Öl auf Wasser - Roman
schöner Name. Ist der hier in der Gegend verbreitet?«
»Ich kenne ein paar.«
Er bedeutete mir, mich zu setzen.
»Ich bin noch nicht lange hier, wissen Sie. Das ist erst mein zweites Jahr in diesem Land, und ich kämpfe immer noch damit, Land und Leute zu verstehen. Ich glaube, die Nigerianer sind sehr nett und gastfreundlich.«
»Sie glauben das immer noch, sogar nach der Entführung?«
Für einen Augenblick schien James Floode von meiner Direktheit überrascht, aber ich wollte so schnell wie möglich zur Sache kommen. Ich war es nicht gewöhnt, mich mit Leuten wie ihm zu unterhalten, und deshalb war ich nervös. Er seufzte und seine Augen verdunkelten sich, als er sich jetzt vorbeugte und nach seinem Drink langte. Er musste sich schon vor meiner Ankunft einige genehmigt haben; seine Bewegungen waren verzögert und beherrscht, auch seine Sprache. Er hatte es bislang abgelehnt, mit den Medien zu sprechen, auch mit den Medien seines Heimatlandes redete er nicht, sah man einmal von einigen vorbereiteten Kommentaren ab, wie sehr er seine Frau vermisste und hoffte, dass die Entführer sie bald freilassen würden. Ich war der erste Reporter, mit dem zu sprechen er zugestimmt hatte – ich war mir bewusst, wie wichtig dieser Augenblick war, auch wenn ich nur durch einen tragischen Zwischenfall hier war.
»Sagen Sie, Mr. Rufus, sind Sie verheiratet?«
»Nein. Bitte sagen Sie Rufus zu mir, das ist auch mein Vorname. Nein, Mr. Floode. Ich bin nicht verheiratet. Ich bin erst fünfundzwanzig.«
»Sagen Sie James zu mir. Nun, ziemlich viele von euch heiraten recht zeitig, oder? Einige von den Arbeitern, die ich kenne, sind sehr jung, reden aber immer über ihre Familien. Mit Kindern und allem Drum und Dran.«
»Stimmt, viele heiraten früh.«
Er seufzte wieder und schwieg, als hätte er das Interesse am Gesprächsfaden verloren. Dann stand er auf.
»Gehen wir rein. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Den Drink in der Hand ging er ins Wohnzimmer voran. Er nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein, und da redeten sie, bei der BBC, über die Entführung. Isabel Floode, eine Britin, war von Rebellen im Nigerdelta entführt worden; der Versuch, Kontakt mit ihnen aufzunehmen, war an einer nicht geplanten militärischen Intervention gescheitert, und jetzt war zu bezweifeln, ob Isabel noch lebte. Schon entsandten einige Ölgesellschaften keine Mitarbeiter mehr in dieses Gebiet, und sie dächten sogar daran, ihre Aktivitäten vor Ort einzustellen, weil die Kosten langsam das überstiegen, was sie tragen konnten, und diese Möglichkeit führte bereits zu Spannungen auf dem Ölmarkt, wo man davon ausging, dass im Ergebnis dessen die Preise stiegen.
Er schaltete den Fernseher aus.
»Das ist wie im Zirkus. Ich kann nicht aus dem Haus, nicht einmal ins Büro, ohne dass sich überall Reporter an meine Fersen heften, und das Komische dabei ist, dass ich nicht einmal weiß, was ich ihnen sagen soll. Ich weiß nicht, was mit ihr passiert ist. Deswegen wollte ich ja, dass Zaq mit da raus geht und es in Erfahrung bringt. Und jetzt sagen Sie mir, dass es ihm nicht gut geht. Was fehlt ihm denn? Ist es etwas Ernstes?«
»Er braucht Ruhe. Die Luft da draußen tut ihm gut.«
James kratzte sich das Stoppelkinn und sah mich wieder so merkwürdig an, als wartete er darauf, dass ich mehr sagte, aber ich erwiderte lediglich seinen Blick und schwieg.
»Aber wir hatten doch eine Abmachung. Er hat doch eingewilligt, dort als meine Augen und Ohren hinzugehen.«
»Mr. Floode …«
»Sagen Sie James zu mir.«
»James, es gibt wirklich nicht mehr zu berichten, als wir in den Zeitungen veröffentlicht haben.«
»Aber was halten Sie von dem Ganzen? Ist sie noch am Leben oder nicht? Sie sagten, Sie hätten einige Bilder für mich. Hat Ihnen Zaq aufgetragen, mir etwas auszurichten?«
Ich zeigte ihm die Fotos. Die, die nicht in den Zeitungen veröffentlicht worden waren: das brennende Boot, die Häuser, die Skulpturen auf Irikefe, und schließlich ein Bild von Zaq und mir unter einem Baum. Dieses letzte Foto hatte Zaq vorgeschlagen, als Beweis. Floode steckte sie wieder in den Umschlag und legte sie auf den Tisch neben seinen Drink.
»Sie sollten auch etwas trinken. Ich lasse was kommen.«
Er hob eine Glocke vom Beistelltisch auf und läutete kräftig. Dann schaltete er den Fernseher wieder ein, als könnte er es ohne Nachrichten nicht aushalten. Der Bildschirm füllte sich mit dem vergrößerten Foto einer lächelnden Isabel in
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