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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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die
wir lieben, sorgen können und dabei auch ein wenig Spaß haben. Wir halten die Wirtschaft am Laufen, wir kämpfen im Krieg, wenn es sein muss, und wir gründen eine Familie, wenn wir die Chance dazu haben, aber wir sind nicht scharf darauf, unser Bild in der Zeitung zu sehen oder einen Orden zu bekommen. Schon gar nicht hoffen wir darauf, unseren Namen als Antwort auf eine Frage in irgendeiner Quizshow zu hören.
    Wir sind das Wasser im Strom der Zivilisation, und jene unserer Mitbürger, die sich nach Aufmerksamkeit sehnen und, um im Bild zu bleiben, mit dem Boot auf diesem Strom fahren und der bewundernden Menge am Ufer zuwinken … nun, die interessieren uns nicht so sehr, als dass sie uns amüsieren. Wir beneiden sie nicht um ihre Prominenz, denn wir schätzen unsere Anonymität und die Ruhe, die damit verbunden ist.
    Andy Warhol hat einmal gesagt, in der Zukunft werde jeder fünfzehn Minuten lang berühmt sein. Damit war auch gemeint, man werde nach diesem Ruhm gieren. Er hatte Recht, aber nur, was die Sorte Menschen angeht, die er kannte.
    Die Leute jedoch, die auf dem Parkplatz Werbezettel unter Scheibenwischer stecken, wissen, was ihnen die Anonymität bringt. Sie sind so unsichtbar wie der Wind und so gesichtslos wie die Zeit.
    Während ich durch Schatten und Nebel ging und darauf achtete, eher kleinere Straßen zu nehmen, überlegte ich, ob der Kerl mit dem gelben Kinnbart wohl noch mehr Schläger im Team hatte als die drei, die ich schon kannte. Je nachdem, wie es damit stand, suchte man womöglich nicht nur nach mir, sondern auch nach Annamaria.
    Sie hatte meinen Namen gekannt, was hieß, dass sie mehr
über mich wusste. Freiwillig hätte sie mich natürlich nicht ans Messer geliefert, aber der Fleischberg würde sie skrupellos unter Druck setzen, das war klar.
    Ich wollte nicht, dass sie zu Schaden kam, schon gar nicht wegen mir. Daher musste ich sie finden, bevor die anderen das taten.

9
    Über einen schmalen Fahrweg gelangte ich zur Rückseite von Hutch Hutchisons Haus. Ein Tor neben der Garage führte zu einem Durchgang zur Terrasse.
    Auf den Backsteinfliesen standen glasierte Terracottagefäße mit roten und violetten Alpenveilchen. In der nebligen Nacht waren die Blüten allerdings so farblos wie Muschelschalen.
    Ich legte meine eigene Geldbörse und jene, die ich dem Kerl mit der Taschenlampe abgenommen hatte, auf die Glasplatte des schmiedeeisernen Tischchens, das da stand.
    Mühsam zog ich mir die nassen Turnschuhe von den Fü ßen. Dann zog ich Socken und Jeans aus, die mit genügend Sand verkrustet waren, um ein mittleres Stundenglas zu füllen. Mit dem Gartenschlauch wusch ich mir die Füße.
    Dreimal pro Woche kam Mrs. Nicely zum Saubermachen, für die Wäsche und zum Bügeln. Ihr Familienname passte noch besser zu ihr, als mein Vorname zu mir passte, und ich wollte ihr nicht zusätzlich Arbeit machen.
    Die Hintertür war verschlossen. Zwischen den Alpenveilchen in der am nächsten stehenden Schale verwahrte Hutch einen Zweitschlüssel, geschützt von einem Plastikbeutel mit Reißverschluss. Nachdem ich die beiden Geldbörsen eingesammelt hatte, schlüpfte ich ins Haus.
    Warm und einladend empfing mich die Küche, duftend
vom Zimtaroma der Schoko-Kürbiskekse, die ich nachmittags gebacken hatte, und erhellt nur vom goldenen Leuchten der unter den Schrankunterkanten verborgenen Strahler.
    Ich bin zwar kein Theologe, aber es würde mich nicht wundern, wenn sich der Himmel als gemütliche Küche entpuppen würde. Dort würden im Backofen und im Kühlschrank natürlich immer genau die Leckereien auftauchen, die man sich wünscht, und die Schränke wären voll mit guten Büchern.
    Nachdem ich mir auf dem kleinen Teppich die Füße abgetrocknet hatte, nahm ich einen Keks von dem Teller auf der Arbeitsinsel. Dann ging ich auf die Tür zum Flur zu.
    Ich hatte vor, verstohlen wie ein Ninja im Obergeschoss zu verschwinden, mich rasch zu duschen, meine Kopfwunde zu verarzten, falls sie nicht doch genäht werden musste, und frische Sachen anzuziehen.
    Kaum war ich losgegangen, als die Tür vor mir aufschwang. Hutch schaltete die Deckenlampe ein, stelzte in den Raum und sagte: »Gerade habe ich einen mindestens hundert Meter hohen Tsunami gesehen.«
    »Tatsächlich?«, fragte ich. »Gerade eben?«
    »Ja, in einem Film.«
    »Sehr erleichternd, Sir.«
    »Ungewöhnlich schön.«
    »Ach ja?«
    »Nicht die Welle, sondern die Frau.«
    »Welche Frau, Sir?«
    »Téa Leoni. Die hat in dem Film

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