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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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meisten bedeutete und die ihm bedingungslos vertraute.
    An jenem blutigen Tag war ich nur ein völlig überforderter Grillkoch. Als ich nun fast eineinhalb Jahre später in Magic Beach an einer Bushaltestelle saß, war ich noch immer ein überforderter Grillkoch.
    Mehr denn je sogar.
    Mit Wyatt Porter, dem Polizeichef von Pico Mundo, war ich nicht nur befreundet, er war auch eine meiner Vaterfiguren. Er hatte mir beigebracht, ein Mann zu werden, als sich zeigte, dass mein eigentlicher Vater diesbezüglich nicht viel zu bieten hatte und unfähig war, seinem Sohn den Weg zu weisen. Später hatte ich Chief Porter inoffiziell bei mehreren schwierigen Kriminalfällen unterstützt, und er wusste von meinen paranormalen Fähigkeiten.
    Wenn ich ihn anrief und ihm berichtete, was geschehen war, hätte er mir alles aufs Wort geglaubt. Durch das, was er mit mir erlebt hatte, wusste er, dass meine Geschichten bis ins kleinste Detail stimmten, selbst wenn sie sich noch so unwahrscheinlich anhörten.

    Es war nicht anzunehmen, dass jeder Polizeibeamte in Magic Beach korrupt war. Im Gegenteil, bei der großen Mehrheit handelte es sich wohl um Leute, die gute Arbeit leisteten, selbst wenn sie ihre Fehler hatten. Schon um nicht zu viele Mitwisser zu haben, hatte Hoss Shackett bestimmt nur so viele Verräter um sich gesammelt, wie unbedingt nötig war.
    Leider lebte Wyatt Porter weit von Magic Beach entfernt und kannte niemanden hier. Er hatte also keine Möglichkeit herauszufinden, wer von den Beamten zu den Verschwörern gehörte und wem zu trauen war.
    Natürlich konnte er das FBI kontaktieren und berichten, über den Hafen von Magic Beach sollten Atomwaffen ins Land geschafft werden, aber da er nur ein Kleinstadtpolizist war, würde man ihn nicht ohne weiteres ernst nehmen. Und wenn er gezwungen war, seinen Gewährsmann als einen jungen Freund mit übernatürlichen Fähigkeiten zu identifizieren, dann glaubte man ihm erst recht nicht.
    Außerdem blieben kaum mehr als zwei Stunden, bis die Bomben ausgeladen und in verschiedene Himmelsrichtungen weiterbefördert wurden. Der letzte Akt des Dramas war angebrochen, und ich hatte den Eindruck, dass er bereits ein ziemlich rasantes Tempo aufgenommen hatte.
    Nach einer Weile nahm ich ein feines, kontinuierliches Rauschen wahr. Es hörte sich an wie ein dünner Wasserlauf, der über eine fein strukturierte Oberfläche floss.
    Ich ließ den Blick über die schäbigen Ladenfronten hinter mir wandern. Dort war keine Quelle für das Geräusch erkennbar.
    Die Schaufensterpuppen im Fenster des Secondhandladens hatten sich nicht bewegt. Kaum hatte ich das registriert, als ich mich auch schon fragte, weshalb ich erwartet hatte, dass sie ihre Position veränderten.

    Die Markisen über den Fenstern waren ramponiert und nicht besonders straff gespannt. Genauer gesagt, hingen sie wie Trauerflor da, aber Wasser rann nicht von ihnen herab.
    Das mysteriöse Geräusch schwoll an, bis es sich anhörte wie das Flüstern vieler Stimmen, die durch einen höhlenartigen Raum hallten.
    Die Läden auf der anderen Straßenseite konnte ich im Nebel zwar nur undeutlich sehen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass das Geräusch nicht von dort kam, sondern von ganz aus der Nähe.
    Vor mir im Rinnstein huschte Licht von rechts nach links und wieder nach rechts. Unwillkürlich fiel mir das Flackern einer Kürbislaterne ein, deren Kerze das orangefarbene Fruchtfleisch zum Glühen brachte.
    Neugier ist der Katze Tod, hieß es im Volksmund, und ich hatte genügend plattgefahrene Katzen gesehen, um diese Behauptung bestätigen zu können. Dennoch stand ich von der Bank auf und tat einen Schritt auf den Bordstein zu.
    Im Rinnstein befand sich ein Gully, der mit einem quadratischen Rost verschlossen war. Dieser Deckel stammte aus einer Zeit, als selbst die öffentliche Kanalisation noch Stil hatte. Seine parallel angeordneten Eisenstäbe trafen sich in der Mitte zu einem dicken Ring, durch den diagonal ein stilisierter Blitzstrahl zuckte.
    Das leise Rauschen kam eindeutig aus dem Abfluss, hörte sich jedoch nicht mehr wie fließendes Wasser an. Auch an flüsternde Stimmen erinnerte es mich nicht mehr, sondern an die schlurfenden Schritte vieler Menschen.
    Der Blitzstrahl im Ring war äußerst elegant, aber irgendwie fragte ich mich, ob er noch etwas anderes bedeutete als jene Unwetter, für die der Abfluss zuständig war.
    Zwischen den Eisenstäben flackerte wieder das orangefarbene
Licht auf, das mich angelockt hatte.

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