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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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aber schmachtet in Gefangenschaft. Da oben bei diesen Teufeln im Rabennest!“
    Er ließ mich los und schüttelte seine Fäuste gegen den schwarzen Felsen, der weit hinten über den Wipfeln des Tannenwäldchens aufragte. Plötzlich schien ihm etwas einzufallen. Indem er mich durchdringend anstarrte, sagte er:
    „Kannst du nicht etwas für sie tun? Du sollst so etwas wie ein Gerichtsherr sein …“
    „Was meinst du?“
    „Du könntest sie dort herausholen!“
    „Das dürfte nicht leicht sein. Ich habe gehört, Herr Garibald hat die Munt über sie.“
    „Von wem weißt du das?“
    „Von ihm selbst.“
    „Er lügt, der Unhold! Er hat kein Recht, das zu behaupten. Kein Recht, verstehst du? Davon ist nie die Rede gewesen!“
    „Auch nicht im Ehevertrag?“
    „Niemals! So etwas gibt es auch gar nicht … einen Vertrag. Ich habe dem Kerl, dem Bardo, die Hand gegeben … das war alles. Dafür werde ich in der Hölle schmoren. Er ist schon unten … büßt schon für seine Verbrechen an ihr. Als ich hörte, daß er hin ist, bin ich hinaufgestiegen zum Rabennest. ‚Gebt sie mir wieder! Sie gehört mir! Ich will meine Schwalbe … meinen Schmetterling … ‘“
    „Und die Antwort?“
    „Hier!“
    Er streifte den Ärmel hoch und zeigte mir mehrere schlecht vernarbte Bißwunden.
    „Garibald hetzte die Hunde auf mich.“
    „Und hast du nichts weiter unternommen? Warst du beim Grafen?“ fragte ich.
    „Ich war bei ihm“, erwiderte Meginfred, wobei er Rothari, der am Rande der Wiese stand und lächelnd den Tanzenden zusah, mit einem finsteren Blick bedachte. „Er sagte, ich könne froh sein, daß sie ihr Brot hat. Bei mir würde sie verhungern … Eine Klage wegen der Munt will er nicht annehmen. Nun, vielleicht bin ich unwürdig. Aber ich würde sie nicht verhungern lassen! Wenn sie aber da oben bleibt, geht sie zugrunde!“
    „Und wie verhält sich dein Sohn!“
    „Irmo? Er liebt sie genauso wie ich. Aber was soll er tun? Wenn Rothari die Klage nicht annimmt … Was ist mit dir, Gottesmann? Kannst du uns helfen? Rede! Wenn du Gerichtsherr bist … warum sitzt du nicht zu Gericht? Ich werde kommen und gegen Garibald klagen. Du sprichst mir die Munt zu – und sie ist frei!“
    „Wir …“, sagte ich zögernd.
    „Aber was würde das alles nützen!“ Er streckte verzweifelt die Arme aus. „Sie geben sie trotzdem nicht her! Was kümmern Banditen sich um Gerichte? Was scheren sie sich um Gesetze? Räuber! Mordbrenner! Folterer! Sklavenhändler! Ausräuchern muß man das Nest … dem Erdboden gleich machen! Wie Wanzen muß man diese Schufte zerquetschen!“ Er neigte sich zu mir, blies mir seinen Bieratem ins Gesicht und fuhr in gedämpftem Ton fort: „Das wird alles anders, wenn mein Sohn hier erst zu befehlen hat! Rothari will weg von hier … nach Italien oder zum Teufel. Meinetwegen! Dann holt Irmo sie dort heraus … das hat er geschworen! Und dann … weißt du, was ich dann tun werde? Ein Haus werde ich ihr bauen!“ brüllte er plötzlich wieder und sprang vor Begeisterung auf. „Einen Palast! Mit einer prächtigen Treppe, mit Säulen, Türmen … für eine Prinzessin! Für eine, die von Königen abstammt! Du denkst vielleicht, eine elende Hütte aus Holz? Nein! Ich schaffe Steine heran! Ich breche sie selber aus dem Felsen und schleppe sie auf meinem Rücken herbei! Das soll meine Buße sein, Gott wird sie sehen! Verzeihen wird er mir … wenn aber nicht – nun, ist mir auch recht, dann läßt er es bleiben! Dann fahre ich eben zur Hölle!“
    Er stieß ein Gelächter aus, das mich erschauern ließ. Darauf begann er, mit tiefer, krächzender Stimme ein Lied zu singen. Es hörte ihm aber niemand zu, weil sich die Gäste längst von den Tischen erhoben hatten und ausgeschwärmt waren. Die Bäume warfen schon lange Schatten, und Mägde trugen Kerzenleuchter, Lampen und Fackeln herbei. Würdige Herren ergingen sich im ernsten Gespräch, ihre Gemahlinnen standen schnatternd im Kreise, die Kinder tollten zwischen den Zelten. Bezechte lärmten und stritten. Drei Musikanten mühten sich ausdauernd mit Fiedel, Dudelsack und Bauernleier. Das junge Volk hüpfte und sprang dazu lustig umher. Die Ausgelassensten hielt es jedoch nicht mehr in der Ordnung der Tänzer, sie begannen, einander zu haschen, wobei sie sich bald hinter Büsche und Bäume verirrten. Von allen Seiten wisperte, kicherte, quiekte und kreischte es.
    Ich sah mich nach Odo um. Auch er war verschwunden. Es gab kaum einen

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