Öffne die Augen: Thriller (German Edition)
Stress, aber wie sollte das anders sein in diesem Chaos aus Blech und Lärm?
» Es kommt nicht infrage, irgendetwas ohne die Zustimmung von Noureddine zu unternehmen. Einerseits werden solche Schritte in der Botschaft nicht gern gesehen, da die Organisation und die Angelegenheiten der ägyptischen Polizei der Geheimhaltung unterliegen. Andererseits werden Sie dafür gar nicht die Zeit haben.«
Sharko lächelte verkniffen.
» Das ist sicher auch der Grund, warum man mir nur diese zwei Tage zugestanden hat. Und ich vermute, dass mich Nahed nicht begleitet, um für mich zu dolmetschen. Habe ich recht, Nahed?«
» Sie haben eine lebhafte Fantasie, Kommissar«, erwiderte Lebrun trocken.
» Sie wissen gar nicht, wie lebhaft sie ist.«
Mohamed-Farid-Street. Der Mercedes hielt vor dem Hotel Happy City, einem Drei-Sterne-Haus mit einer in Rosa und Schwarz gehaltenen Fassade.
» Sauber und landestypisch«, sagte Lebrun. » Die meisten anderen Hotels der Stadt waren belegt. Der Juli ist in Kairo nicht gerade der Monat mit den wenigsten Touristen.«
» Solange es eine Badewanne gibt…«
Der Botschaftsattaché zog seine Visitenkarte heraus.
» Ich erwarte Sie heute Abend um neunzehn Uhr dreißig im Restaurant Maxim, auf der anderen Seite des Talaat-Harb-Platzes, nicht weit von hier. Dort werden Piaf-Lieder gesungen, und es gibt französischen Wein. Sie können mir dann von Ihrem Gespräch mit Noureddine berichten.«
Sie hatten nichts dem Zufall überlassen. Sobald Sharko ausgestiegen war, überwältigte ihn die Gluthitze, und er war sofort schweißgebadet. Das Brummen der Motoren, das durchdringende Geräusch der Hupen und die Abgase waren unerträglich. Mit einem Seufzer holte er seine Reisetasche aus dem Kofferraum. Als er sich umdrehte, stand Eugénie vor dem Hotel, die Arme verschränkt. Sie zog einen Schmollmund und betrachtete die Autos, die sich auf der Straße– durchaus den Champs-Élysées ebenbürtig– ein Wettrennen lieferten.
» …missar?«
Lebrun stand mit ausgestreckter Hand vor ihm. Sharko kam zu sich und drückte ihm nervös die Hand. Der Botschaftsattaché warf rasch einen Blick in die Richtung, in die der französische Polizist gestarrt hatte. Dort war niemand.
» Ein letzter Rat. Noureddine ist nicht eben zartbesaitet. Er gehört in die Kategorie Menschen, die denken, man verrate Ägypten, sobald man ihm widerspricht, wenn Sie verstehen, was ich meine. Also stoßen Sie ihn nicht vor den Kopf und halten Sie sich eher zurück.«
» Zurückhaltung gehört zu meinen besonderen Stärken…«
Kapitel 18
Das Hauptkommissariat des Gouvernement Qasr al-Nil ähnelte dem schlecht erhaltenen Palast eines verstorbenen Scheichs. Geschützt durch hohe schwarze Gitter, öffnete sich seine dunkle Fassade auf einen Garten mit Palmen und Polizeifahrzeugen, die man leicht mit den Klapperkisten eines Gemüsehändlers hätte verwechseln können. Den Unterschied machten allein die großen Blaulichter der Zweitonner aus. Vor einer Freitreppe standen sechs Wachposten– weiße Hemden, Käppis mit dem aufgeprägten Adler der Nationalflagge, geschulterte Sturmgewehre MISR –, die ihre Hand an die Brust schlugen, als ein korpulenter Mann mit drei Sternen auf der Schulterklappe zur Tür heraustrat.
Die dicken Wurstfinger in die Hüften gestemmt, atmete Hassan Noureddine die mit Gas und Staub getränkte Luft ein. Kleiner schwarzer Schnauzbart, pockennarbige Wangen, dunkle Augen wie reife Datteln unter dichten Wimpern. Er wartete, bis Sharko und Nahed Sayyed näher getreten waren, um sie zu begrüßen. Er schüttelte seinem französischen Kollegen höflich die Hand, ließ sich sogar zu einem schleimigen » Willkommen« herab, interessierte sich aber eher für die junge Frau, mit der er einige Worte auf Arabisch wechselte. Die verbeugte sich leicht und mit einem Lächeln, das man nicht anders als bemüht bezeichnen konnte. Schließlich drehte sich der Mann um und betrat, die Brust vorgestreckt, das Gebäude. Sharko und Nahed tauschten einen vielsagenden Blick und folgten ihm.
In der riesigen Halle, vollgestellt mit funktionellen Schreibtischen, führten Treppen, bewacht von Polizeibeamten, in ein Untergeschoss. Rufe schallten zu ihnen herauf, arabische Klagegesänge von Frauen. Sharko zerquetschte eine Mücke auf seinem Unterarm, die fünfte trotz der Creme, mit der er sich eingerieben hatte. Diese Biester nisteten sich überall ein und schienen gegen jede Form von Schutz resistent.
» Was singen diese Frauen?«
»
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