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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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es nur noch ein fernes, kehliges Schnurren war.
    Ich stand ganz auf und sog die feuchte, leicht nach Abgas
riechende Luft ein. Schon nach dem dritten Atemzug konnte ich den Motor nicht mehr hören.
    Die Hafenmeisterei von Magic Beach schien ja eine regelrechte Räuberhöhle zu sein.
    Als ich auf die Lücke in der Hecke zuging, wo der Gartenweg endete, hörte ich aus dem dunklen Haus ein Geräusch. Nicht laut. Das leise Quietschen und Klirren von Metall auf Metall.
    Obwohl erneut ein Gefühl der Gefahr in mir aufstieg, drehte ich mich um und ging den Weg entlang bis zum Fuß der Stufen, die zur Veranda hinaufführten.
    Meine Intuition sagte mir, dass es als Zeichen von Schwäche interpretiert würde, wenn ich so tat, als hätte ich nichts gehört. Schwäche aber forderte einen Angriff geradezu her aus.
    Das leise Geräusch war eine Art Gesang, der zwar metallisch klang, aber auch an das Schrillen eines Insekts erinnerte.
    Wie die Welt ringsum war die Veranda von Nebel und Schatten erfüllt.
    »Wer ist da?«, fragte ich, ohne eine Antwort zu erhalten.
    Als ich die Stufen hinaufstieg, nahm ich rechts von mir eine Bewegung wahr. Das rhythmische, mit dem seltsamen Geräusch synchrone Schaukeln einer großen, kantigen Form - vorwärts, rückwärts - zog mich an.
    Ich fand eine an der Decke aufgehängte Schaukelbank. Das Geräusch stammte von den Ketten, die sich in den Deckenhaken rieben.
    Offenbar hatte hier jemand in der Dunkelheit gesessen und beobachtet, wie ich mich vor dem nahenden Auto versteckt hatte. Geschaukelt hatte er da sicherlich nicht, aber als er aufgestanden war, hatte er die Schaukel ungewollt in Bewegung
gesetzt. Dem momentanen Radius nach zu urteilen, war das erst vor wenigen Sekunden geschehen.
    Ich stand allein auf der Veranda.
    Wenn der Unbekannte die Stufen heruntergekommen wäre, als ich hinaufgegangen war, dann wäre ich natürlich auf ihn gestoßen, und wenn er übers Verandageländer gesprungen wäre, hätte ich ihn gehört.
    Wäre er ins Haus gegangen, hätte die Tür irgendein Geräusch von sich gegeben, egal, wie behutsam sie geöffnet und geschlossen worden wäre.
    Vier Fenster waren zu sehen. Da sich kein Licht darin spiegelte, war das Glas schwarz wie der Himmel am Rand des Universums, wo es keine Sterne mehr gab.
    Ich nahm mir etwas Zeit, angestrengt in jedes Fenster zu spähen. Hätte mich jemand dahinter beobachtet, so hätte ich eine Gestalt gewesen, die sich matt von der Schwärze der lichtlosen Zimmer abhob.
    Die Schaukelbank bewegte sich immer noch.
    Einen Moment dachte ich, ihr Radius habe nicht abgenommen, als würde eine unsichtbare Gestalt darauf sitzen. Doch der metallische Gesang der Ketten war unleugbar leiser geworden, und während ich zusah, kam die Bank allmählich zum Stillstand.
    Ich überlegte, ob ich leise an ein Fenster klopfen sollte, um zu sehen, was das auslöste.
    Stattdessen zog ich mich zur Treppe zurück und stieg hinunter.
    Um mich herum verschmolzen Nebel, Dunkelheit und Stille.
    Auf der Veranda hatte ich das Gefühl gehabt, womöglich in Gesellschaft von irgendjemandem oder irgendetwas zu sein.

    Da ich die zögerlichen Toten sehe, war es mir nie in den Sinn gekommen, es könnte eine Sorte Geister auf der Erde wandeln, die für mich unsichtbar waren.
    Nun dachte ich über diese Möglichkeit nach - und verwarf sie. Gewiss, etwas Seltsames war geschehen, aber mit Geistern war das nicht zu erklären.
    Ich konzentrierte mich wieder auf das Gesicht von Annamaria, während ich das Reich des Schaukelbankphantoms verließ, auf den Gehsteig zurückkehrte und nach Norden ging. Bald spürte ich wieder, wie ich magnetisch angezogen wurde.
    Kein Nachtvogel sang, kein Hund bellte. Kein Lufthauch, keine Eule, keine Katze brachte die Blätter eines Baums zum Rascheln. Ich war zu weit vom Meer entfernt, um dessen Rauschen zu hören.
    Im Gehen blickte ich mich immer wieder um, sah jedoch niemanden, der mich verfolgte. Vielleicht kribbelte mir die Haut im Nacken ja nicht, weil jemand hinter mir her war, sondern weil ich mich dermaßen allein fühlte. Schließlich hatte ich keinen Freund, an den ich mich wenden konnte, als einen achtundachtzigjährigen Schauspieler, der so sehr in sich selbst versunken war, dass er weder das Blut auf meinem Gesicht noch den Eisbeutel in meiner Hand wahrgenommen hatte.

13
    In gewisser Weise hatte der von Hutch vorhergesagte Tsunami tatsächlich die Stadt überrollt - zumindest, wenn man den Nebel als weißen Schatten des dunklen Meeres gelten

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