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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zu
erkennen.
    »Ich habe mit Draygo gesprochen«, sagte sie. »Das
ist der Wirt hier. Er sagt, die Dienst habenden SD-Leute sind
losgezogen und haben Löcher in alle Boote geschlagen, die noch
am Ufer liegen. Sie lassen niemanden mehr ablegen, und wenn ein Boot
zurückkehrt, beschlagnahmen sie es und verhaften alle, die an
Bord sind.«
    Vasko trank einen Schluck. »Ein Glück, dass sie so
diplomatisch vorgehen.«
    »Ich kann sie eigentlich verstehen. Angeblich sind bereits
drei Menschen auf der Fahrt über die Bucht ertrunken. Zwei
weitere sind abgestürzt, als sie das Schiff erklettern
wollten.«
    »Du hast vermutlich Recht, aber ich finde, die Menschen
sollten selbst bestimmen dürfen, was sie tun wollen, auch wenn
sie sich umbringen.«
    »Man befürchtet eine Massenpanik. Früher oder
später kommt garantiert jemand auf die Idee, zum Schiff zu
schwimmen, und dann stürzen sich womöglich hunderte ins
Meer. Was meinst du, wie viele ans Ziel kämen?«
    »Lass sie doch«, sagte Vasko. »Selbst wenn sie
ertrinken oder die Schieberkolonie verseuchen? Glaubst du wirklich,
dass es darauf jetzt noch ankommt?«
    »Wir haben auf Ararat mehr als zwanzig Jahre lang für
stabile Verhältnisse gesorgt«, hielt Urton dagegen.
»Sollen wir zulassen, dass in einer einzigen Nacht alles
zusammenbricht? Die Leute haben widerrechtlich Boote an sich
gebracht, die der Kolonie gehören und unersetzlich sind. Das ist
nicht fair gegenüber den Bürgern, die nicht zum Schiff
flüchten wollen.«
    »Aber wir lassen Ihnen keine Alternative. Man hat ihnen
gesagt, dass Clavain tot ist, aber niemand erklärt ihnen, was es
mit diesen Lichtern am Himmel auf sich hat. Ist es da ein Wunder,
wenn sie Angst haben?«
    »Du glaubst, es würde die Situation entschärfen,
wenn sie auch noch von dem Krieg wüssten?«
    Vasko wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Das
Seetangbier hatte einen weißen Schnurrbart hinterlassen.
»Keine Ahnung, aber ich habe es satt, dass wir belogen werden,
nur weil die Regierung es für besser hält, wenn wir nicht
alle Fakten kennen. Als Clavain verschwand, war es genauso. Scorpio
und die anderen entschieden, wir könnten nicht verkraften, dass
der Alte selbstmordgefährdet sei, also banden sie uns den
Bären auf, er sei irgendwo am anderen Ende der Welt. Jetzt
glauben sie, die Leute könnten nicht verkraften, wie er
gestorben ist oder worum es überhaupt ging, also sagen sie gar
nichts.«
    »Du findest also, Scorpio sollte entschiedener
auftreten?«
    »Ich habe großen Respekt vor Scorpio«, sagte
Vasko. »Aber wo ist er jetzt, wenn wir ihn brauchen?«
    »Du bist nicht der Einzige, der sich das fragt«, sagte
Urton.
    Vasko bemerkte eine Bewegung auf dem Bildschirm. Clavains Gesicht
war verschwunden. Das Regierungsemblem war an seine Stelle getreten.
Urton trank weiter, drehte sich aber auf ihrem Stuhl um.
    »Jetzt tut sich etwas«, sagte sie.
    Das Emblem flimmerte und verschwand. Scorpio erschien. Im
Hintergrund waren die gewölbten rosaroten Wände im Innern
der Hohen Muschel zu sehen. Das Hyperschwein trug die gewohnte dick
gepolsterte Pseudouniform aus schwarzem Leder, der massige
Schädel saß nahezu halslos auf den mächtigen
Schultern.
    »Du hast davon gewusst, nicht wahr?«, fragte Vasko.
    »Draygo sagte, er hätte gehört, die Regierung habe
etwa für diese Zeit eine Erklärung angekündigt. Aber
ich weiß nicht, worum es geht, und ich wusste nicht, dass
Scorpio sich zeigen würde.«
    Jetzt hatte das Schwein zu sprechen begonnen. Bevor Vasko eine
Möglichkeit gefunden hatte, den Ton lauter zu stellen, schallte
die Stimme deutlich vernehmbar aus mehreren Lautsprechern durch das
Nischenlabyrinth.
    »Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit«, sagte er. »Sie
wissen alle, wer ich bin. Jetzt spreche ich als kommissarischer
Leiter dieser Kolonie zu Ihnen. Ich habe Ihnen eine traurige
Mitteilung zu machen. Nevil Clavain ist heute auf einer für die
strategische Sicherheit Ararats höchst wichtigen Mission ums
Leben gekommen. Ich war an dieser Mission ebenfalls beteiligt und
kann Ihnen versichern, dass ohne Clavains Tapferkeit und seinen
selbstlosen Opfermut die aktuelle Situation noch um vieles ernster
wäre, als es ohnehin der Fall ist. Wie die Dinge liegen, war die
Operation trotz Clavains Tod erfolgreich. Ich bin fest entschlossen,
Sie alle zu gegebener Zeit über die Ergebnisse zu informieren.
Doch vorher muss ich über die Unruhen in allen Bereichen von
Lager eins und über die Aktionen des Sicherheitsdienstes

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