offensichtlich hatte er etwas Subtileres erwartet. Gut. Wenn ich ihn damit aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, würde er mir mit größerer Wahrscheinlichkeit geben, was ich wollte. Leider ergriff seine Schwester das Wort und schnippte sich die Strähnen aus den Augen. »Das wird nicht passieren.«
    Ihr Akzent war eine Mischung aus städtischem Spanisch und Punk, die so überzogen wirkte, dass es an eine Parodie grenzte. Jedenfalls ergänzte er hervorragend ihr überfrachtetes Make-up, das an ein Rattennest erinnernde Haar und ein anscheinend permanentes Hohnlächeln. Sie hätte hübsch sein können, wenn sie gewillt gewesen wäre, zehn Kilo zuzulegen und aufzuhören, sich hart zu geben. So jedoch erinnerte sie an eine Mischung aus Twiggys jüngerer Schwester und jeder Innenstadtnutte, die ich jemals gesehen hatte. Sie konnte unmöglich älter als vierzehn sein.
    Natürlich meine ich damit: wenn man sie aus

Weitere Kostenlose Bücher