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Oelspur

Titel: Oelspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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am öffentlichen Pranger. Die Umweltschützer überschlugen sich mit ihren Einfällen zur Rettung der Meere, und jede einzelne dieser Ideen hätte uns Milliarden gekostet. Die Spanier hatten gerade die Klassifikationsfirma ABS in New York auf 700 Millionen Dollar Schadensersatz verklagt. Die hatten der Prestige nach Schweißarbeiten an einem Tank in China Seetüchtigkeit bescheinigt. Und diese hirnlosen Idioten in Ventspils lassen sich bestechen und auch noch dabei erwischen. Ein öffentlicher Skandal um korrupte Inspekteure und Zertifizierungsfirmen hätte katastrophale Folgen gehabt!«
    »Ulf Jaeggi hat das herausgefunden und versucht, Sie zu erpressen?«
    »Ach was«, sagte Villani müde. »Wenn er das gemacht hätte, hätte ich ihm diesen Koffer hier gebracht, und die Sache wäre erledigt gewesen. Aber dieser blöde Moralwichser musste ja sofort zur Presse rennen.«
    »Wie ist Ihnen der Moralwichser denn auf die Schliche gekommen?«
    »Er hat sich irgendwie in die Dateien mit den Nummernkonten gehackt. War wohl ziemlich geschickt, aber wiederum dumm genug zu glauben, dass das keiner merkt.«
    »Lassen Sie uns mal auf den Punkt kommen, Maître. Was ist Ihr Part in dieser Geschichte? Für wen arbeiten Sie?«
    »Für IMSS, International Maritime Solid Solutions. Wir sind eine PR- und Beraterfirma. Mehr nicht!«
    »Und nebenher verdienen Sie sich ein kleines Zubrot als Geldbote?«
    »Wir werden dafür bezahlt, Probleme aus der Welt zu schaffen. Aber wir sind keine Gangster!«
    »Sind Sie nicht?«
    »Ich habe noch nie jemanden geschlagen!« Villani blickte auf das Gewehr und schaute mich dann herausfordernd an. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was Sie wissen wollten. Machen Sie mich los!«
    »Wo ist Anna Jonas? Und wer hat ihre Schwester umgebracht?«
    Villani zuckte die Achseln. Ich starrte ihn an, und er starrte zurück. Er hatte beschlossen, es darauf ankommen zu lassen.
    Zeit für Plan B.
    Ich griff in meine Tasche und holte das Päckchen aus München heraus. Es enthielt zwei Ampullen mit einer wasserklaren Flüssigkeit und eine Injektionsspritze. Mit herzlichen Grüßen von Max Althaus. Villanis Gesicht zeigte einen ungläubigen, etwas verwirrten Ausdruck.
    Über Sodium Pentothal wird viel Unsinn verbreitet, vor allem in Hollywoodfilmen. Amerikaner lieben die Vorstellung, dass es ein Mittelchen geben könnte, das einen zwingt, die Wahrheit zu sagen. Das FBI glaubt heute noch daran. Ich nicht. Sodium Pentothal ist ein Barbiturat, ein sehr starkes Beruhigungsmittel, das bei entsprechender Dosierung in fünfzehn Sekunden zu Bewusstlosigkeit führt. Es wird bei Hinrichtungen, aber auch zur Kurzzeit-Anästhesie eingesetzt. In geringerer Dosierung wirkt es enthemmend, entspannend und Angst reduzierend. Es macht redselig, aber es zwingt einen nicht dazu, die Wahrheit zu sagen. Es macht es nur schwerer zu lügen, weil das Lügen nun mal das arme Hirn mehr anstrengt als die schlichte Wahrheit. Wer wusste das besser als ich?
    Villani hatte jetzt wirklich Angst. Er hatte angefangen stark zu schwitzen und versuchte mit seinem Stuhl nach hinten zu rutschen, aber da war nur die Wand.
    »Was soll das?«, flüsterte er. »Je ne sais pas, qu’est-ce que vous voulez savoir encore …«
    »Bleiben Sie locker, Maître«, sagte ich freundlich. »Helen Jonas ist zwar mit einer Spritze umgebracht worden, aber Sie werden das hier überleben. Entspannen Sie sich, und genießen Sie den Trip.«
    Ich öffnete die Ampulle, zog den Inhalt auf und drückte dann den obligatorischen Tropfen aus der Nadelspitze. Villani stierte entsetzt auf die Spritze, und ich registrierte einen dunklen Fleck im Schritt seiner Hose, der sich langsam ausbreitete.
    »Sale boche!«, sagte er. »Sie verdammtes Dreckschwein!«
    Ich kümmerte mich nicht weiter um sein Gerede, kniete mich neben ihn auf den Boden, schob seinen linken Ärmel hoch und suchte mir die richtige Stelle.
    »Sie müssen still sitzen«, sagte ich, »sonst kann ich für nichts garantieren.«
    Villani gab einen resignierten Laut von sich, und als er einen Augenblick ruhig saß, verpasste ich ihm einen schönen sauberen Schuss.
    Die Wirkung setzte innerhalb von dreißig Sekunden ein. Die Muskulatur entspannte sich deutlich, und wenn er nicht gefesselt gewesen wäre, wäre er wahrscheinlich vom Stuhl gefallen. Sein Gesicht bekam einen in sich gekehrten, verträumten Ausdruck, und der Atem ging ruhig und gleichmäßig.
    Die Wirkung würde maximal zehn Minuten anhalten. Ich musste mich beeilen.
    »Sind

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