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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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Mädchen entführt haben, und wissen Sie was, ihre Familie hat überhaupt nichts mit der Ölindustrie zu tun. Eine Dreijährige. Es kümmert sie nicht, ob sie verhaftet oder erschossen werden. Ihr Leben ist so oder so derart elend, dass sie von nichts anderem träumen, als so schnell wie möglich Millionäre zu werden. Meine Aufgabe ist es, sie zu ihren Verstecken in den Sümpfen zu verfolgen. Ich nehme sie fest, und meistens ist es einfacher, sie zu erschießen, als sie zu verhaften. Spart der Regierung Zeit und Geld.
    Und nun noch einmal zu dem so genannten Professor. Wir haben eine dicke Akte über ihn, über alle. Er heißt Ani Wilson. Ist ohne Abschluss von der Oberschule ab, ein kleiner Krimineller und Schläger, der mit fünfzehn zum ersten Mal ins Gefängnis gewandert ist. Als er mit zwanzig wieder raus kam, wurde er Berufsverbrecher im Sold des Vorsitzenden der Distriktverwaltung, der zur Wiederwahl anstand. Mit einundzwanzig wurde er wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Mit dreißig ist er aus dem Gefängnis ausgebrochen und hatte begriffen, dass er als Kleinkrimineller und Berufskiller keine Zukunft hatte. Zu seinem Glück hatte sich sein politischer Schutzherr inzwischen als Umweltschützer neu erfunden und einen Sitz im Senat gewonnen. Doch ihre Wege trennten sich, als Ani sich von einem rivalisierenden Politiker abwerben ließ, der ihn dafür bezahlte, seinen früheren Mentor und Beschützer umzubringen; der Mordversuch wurde vereitelt und sein Pate hetzte die Polizei auf ihn, woraufhin er in die Sümpfe ging und sich einer Rebellengruppe anschloss, die sich darauf spezialisiert hatte, Ausländer um des Lösegelds willen zu entführen. Und wissen Sie, wer der Anführer dieser Gruppe war?«
    »Wer?«
    »Er wurde der Professor genannt – nur, dass er kein richtiger Professor war. Es war bloß sein Tarnname.«
    »Und weiter …«
    »Und Ani tötete ihn in einem Machtkampf und übernahm nicht nur die Führung, sondern auch den Titel ›Professor‹. Der Mythos des Professors lebt fort.«
    »Verstehe.«
    »Schön, dass Sie verstehen. Ich weiß über diese Leute Bescheid. Ich bin derjenige, der mit ihnen umgehen kann, der einzige. Die verstehen nur eine Sprache: Gewalt. Das ist alles.«
    Der Major hämmerte mit der Faust auf den gebrechlichen Tisch, sodass Stifte und Tassen hüpften.
    »Und was hat es mit Ihren Gefangenen hier auf sich? Werden Sie sie vor Gericht stellen?«
    »Ach, ihr Journalisten mit euren hochtrabenden Vorstellungen von Menschenrechten und Gerechtigkeit … alles Unsinn. Für Leute wie die gibt es keine Menschenrechte. Man sperrt sie ein und ein Jahr später sind sie wieder draußen. Man stellt sie am besten in einer Reihe auf und erschießt sie. Aber ihr …«
    Der Major machte eine abschätzige Geste und stand auf. Er trat ans Fenster und sah auf den Fluss hinaus.
    »Ihre Gefangenen, wir möchten sie interviewen. Wir wollen ihre Version der Geschichte hören.«
    Der Major drehte sich zu Zaq um, den Kopf schräg gelegt, und dachte über die unerwartete Anfrage nach.
    »Sie, ich dachte, Sie wären krank und bräuchten dringend einen Arzt, obwohl unser Doktor hier der beste auf der Welt ist. Ich übertreibe nicht. Er hat mir das Leben gerettet.«
    Der Doktor nippte an seinem Tee und sah weiter aus dem Fenster.
    »Mir geht es besser, danke. Erlauben Sie uns, sie zu interviewen.«
    »Nun, warum nicht? Ich lasse sie auf der Stelle herholen und Sie können ihnen zuhören und hinterher sagen Sie mir, was Sie davon halten.«
    »Nein. Lassen Sie sie nicht herholen. Wenn sie glauben, dass Sie das Interview befohlen haben, werden sie sich bedeckt halten und nicht frei reden. Sperren Sie uns über Nacht mit ihnen zusammen, lassen Sie sie glauben, dass wir ebenfalls unter Verdacht stehen.«
    »Meinen Sie das ernst? Dass Sie mit ihnen zusammengesperrt werden wollen?«
    Der Major ließ seinen Blick von Zaq zum Doktor und zu mir wandern. Zaq nickte. Ich nickte, auch wenn Zaq mich nicht vorab darüber informiert hatte.
    »Nun, dann machen Sie es am besten so schnell wie möglich. Morgen geht es nach Irikefe – das ist eigentlich der Hauptgrund, weswegen ich Sie herbringen ließ. Wir haben gerade erfahren, dass die Insel von den Rebellen, Ihren Freunden, angegriffen worden ist. Im Augenblick gibt es dort schwere Gefechte, und unsere Männer brauchen Verstärkung. Wir fahren zeitig los. Sie können mitkommen oder bei den Rebellen bleiben, bis ich zurückkomme. Sie müssen sich

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