Öl-Connection
Drang nach Erfüllung.
Ihr Seufzen füllte die Stille der Nacht, und es war ein Gesang, der aus dem Himmel tönte. Die Weite des Firmaments öffnete sich, und es regnete Sterne auf ihre zuckenden, ineinander verschlungenen Körper.
Fast drei Monate war Gérard Armand nun in Togo, ohne eine konkrete Spur von Heßbach aufgenommen zu haben. Nicht, daß er darüber verzweifelt gewesen wäre. Nur ärgerte es ihn maßlos, daß alle, die wissen konnten, wo sich Heßbach versteckt hielt, eine Mauer des Schweigens aufgebaut hatten.
Als er in Dapaong ankam und aus der klapprigen Maschine stieg, war er zunächst froh, diesen Flug überstanden zu haben. Der Pilot, ein stämmiger Franzose, war sogar beleidigt, als Armand nach der Landung zu ihm sagte:
»Sie sind ein Sadist, Monsieur. Ich würde von meiner Großmutter nicht verlangen, daß sie noch am Reck turnt und mit einem doppelten Salto abgeht. Und Ihr Flugzeug ist sogar ein Urgroßmütterchen.«
»Wenn Sie wieder zurück nach Lomé wollen, und ich fliege zufällig die Maschine, werfe ich Sie raus!« antwortete der Pilot mit aller Grobheit. »Sie können zu Fuß gehen und sich mit Ihrer großen Schnauze Luft zufächeln.«
Armand verzichtete auf eine Antwort, verließ das schäbige Flughafengebäude und fand vor dem Ausgang ein Taxi. Ein schwarzer Fahrer sah ihm grinsend entgegen, stufte ihn als reichen Herrn ein und riß die Tür seines Autos auf.
»Wohin, Monsieur?« rief er mit devoter Stimme. »Ich bringe Sie überall hin.«
Armand verzog sein Gesicht. Auch das Auto war ein Klapperkasten, die Polsterung der Sitze zerschlissen, die Motorhaube war mit Schnüren gesichert. Das Armaturenbrett bestand aus einem Gewirr von freiliegenden Drähten und Kabeln, zwischen denen nur noch eine Uhr erhalten geblieben war. Es gab keinen Tachometer mehr, keine Benzinstandanzeige oder Thermometer. Die Geschwindigkeit wurde einfach geschätzt.
»Ich habe nicht vor, in Dapaong begraben zu werden«, sagte Armand zu dem Taxifahrer. »Ich geh lieber zu Fuß.«
»Wohin, Monsieur?«
»Zum Hospital.«
»Wenn Sie dort ankommen, werden Sie ein Bett nötig haben.« Der Fahrer grinste breit. »Besser ist, mit mir zu fahren.«
»Dann brauche ich einen Grabstein.«
»Sie sehen mutig aus, Monsieur! Versuchen wir es?«
»Es bleibt mir nichts anderes übrig.« Armand stieg in das Taxi, versank im Polster, weil auch die Federn des Sitzes gebrochen waren, und zog die Tür zu. Der Motor krachte beim Anfahren, ebenso wie die Kupplung. Der Wagen fuhr mit dem Gekeuche eines gequälten Büffels.
Die Fahrt dauerte keine zwei Minuten. Zwei Straßen, zwei Ecken, quer durch die Kurve, und schon waren sie da. Das Schild Hôpital leuchtete in der glühenden Sonne. Armand blieb sitzen und drückte seinen ›Koffer‹ auf die Knie.
»Wenn du Gauner glaubst, ich zahle dir auch nur einen Sou, dann kannst du dich als Heiliger melden! Das hätte ich auch zu Fuß geschafft.« Er griff an die Tür, aber dort fehlte die Klinke. Der Taxifahrer drehte sich mit einem breiten Lächeln zu ihm um.
»Da kommt keiner raus, wenn ich nicht will. Kann man nur von außen öffnen. Innen kaputt.«
»Ich trete die Tür ein!« sagte Armand mit unheimlicher Ruhe.
»Nicht, Monsieur. Polizei ist ganz in der Nähe, und Polizei von Togo ist streng und hart. Vor allem gegen Weiße und vor allem hier im Norden. Regierung ist weit weg. Es ist teurer, Polizei zu bezahlen, als mich zu bezahlen.«
»Wieviel?« fragte Armand.
»Dollar oder Francs?«
»Dollar.«
»Zehn Dollar.«
Armand blieb sitzen. Jetzt ging es nicht mehr um den Preis, sondern ums Prinzip: Einen Armand betrügt man nicht.
»Ich habe Zeit«, sagte er nur.
»Ich auch.« Der Taxifahrer lehnte sich gemütlich zurück. »Jede Minute ein Dollar, Monsieur. Von mir aus kann es Abend werden. Sie kommen aus meinem Auto nicht heraus.«
»Wie heißt du?«
»Njumeme Nawalé.«
»Ich bezahle … aber wir sprechen uns wieder.«
»Ich fahre Monsieur gern wieder, wohin er auch will.«
Dazu wirst du später keine Gelegenheit mehr haben, dachte Armand verbittert. Wenn ich meinen Auftrag erfüllt habe, fährst du in die Hölle. Das verspreche ich dir, Njumeme.
Er zahlte die zehn Dollar, ließ sich von dem Schwarzen von außen die Tür öffnen und ging hinüber zum Hospital. Am Eingang stieß er auf einen Krankenpfleger, ebenfalls ein Eingeborener. Er trug weiße Leinenhosen und einen weißen Kittel.
»Wohin, Monsieur?« fragte er.
»Zum Ihrem Chefarzt.«
»Zu Dr.
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