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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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entscheiden.«
    »Wir kommen mit.«
    »Gut. Das ist also geklärt. Und jetzt will ich mehr über Sie beide wissen. Ich bin neugierig auf Menschen und ihre Motive. Warum sind Sie hierher, ins Kriegsgebiet, gekommen? Sie könnten getötet werden. Sind Sie auf Ruhm aus? Ist es das? Erzählen Sie mir, wie Sie hierhergekommen sind.«
    Es war noch lange hin bis zum Anbruch der Nacht, wenn wir die Kämpfer interviewen würden. Da war noch jede Menge Zeit totzuschlagen. Also erzählte ich ihm, wie ich den Auftrag erhielt, die Engländerin zu interviewen, und über die brennende Insel, und wie wir alle auf Irikefe gestrandet waren. Fast alles erzählte ich ihm. Von Boma sagte ich aber nichts, und auch nicht, dass sie an jenem Tag, an dem ich nach Port Harcourt zurückkehrte, auf mich gewartet hatte.
    ***
    Sie war allein, als ich am Abend nach Hause kam, und ich konnte sehen, dass sie geweint hatte. Nachdem ich nachmittags in Port Harcourt angekommen war, war ich sofort ins Büro gegangen, um meinen Artikel für die Ausgabe des kommenden Tages zu schreiben; die Knie waren mir noch weich, weil ich fast die gesamte Zeit der Überfahrt gestanden hatte. Die Fähre hatte unterwegs so oft angelegt, dass mir schon Zweifel gekommen waren, ob wir Port Harcourt an diesem Tag überhaupt noch erreichen würden. Wir hatten unterwegs Frauen aufgenommen, die mit Käfigen voll Hühnern zum Markt unterwegs waren und mit Krabben in Eimern und meckernden Ziegen, die sie an Seilen hinter sich herzogen. Es hatte nicht lange gedauert, bis die Luft im großen Aufenthaltsraum der Fähre faulig stank und mich gezwungen hatte, meinen Sitzplatz neben einer fetten, lachenden, gestikulierenden Frau mit ihren zwei Kindern aufzugeben und mich draußen an die Reling zu stellen, die Augen auf den immer kleiner werdenden Uferstreifen gerichtet und mit den Gedanken bei dem, was mich in Port Harcourt erwartete.
    Sie saß vor dem Fernseher in meinem Korbsessel, so, dass man nur die unverletzte Seite ihres Gesichts sehen konnte, und als sie aufsah, als ich in die Wohnung kam, schaffte sie es immer noch, die verbrannte, schlecht verheilte Seite ihres Gesichts zu verbergen. Das tat sie ganz unbewusst, und doch bestimmte die Narbe zu jeder Zeit, wie sie sich hinstellte, wie sie sich setzte. Es stimmte mich traurig, wenn sie das tat, vor allem mit mir. Wie sollte ich ihr beibringen, dass sie das bei mir wirklich nicht machen musste? Nur bei John, ihrem Mann, war sie in der Lage gewesen sich zu setzen, ohne darauf zu achten, wie das Licht auf sie fiel, aber John hatte sie vor zwei Monaten verlassen, und sie hatte sich angewöhnt, öfter mal vorbei zu kommen, selbst wenn ich nicht zuhause war. Sie machte den Abwasch und kochte und fegte das Zimmer aus, aber manchmal saß sie einfach nur da und weinte, auch wenn ich sie noch nie dabei ertappt hatte.
    Heute nun entdeckte ich ihre Taschen und ihr Geschirr, den Fernseher und andere Haushaltsgegenstände, die sich in einem Winkel meines winzigen Wohnzimmers stapelten.
    »Der Vermieter hat mich rausgeworfen.«
    Sie wohnte in einem Block ähnlich dem meinen, Wohnzimmer und Schlafzimmer, der demselben hartgesichtigen, dünnlippigen Vermieter gehörte. Kurz nachdem John vor einem halben Jahr seine Arbeit als Sortierer bei einem Kurierdienst verloren hatte, hatte der Vermieter angefangen, sie zu belästigen. Da Boma noch in der Ausbildung zur Schreibkraft steckte und kein Gehalt bekam, hatte ich meins mit ihnen geteilt. Auch, weil ich wusste, dass sie sich nur an mich wenden konnten, wie ich ebenso nur sie hatte. Ich ging ins Bad pinkeln, und als ich zurückkam, stand sie auf, ging hinüber zum Kocher in der Ecke und tat mir etwas Reis auf.
    »Du musst Hunger haben.«
    »Danke.«
    Als das Schweigen trotz des laufenden Fernsehers zu schwer wurde, erzählte ich ihr von der Entführung und der verwüsteten Insel. Als ich über die Leichen berichtete, fing sie an zu weinen.
    »Die armen Menschen, das könnte jeden treffen, einfach jeden.«
    Ich wusste, dass sie an John dachte. Er war immer politischer geworden, hatte sich mit anderen arbeitslosen Jugendlichen in den dunklen Bars der Seitenstraßen herumgedrückt und Karten gespielt und den ganzen Tag getrunken und in einem fort über die Regierung geklagt. Voller Wut hatte er gesteckt, als er gegangen war, jener Wut, die einen zur Blasphemie trieb oder dazu, eine Bank auszurauben oder sich den Rebellen anzuschließen. Diese Wut war mir schon vorher bei vielen Freunden aufgefallen,

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