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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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Fotoladen aufmachen …«
    »Nein, nicht in dieser Stadt. Hier ist nichts zu holen.«
    Er zeigte auf die leeren Ölfässer.
    »Das ist das einzige Geschäft, das in dieser Stadt einigermaßen geht. Ich kaufe bei kleinen Kindern. Ich kaufe billig und ich verkaufe billig an die Autos, die nachts herkommen. Emmanuel, Johns Vater, ist mein Partner. Erinnerst du dich an deinen Freund John? Gut, Emmanuel hat sich als wahrer Freund erwiesen. Von meinen früheren Kollegen ist er der einzige, den ich noch Freund nennen kann. Er hat sich diesen Plan ausgedacht. Wir haben das Ganze zunächst mit seinem Ersparten finanziert. Ist kein schlechtes Geschäft, wirklich nicht. Wir kommen über die Runden, wir geben den Polizisten ein bisschen was, damit sie wegsehen, aber früher oder später werden sie gierig werden. Sie werden uns verhaften oder selber das Geschäft übernehmen. Ich will nicht, dass du hier bist, wenn das geschieht. Hier gibt es nichts für dich zu holen. Geh nach Port Harcourt zurück. Du bist pfiffig. Sprich mit deinem Lehrmeister. Du wirst etwas finden. Und wenn du es schaffst, dann vergiss uns nicht. Vergiss deine Mutter nicht, und vor allem nicht deine Schwester.«
    Das einzige, das ich ihn fragen konnte, nachdem er ausgeredet hatte, war:
    »Wo kriegen die Kinder das Benzin her, das du ihnen abkaufst?«
    »Sie kommen mit ihren kleinen Gallonen zu mir und ich frage nicht, wo sie es her haben.«
    In den zwei Tagen, die ich zuhause blieb, bevor ich nach Port Harcourt zurückkehrte, erkannte ich, wie sehr sich mein Vater verändert hatte. Der Religion hatte er den Rücken gekehrt; jetzt trank er
Ogogoro
und rauchte fast ohne Unterlass. Frühmorgens verließ er mit seinem Pickup das Haus und fuhr in den Wald, wo sein Partner und er das Benzin von den Kindern kauften, und erst nach Mitternacht kam er wieder, meistens betrunken. Das Haus stank nach Benzin und Zigaretten. Er sagte, dass er rauchte, um den Benzingeruch zu vertreiben.
    Zum Journalismus kam ich aus Lebensnotwendigkeit und nicht, weil ich, wie Max Tekena, Talent hatte oder einer Vision folgte oder dem Streben, der nächste Mr. Zaq zu werden. Ich marschierte in Port Harcourt einfach in ein Zeitungsbüro und zeigte meinen Fotografenabschluss. Ich ging nach Port Harcourt zurück, doch den Rat meines Vaters befolgte ich nicht. Ich ging nicht wieder zu Udoh Fotos in der Creek Street in Diobu, sondern zum Büro der Zeitschrift
Whispers
. Das war eine kleine Monatszeitschrift, dessen Bildredakteur manchmal Fotos von Straßenszenen und vom Strand von meinem Lehrmeister gekauft hatte, um leere Seiten zu füllen, und ich war derjenige, der ihm die Bilder in einem braunen Umschlag ins Büro brachte. Jetzt hörte er mir zu, und als ich fertig war, schüttelte er den Kopf.
    »Wie alt bist du?«
    »Achtzehn.«
    »Ich gebe dir Arbeit, aber zeitlich befristet. Hast du schon mal darüber nachgedacht, Journalist zu werden? Nicht nur Fotograf, sondern richtiger Reporter? Du könntest in Lagos zur Schule gehen. Ich habe ein Formular hier, füll es aus und schick es ab. Sie vergeben Stipendien. Versuch es einfach.«
    Ich versuchte es, und sechs Monate lang, in denen ich auf Antwort von der Ikeja School of Journalism wartete, verrichtete ich alle anfallenden Arbeiten bei
Whispers
, putzte am Morgen die Büros, wusch einmal in der Woche das Auto des Geschäftsführers, besorgte Botengänge und machte Bilder von Straßenhändlern und Fischern und Marktfrauen für die Seite »Pictures from the Streets«. Dafür bekam ich eintausend Naira im Monat und durfte im Büro schlafen. So bin ich Journalist geworden.
    Zaq schnarchte immer noch. Ich wollte ihn fragen, wie er Journalist geworden war. Was ihn angetrieben hatte. Ob er glücklich damit war und ob es Augenblicke gab, in denen er am liebsten aufgeben wollte. Als ich ihn an jenem Tag am Strand getroffen hatte, an dem Tag, an dem wir uns auf den Weg zu diesem Auftrag gemacht hatten, hatte er ausgesehen, als stünde er kurz davor aufzugeben.

    Wir verließen das Lager der Ölgesellschaft am frühen Morgen, zu sechst, davon fünf Reporter, Zaq und mich eingeschlossen. James Floode, der Mann der Entführten, und zwei andere Weiße waren gekommen, um uns zu verabschieden. Floode sah verstört aus, und nach einer kurzen Ansprache an uns, in der nichts Neues gesagt wurde, außer der Ermahnung, vorsichtig zu sein, und während der er immer wieder mit einem der beiden anderen flüsterte, schwieg er. Unser Führer hatte ein Gewehr umhängen

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