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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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zusammen, der stürmisch eintrat und rief: „Ist mein Vater hier?“
    Die Frage war überflüssig, denn außer uns dreien befand sich niemand im Raum.
    „Warum suchst du ihn nicht in seinem Bett? Er schläft seinen Rausch aus!“ sagte Herr Rocco und zwinkerte mir zu. „Zum Glück! Also hat er noch niemand empfangen.“
    „Er war nicht in seinem Bett, er ist nirgends zu finden!“ sagte der Vilicus. „Zuletzt wurde er gestern abend gesehen, als er diesen Saal verließ. Seitdem ist ihm niemand mehr begegnet.“
    „Verflucht, da sind ja schon zwei verschwunden!“
    „Wer denn noch?“
    „Oh, nur mein närrischer Verwandter, der Drog. Um den muß man sich keine Sorgen machen.“
    „Wir werden sie beide suchen. Ich habe bereits Befehl gegeben, überall … Vater, ich hörte, Ihr hattet heute nacht einen Unfall. Ihr seid verletzt?“
    „Es ist unbedeutend“, erwiderte ich. „Aber ich werde jetzt noch einmal dorthin gehen, wo es geschah. Nicht um ein Bedürfnis zu verrichten. Ihr werdet die Güte haben, mich zu begleiten.“
    „Wozu?“
    „Das erkläre ich Euch an Ort und Stelle. Nehmt ein paar Knechte mit!“
    Der kleine Sohn der Langobardin, der sogar mir nur bis an das Kinn reichte, senkte den dicken Krauskopf zwischen die Schultern und warf mir von unten herauf einen forschenden Blick zu.
    „Entschuldigt, ich habe jetzt keine Zeit. Auch keine Knechte zur Verfügung. Die meisten sind auf der Jagd, der Rest hat in der Wirtschaft zu tun. Erlaubt, daß ich …“
    „Nein, ich erlaube es nicht!“ sagte ich. „Ihr werdet ausführen, was ich anordne. Der Hausherr wird vermißt, einer der Gäste ebenfalls. Muß ich daran erinnern, daß ich mit königlichem Mandat reise? Zwar hatte ich nicht die Absicht, hier amtlich tätig zu werden, doch die Umstände scheinen es anders zu wollen.“
    „Höre auf den ehrwürdigen Vater!“ beschwor Herr Rocco den Cleph. „Mach keine Schwierigkeiten. Tu, was er sagt!“
    Der Vilicus bedeutete mir mit einer schroffen Geste, daß er sich füge.
    „Vorwärts also!“ befahl ich. Und indem ich die strenge, mürrische Miene aufsetzte, die dazugehört, wenn man Verantwortung trägt, schritt ich hinaus.
    Erst die Nachricht von dem zweiten Vermißten, Herrn Ebrachar selbst, hatte in mir die Erinnerung an die düsteren Bilder, dumpfen Geräusche und betäubenden Gerüche wachgerufen, die ich noch wahrgenommen hatte, bevor ich von unbekannter Hand so überraschend zur Nachtruhe gebettet wurde. Eigentlich wollte ich nicht mehr darauf zurückkommen. Odos Erklärung genügte mir, und ich wollte den kleinen Teufeln, die mich schwachen Diener Gottes geplagt hatten, nicht noch nachträglich einen Triumph gönnen. Doch nun kam mir auf einmal die Ahnung, ich könne tatsächlich etwas bemerkt haben, sehr zum Mißfallen dessen, der hinter mir stand und mir deshalb die Kerze ausblies. Es schien geboten, der Sache nachzugehen.
    So schritt ich kurz darauf über die Wiese, ein kleines Gefolge hinter mir. Selbst bei Tage war es ein Kunststück, dem Unrat auszuweichen, den die Insassen der Stallhäuser reichlich verstreut hatten. Das letzte der Häuser, ein niedriger Steinbau mit verfallenden Mauern, war jene Latrine, die ich verfehlt hatte, auch noch ein römisches Monument und auch in erbarmungswürdigem Zustand. Gleich dahinter breitete sich die Senkgrube aus, die bis an den Turm reichte. Sie wurde auch von dessen Bewohnern gefüllt, was deutliche Spuren an der Mauer bewiesen.
    Ich gestehe, daß ich Enttäuschung empfand. Dabei hätte ich ja eher froh sein sollen, zwischen den Sträuchern am Fuße des Turms, die ihre dürren Zweige so traurig aus dem Schlamm der Grube herausreckten, nichts zu bemerken. Nicht einmal eine tote Katze oder den Fetzen eines alten Mantels, geschweige denn einen menschlichen Arm. Nur eine verendete Ratte lag neben einem Loch im Mauerwerk. Ich stand allein am Rande der Grube, meine Begleiter waren zurückgeblieben und warteten.
    „Was befehlt Ihr nun, Vater?“ rief Cleph. Sein spöttischer Tonfall entging mir nicht.
    „Wartet noch!“ sagte ich. „Gleich!“
    Mein Blick erklomm nach und nach die drei Stockwerke des Turms. Auf dieser dem Haupttor abgewandten Seite hatten nur die zwei oberen Fenster, von denen je eines in jeder Höhe über der Grube lag. Von beiden konnte der Gegenstand oder der Körper, den ich flüchtig erblickt hatte, herabgeworfen worden sein. Und wenn er schwer genug war, hatte er sich inzwischen von den Sträuchern, die ihn kurz aufgehalten

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