Odyssey 01 - In die Dunkelheit
daran. Also ignorierte er das höllische Jucken und wandte sich den beiden Frauen zu. »Wir beginnen sobald wie möglich mit der Evakuierung. Die Odyssey bereitet sich darauf vor, alle Kranken und Verletzten ärztlich zu behandeln und sie nach Möglichkeit zu unterstützen. Es wird allerdings sehr eng auf dem Schiff werden.«
»Das werden die Leute schon ertragen«, erklärte Milla resolut.
»Ja, damit kommen wir schon klar«, versicherte auch Saraf und nickte Brinks zum ersten Mal mit aufrichtiger Dankbarkeit zu. »Im Namen meiner Leute danke ich Ihnen für Ihre Hilfe.«
»Kein Problem, Ma’am. Ob Sie’s glauben oder nicht: Die meisten meiner Leute haben sich in der Hoffnung dienstverpflichtet, in Situationen wie dieser helfen zu können. Etwa fünfzig Meter vom Bunker entfernt haben wir den Wald gerodet und eine kleine Lichtung geschaffen. Wir müssen alle Überlebenden dorthin bringen, jeweils in Gruppen von fünfzig bis siebzig Leuten.«
»Verstanden, Major. Ich werde meine Leute sofort informieren. Sagen Sie uns bitte Bescheid, wann die erste Gruppe losziehen kann.« Saraf wollte gehen, doch Brinks hielt sie zurück.
»Die erste Gruppe kann sofort aufbrechen und an Bord gehen, Ma’am. Shuttle Eins ist darauf vorbereitet, die Überlebenden zur Odyssey zu fliegen.«
»Wunderbar, Major. Ich werde es meinen Leuten gleich sagen.«
16
Als die Meldungen vom Planeten auf der Odyssey eintrafen, spielten nicht nur die Menschen auf der Brücke, sondern jeder auf dem Schiff verrückt. Die Situation kam einem Chaos so nahe, wie Weston es niemals hatte erleben wollen. Männer und Frauen hasteten von Abteilung zu Abteilung; manche stellten dabei Berechnungen darüber an, ob die Odyssey all diese Neuankömmlinge überhaupt unterbringen konnte, andere versuchten die nötige Ausrüstung für die Beherbergung der Flüchtlinge aufzutreiben.
»Captain Weston, Sir?«
Weston nahm den Blick kurz vom Bildschirm und sah zu der jungen Frau hinüber. »Ja?«
Ensign Susan Lamont zögerte einen Moment, weil Westons Blick sie leicht nervös machte, fing sich aber schnell wieder. »Die technische Abteilung meldet, dass sie die Recycling-Systeme auf Maximum hochgefahren hat, aber bei fünfhundert zusätzlichen Passagieren wird man auch die Sauerstoff-Notreserven einsetzen müssen.«
Weston verzog das Gesicht. »Sagen Sie den Technikern, dass sie meinen Segen dafür haben. Und protokollieren Sie es in den entsprechenden Formularen.«
»Wird gemacht, Captain«, erwiderte sie und wandte sich wieder ihrem Terminal zu.
Weston scrollte durch die Liste der Materialien, die verlagert, entladen, installiert oder herausgerissen werden mussten, um Platz für die fünfhundert Flüchtlinge zu schaffen. Es war eine lange Liste.
»Captain?«
Weston sah auf. »Ja, Lieutenant?«
»Gerade hat sich Lieutenant Samuels gemeldet. Das erste Shuttle mit den Evakuierten kommt in knapp fünfzehn Minuten an.«
»Gut. Danke, Lieutenant Waters.« Weston wandte sich seinem Ersten Offizier zu. »Commander Roberts, Sie übernehmen die Brücke.«
»Ja, Sir.«
Bevor Weston aufbrach, sah er ein letztes Mal auf den Bildschirm und musterte die vor den Schotts der Odyssey im Raum treibenden oder herumwirbelnden Überreste des Gefechts. Weston brauchte nur drei Minuten bis zu Dr. Palins Labor. Der exzentrische Linguist beschäftigte sich gerade so intensiv mit den Aufzeichnungen seiner früheren Gespräche mit Milla Chans, dass er Westons Anwesenheit anfangs gar nicht bemerkte. Schließlich blickte er auf.
»Doktor, die erste Gruppe von Überlebenden wird gleich hier sein«, sagte Weston. »Bei ihrem Empfang hätte ich Sie gern dabei.«
»Selbstverständlich, Captain. Mittlerweile habe ich die Aufzeichnungen all unserer Gespräche mit Miss Chans kompiliert und ins Übersetzungsprogramm integriert, es dürfte also kaum Verständigungsprobleme geben.«
»Ausgezeichnet, Doktor. Lassen Sie uns jetzt zum Hangar gehen.«
Weston und Palin warteten bereits auf dem Flugzeugträgerdeck, als die Flugkontrolle die baldige Ankunft des Shuttles meldete. Kurz darauf kündigten heftige Vibrationen des Decks die letzte Phase der Landung an: Der geräumige Aufzug, der zugleich als Luftschleuse diente, brachte das Shuttle vom unteren Flugdeck nach oben.
Palin machte große Augen, als er das Heckruder der riesigen transatmosphärischen Raumfähre aufsteigen sah und nach und nach ihre ganzen Ausmaße sichtbar wurden. »Meine Güte … Nie zuvor ist mir das Ding so groß
Weitere Kostenlose Bücher