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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zur
Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung sprechen. Bitte
hören Sie genau zu, unser aller Leben hängt davon ab.
Fahrten zur Sehnsucht nach Unendlichkeit werden nur noch mit
behördlicher Genehmigung durchgeführt. Die Reserven der
Kolonie sind begrenzt und dürfen nicht leichtfertig vergeudet
werden. Ab sofort wird jeder Versuch, ohne Erlaubnis das Schiff zu
erreichen, auf der Stelle mit dem Tod bestraft.«
    Vasko warf einen Blick auf Urton, konnte aber nicht erkennen, ob
sie empört war oder der Maßnahme innerlich zustimmte.
    Das Schwein legte eine kurze Pause ein. Mit der Übertragung
stimmte etwas nicht. Clavains Bild tauchte wieder auf und
überlagerte Scorpios Gesicht wie ein dünner Schleier.
»Aber die Regierung bietet eine Alternative an. Allen
Bürgern wird empfohlen, an Ort und Stelle zu bleiben und ihrer
gewohnten Arbeit nachzugehen. Es wird jedoch zur Kenntnis genommen,
dass eine Minderheit den Wunsch hat, sich auf die Sehnsucht nach
Unendlichkeit zu begeben. Deshalb wird eine sichere und legale
Beförderungsmöglichkeit geschaffen werden. Ab morgen Mittag
und so lange wie nötig werden Transporte zum Schiff
durchgeführt. Gruppen von jeweils hundert Menschen werden von
eigens gekennzeichneten Flugzeugen auf die Unendlichkeit gebracht. Ab morgen früh sechs Uhr verteilen uniformierte
Angehörige des Sicherheitsdienstes an der Hohen Muschel und
allen anderen Regierungszentren Blätter mit
Durchführungsbestimmungen und Gepäckvorschriften.
Versteifen Sie sich nicht darauf, die erste Maschine zu erreichen,
denn – ich wiederhole – die Flüge werden so lange
fortgesetzt, wie Bedarf besteht.«
    »Sie hatten keine andere Wahl«, sagte Vasko leise.
»Scorp tut das Richtige.«
    Aber das Schwein war noch nicht fertig. »All jenen, die sich
für eine Flucht auf die Unendlichkeit entscheiden, sei
Folgendes gesagt: Die Verhältnisse auf dem Schiff werden
grauenhaft sein. In den letzten dreiundzwanzig Jahren waren selten
mehr als ein paar Dutzend Menschen gleichzeitig an Bord. Inzwischen
sind weite Teile des Schiffes unbewohnbar oder einfach unerforscht.
Um den Zustrom von hunderten oder womöglich tausenden von
Flüchtlingen zu bewältigen, muss der Sicherheitsdienst hart
durchgreifen. Wer bereits die Krisenregelung in Lager eins für
drakonisch hält, hat keine Vorstellung, wie viel schlimmer es
auf dem Schiff zugehen wird. Es wird nur ein Recht geben, das Recht
auf Überleben, und wir werden diktieren, was darunter zu
verstehen ist.«
    »Was soll denn das heißen?«, fragte Vasko. Scorpio
fuhr fort, die Transportregelungen zu erläutern.
    »Man wird die Menschen einfrieren müssen«, sagte
Urton. »Man wird sie wieder in Schlafsärge zwängen wie
damals auf dem Flug hierher.«
    »Und warum sagt er das nicht?«
    »Weil er es offenbar nicht will.«
    »Diese Kälteschlaftanks sind nicht sicher«, sagte
Vasko. »Ich weiß, was beim letzten Einsatz passiert ist.
Viele kamen nicht lebend heraus.«
    »Na und?«, sagte Urton. »Die Chancen stehen so
immer noch besser, als wenn die Menschen auf eigene Faust
flüchten – das sollten sie auch ohne diesen
Hinrichtungsbefehl einsehen.«
    »Ich verstehe immer noch nicht. Warum bietet er ihnen die
Möglichkeit überhaupt an, wenn die Regierung sie nicht
für richtig hält?«
    Urton zuckte die Achseln. »Vielleicht weiß die
Regierung auch nicht, was sie tun soll. Wenn sie die gesamte
Bevölkerung aufruft, sich auf das Schiff zu begeben, bricht mit
Sicherheit eine Panik aus. Versetz dich doch einmal in die Lage der
Ältesten. Woher sollen sie wissen, was besser ist: Wenn die
Menschen auf das Schiff flüchten, oder wenn sie auf dem Planeten
bleiben?«
    »Sie können es nicht wissen«, sagte Vasko.
»Wie immer sie entscheiden, es kann falsch sein.«
    Urton nickte nachdrücklich. Ihr Glas war fast leer. »Mit
diesem Verfahren gelingt es Scorpio immerhin, das Risiko zu streuen.
Ein Teil der Menschen landet auf dem Schiff, ein Teil bleibt
zurück. Wenn man sicherstellen will, dass zumindest einige überleben, ist das die perfekte Lösung.«
    »Das klingt herzlos.«
    »Das ist es auch.«
    »Das heißt, die Sorge, Scorpio könnte nicht
abgebrüht genug sein, hat sich erledigt.«
    »Nein, das kann man ihm nicht vorwerfen«, entgegnete
Urton. »Natürlich könnte es sein, dass wir das alles
ganz falsch sehen. Aber wenn nicht, bist du schockiert?«
    »Eigentlich nicht. Und ich denke, du hast Recht. Wir brauchen
einen starken Führer, der sich nicht scheut, auch das

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